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Seit Monaten waren die mutmasslich gefärbten Haare des
Bundeskanzlers ein gefundenes Fressen für die Medien.
Es gab sogar Strassenumfragen: "Hat er oder hat er nicht?" Gemeint
war das Färben seiner tiefbraunen Haare.
Gerhard Schröder hätte zwar zu diesen lächerlichen
Mutmassungen schweigen können. Doch was tat er? Er verwehrte sich gegen die Behauptung, seine Haare wären gefärbt. Denn wer nun künftig solches behauptet, wird juristischen Ärger bekommen. Das Hamburger Verfassungsgericht verhandelte nämlich am 12. April über eine Unterlassungsklage des Kanzlers gegen die Nachrichtenagentur ddp. Damit wird die Haarfarbe erst recht zum Dauerthema. | |
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Wir haben in verschiedenen Beiträgen darauf hingewiesen,
dass sich jeder so kleiden und sich so geben darf, wie er möchte.
Wir empfahlen lediglich: Es lohne sich, darauf zu achten, dass es dem
Betreffenden wohl ist in seiner Bekleidung und dass vor allem bei
Medienauftritten das Äussere zur persönlichen Rolle wie auch zur
jeweiligen Situation passsen sollte.
Wir haben zudem bei Borers Verhalten mitverfolgen können, dass das Dementieren meist kontraproduktiv ist. Dass bei Prominenten die Haartracht plötzlich zum Dauerthema werden kann, zeigt sich immer wieder. (Cori, Merkel) Derartige Diskussionen dürfen jedoch nie ernst genommen werden, denn das auf dem Kopf ist, ist viel weniger wichtig, als das, was im Kopf ist. | |
Bundeskanzler Schröder will es darauf ankommen lassen.
Die Diskussion um seine Haare soll mit gerichtlichen Mitteln vom
Tisch haben. Scheinbar macht es Schröder im Wahlkampf etwas aus,
ob seine Haare echt braun sind oder nicht. Vielleicht glaubt er, dass sonst
seine Glaubwürdigkeit oder seine Jugendlichkeit bewzweifelt werden
könnte. Wir glauben, dass sich mit dieser gerichtlichen Abklärung der Bundeskanzler unnötigerweise schadet. Die läppische Thematik wird aufgewertet. Jetzt wird die Haarfarbe erst recht thematisiert. Geschichten um Schröders Haare lassen sich nun noch besser vermarkten. Die Schmuddelpresse lässt grüssen. Wer über Wirtsschaftfragen und Politik wenig oder nichts versteht, kann dank Schröders Entscheid immerhin beim Thema "gefärbte Haare" wochenlang kompetent mitreden. |
Nachtrag vom 17. Mai: Haarspalterei und kein Ende?
Bundeskanzler Schröder bei der ersten Gerichtsinstanz
in der Auseinandersetzung um seine gefärbten Haare gewonnen.
Die Nachrichtenagentur ddp darf nicht mehr schreiben,
dass Bundeskanzler Schröder seine Haare gefärbt habe.
Mit der eidesstattlichen Erklärung seines Frisörs
konnte der Bundeskanzler belegen, dass die Aussage einer
Stilberaterin unzulässig war. Sie hatte geschrieben, dass
die grauen Schläfen dem Kanzler viel
besser stehen würden, wenn sie nicht gefärbt wären. Die Agentur ddp will die Angelegenheit an den Bundesgerichtshof weiterziehen. Damit würe die Haarspalterei erneut angeheizt und des Kanzlers Kompetenz würde nochmals auf das, was er auf dem Kopf - nicht im Kopf hat - reduziert. Wie zu erwarten war, wurde die Geschichte im Fernsehen in verschiedensten Informationssendungen dankbar aufgenommen. Zum Beispiel am 17. Mai in einer längeren 10 vor 10 Sendung des Schweizer Fernsehens. Es wurden Zeichnungen von Karikaturisten und Auszüge aus Satiresendungen eingeblendet und wie sich die Werbung (z.B. für Schampoos) und die FDP des Haarthemas annimmt. Die Geschichte ist auch ein gefundenes Fressen für die Konkurrenz. Westerwelle:
Und die Imageberaterin nutzte in ihrer Stellungsnahme einen rhetorischen Trick. Implizit ihre alte Behauptung wiederholend, erwähnte sie die Färbung mit den Worten:
Dank dieser Formulierung verstoss sie zwar nicht gegen das Verbot, sagte aber auch nicht, die wären echt. Stern brachte Schröder in einer Photomontage auf einen Männerkörper mit einem Feigenblatt. Auch diese Stichelei wäre ohne Haargeschichte kaum gekommen. Frau Schröder reagierte auf das Titelbild gelassen:
Eine rhetorisch weniger defensive Antwort wäre vielleicht gewesen:
Der Rechtsanwalt von Schröders begründete die gerichtliche Beurteilung:
Diese Begründung überzeugt uns nicht. Der juristischen Berater war sich nicht bewusst, dass er dem Bundeskanzler einen Bärendienst erwiesen hatte. Die Haarafarbe wurde durch das Beharren auf der Wahrheitsfrage zu einem Politikum. |
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