In den Medien kommt der FDP Spitzenmann gut an. Kritiker
fanden zwar, er sei im Verhalten oft zu weit gegangen,
beispielsweise mit dem Besuch des Containers (Big Brother)
oder seiner Bereitschaft, an allen Talk-Sendungen mitzumachen. Die
FDP erhielt dadurch das Image einer Spass- und Gagpartei.
Der Stil sei für die FDP wichtiger geworden als das
Fundament (die politische Aussage) war verschiedentlich zu
hören.
Seit der Unbekümmertheit Möllemanns begann bei der
FDP ein Aufschwung (Fallschirmabspünge).
Der Spruch scheint sich heute zu bewahrheiten:
Nichts ist erfolgreicher als der Erfolg.
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Die politischen Aussagen gewannen allmählich an
Kontur. Die Botschaften der FDP wurden konkreter. z.B.:
- Mut zur Verantwortung
- Förderung der Eigeninitiative
- Steuern senken durch Abschaffen von Vergünstigungen
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Dass Westerwelle am Parteitag zum 3. Kanzlerkandidat
ernannt wurde, war für viele alles andere als eine
Überraschung.
Sie Skeptiker hatten am Parteitag keine Chance, die
optimistische Stimmung zu dämpfen.
Genscher ebnete dem neuen Kandidaten den Weg zur Wahl.
Experten rechnen jedoch damit, dass die FDP nicht in der
ersten Liga spielen kann. Wahrscheinlich genüge es ihr,
wenigstens Nr 2 zu werden.
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Kommentar von Hans-M. Hofmann
zum Kanzlerkandidat Guido Westerwelle.
Es ist in diesem unserem Deutschland für einen Politiker nicht
unbedingt ein dauerhaftes Manko, unter Alkoholeinfluss einen Menschen
totgefahren zu haben, er kann trotzdem Verkehrsminister werden.
Es ist der Karriere von Politikern langfristig nicht schädlich,
wegen allzu grosser Nähe zu den Fleisch- und Honigtöpfen
der Industrie vom Amt eines Ministerpräsidenten
zurückgetreten zu sein, man kann dennoch der Kandidat für
das Wirtschaftsministerium eines Kanzlerkandidaten werden. Es ist
dem eigenen Fortkommen auch nicht besonderlich schädlich, die Wähler oder
das Parlament zu belügen, man kann trotzdem Kanzler bleiben.
Und als Politiker wegen (Steuer)-Betruges verurteilt zu sein, ist
kein Hindernis, als Ehrenvorsitzender seiner Partei weiter zu "dienen".
Es ist nicht unbedingt immer ein Nachteil für Politiker, bestimmte
Wahrheiten auszusprechen, doch kennen im allgemeinen die Volksvertreter
den dafür geeigneten Zeitpunkt. Und ein - dafür - völlig
ungeeigneter ist zweifellos die Zeit des Vorwahlkampfes, weil es den
konkurrierenden Parteien dringend benötigtes Wasser auf ihre
Propagandamühlen liefert.
So weit, so eigentlich selbstverständlich, jedenfalls für
erfahrene Parlamentarier. Umsomehr mag man sich darüber wundern,
dass der Spitze der Möchtegern-dritten-grossen Volkspartei der
gravierende Fehler unterlaufen ist, zu Gunsten der Palästinenser
zu sprechen und auf die Untaten Israels an ihnen hinzuweisen. Und gar
noch einen Überläufer von einer anderen Partei (der dort
angesehen und bis zu seinem Austritt nie als Antisemit betrachtet war)
in die eigenen Reihen aufnehmen zu wollen.
Es soll hier nicht über den Einfluss religiöser Gruppen oder
einzelner Staaten auf unsere Politiker und, vor allem, die Presse, oder die
Medien nachgedacht werden. Nein, es ist hier der Überlegung
nachzugehen, ob Westerwelle, der derartig schwere Fehler begeht, seiner
Partei und dem angestrebten Amt nicht mehr schadet, als er je nützen
könnte.
Westerwelle hat bewiesen, dass er über die notwendige Schläue
und entsprechenden Ellenbogen verfügt, als er seinen
Amtsvorgänger als Parteivorsitzenden entmachtete und ablöste.
Er hat auch bewiesen, dass er über komödiantische Talente
verfügt, in dem er mit bemalten Sohlen,
sonderbaren Fahrzeugen und in Wohncontainern auftrat. Allerdings scheint
es ihm trotz seiner gegenteiligen Behauptungen an Führungsvermögen
und am Gefühl für die Feinheiten höherer öffentlicher
Ämter zu fehlen.
Rein äusserlich macht Westermann den Eindruck eines vorlauten jungen
Mannes, dessen Reifeprozess noch nicht ganz abgeschlossen ist, es fehlt
ihm - noch? - an Statur.
Es ist sehr die Frage, ob auf Dauer die Wähler, trotz Unzufriedenheit
mit den beiden "anderen" grossen Volksparteien, bereit sein werden, ihre
Stimme einer Partei und deren Vorsitzenden zu geben, der sich als
Hanswurst geübt hat, wohl etwas zu sehr, und durch seinen Meinungsumschwung
und seine Zustimmung zur Kanzlerkandidatur unglaubhaft wirkt und wohl zu sehr
in die Rolle eines Witzboldes abgeglitten ist.
Westermann wirkt oft unsicher, scheint nicht in sich zu ruhen, wohl auch allzu fest
in seiner Partei, da ist schon Möllemann vor. Und über irgendwelchen
weiteren Boni scheint er nicht zu verfügen. Fragt sich, ob jugendliches
Äusseres und Unterhaltungstalente genug sind.
Und sollte er jetzt, was zu erwarten ist, zu Kreuze kriechen und die
Angelegenheit des Überläufers und den Einsatz von Herrn
Möllemann in dieser Angelegenheit zu Gunsten der ausserparteilichen
Mächte abschliessen, würde er wohl sehr an Gewicht und Ansehen
verlieren. Und, wichtiger noch, an Wählern. Anderseits ist er wohl
auf alle Fälle gezwungen, einen Totalrückzieher zu machen:
Eine aussichtslose Situation.
Was vorauszusehen war. Was er, wäre er tatsächlich ein
brauchbarer, ernstzunehmender Kandidat und weitblickender Parteivorsitzender,
hätte voraussehen und rechtzeitig unterbinden müssen. Hat er aber
nicht, zur Freude des Kanzlers und Anderer.
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Zur Person: Guido Westerwelle wurde am 27.
Dezember 1961 in Bad Honnef
geboren. Nach Abitur und Studium
arbeitete er in Bonn als
Rechtsanwalt. Seit 1996 gehört er
dem Deutschen Bundestag an.
Seit Mai 2001 ist er
Bundesvorsitzender der FDP.
Guido Westerwelle ist ledig und
lebt in Bonn und Berlin.
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