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www.rhetorik.ch aktuell: (12. Mai 2002)


Der dritte Kandidat

Schröder und Stoiber


Guido Westerwelle Seit dem Antritt von Guido Westerwelle als FDP Chef vor einem Jahr feiern die Liberalen Erfolg um Erfolg die nun in einer Kanzlerkandiatur von Westerwelle geführt hat.
Vergeblich versuchten die Medien, das gelbe Guidomobil mit Plattfuss abzubilden und die optimistischen FDP Plakate mit der magischen Zahl 18 mit aufgemaltem Komma hinter dem Eins zu 1.8 Plakaten abzuwerten. Nach dem Wahlerfolg (13%) in Sachsen-Anhalt ist die FDP im Hoch.
Die Skeptiker mussten zur Kenntnis nehmen dass Guido Westerwelle von einer erstaunlichen Erfolgswelle getragen wird.
In den Medien kommt der FDP Spitzenmann gut an. Kritiker fanden zwar, er sei im Verhalten oft zu weit gegangen, beispielsweise mit dem Besuch des Containers (Big Brother) oder seiner Bereitschaft, an allen Talk-Sendungen mitzumachen. Die FDP erhielt dadurch das Image einer Spass- und Gagpartei. Der Stil sei für die FDP wichtiger geworden als das Fundament (die politische Aussage) war verschiedentlich zu hören.

Seit der Unbekümmertheit Möllemanns begann bei der FDP ein Aufschwung (Fallschirmabspünge). Der Spruch scheint sich heute zu bewahrheiten:
Nichts ist erfolgreicher als der Erfolg.

Die politischen Aussagen gewannen allmählich an Kontur. Die Botschaften der FDP wurden konkreter. z.B.:
  • Mut zur Verantwortung
  • Förderung der Eigeninitiative
  • Steuern senken durch Abschaffen von Vergünstigungen
Dass Westerwelle am Parteitag zum 3. Kanzlerkandidat ernannt wurde, war für viele alles andere als eine Überraschung.
Sie Skeptiker hatten am Parteitag keine Chance, die optimistische Stimmung zu dämpfen.
Genscher ebnete dem neuen Kandidaten den Weg zur Wahl. Experten rechnen jedoch damit, dass die FDP nicht in der ersten Liga spielen kann. Wahrscheinlich genüge es ihr, wenigstens Nr 2 zu werden.


Kommentar von Hans-M. Hofmann zum Kanzlerkandidat Guido Westerwelle.
Karikatur Westerwelle Es ist in diesem unserem Deutschland für einen Politiker nicht unbedingt ein dauerhaftes Manko, unter Alkoholeinfluss einen Menschen totgefahren zu haben, er kann trotzdem Verkehrsminister werden. Es ist der Karriere von Politikern langfristig nicht schädlich, wegen allzu grosser Nähe zu den Fleisch- und Honigtöpfen der Industrie vom Amt eines Ministerpräsidenten zurückgetreten zu sein, man kann dennoch der Kandidat für das Wirtschaftsministerium eines Kanzlerkandidaten werden. Es ist dem eigenen Fortkommen auch nicht besonderlich schädlich, die Wähler oder das Parlament zu belügen, man kann trotzdem Kanzler bleiben. Und als Politiker wegen (Steuer)-Betruges verurteilt zu sein, ist kein Hindernis, als Ehrenvorsitzender seiner Partei weiter zu "dienen".
Es ist nicht unbedingt immer ein Nachteil für Politiker, bestimmte Wahrheiten auszusprechen, doch kennen im allgemeinen die Volksvertreter den dafür geeigneten Zeitpunkt. Und ein - dafür - völlig ungeeigneter ist zweifellos die Zeit des Vorwahlkampfes, weil es den konkurrierenden Parteien dringend benötigtes Wasser auf ihre Propagandamühlen liefert.
So weit, so eigentlich selbstverständlich, jedenfalls für erfahrene Parlamentarier. Umsomehr mag man sich darüber wundern, dass der Spitze der Möchtegern-dritten-grossen Volkspartei der gravierende Fehler unterlaufen ist, zu Gunsten der Palästinenser zu sprechen und auf die Untaten Israels an ihnen hinzuweisen. Und gar noch einen Überläufer von einer anderen Partei (der dort angesehen und bis zu seinem Austritt nie als Antisemit betrachtet war) in die eigenen Reihen aufnehmen zu wollen.
Es soll hier nicht über den Einfluss religiöser Gruppen oder einzelner Staaten auf unsere Politiker und, vor allem, die Presse, oder die Medien nachgedacht werden. Nein, es ist hier der Überlegung nachzugehen, ob Westerwelle, der derartig schwere Fehler begeht, seiner Partei und dem angestrebten Amt nicht mehr schadet, als er je nützen könnte.
Westerwelle hat bewiesen, dass er über die notwendige Schläue und entsprechenden Ellenbogen verfügt, als er seinen Amtsvorgänger als Parteivorsitzenden entmachtete und ablöste. Er hat auch bewiesen, dass er über komödiantische Talente verfügt, in dem er mit bemalten Sohlen, sonderbaren Fahrzeugen und in Wohncontainern auftrat. Allerdings scheint es ihm trotz seiner gegenteiligen Behauptungen an Führungsvermögen und am Gefühl für die Feinheiten höherer öffentlicher Ämter zu fehlen.
Rein äusserlich macht Westermann den Eindruck eines vorlauten jungen Mannes, dessen Reifeprozess noch nicht ganz abgeschlossen ist, es fehlt ihm - noch? - an Statur.
Es ist sehr die Frage, ob auf Dauer die Wähler, trotz Unzufriedenheit mit den beiden "anderen" grossen Volksparteien, bereit sein werden, ihre Stimme einer Partei und deren Vorsitzenden zu geben, der sich als Hanswurst geübt hat, wohl etwas zu sehr, und durch seinen Meinungsumschwung und seine Zustimmung zur Kanzlerkandidatur unglaubhaft wirkt und wohl zu sehr in die Rolle eines Witzboldes abgeglitten ist.
Westermann wirkt oft unsicher, scheint nicht in sich zu ruhen, wohl auch allzu fest in seiner Partei, da ist schon Möllemann vor. Und über irgendwelchen weiteren Boni scheint er nicht zu verfügen. Fragt sich, ob jugendliches Äusseres und Unterhaltungstalente genug sind.
Und sollte er jetzt, was zu erwarten ist, zu Kreuze kriechen und die Angelegenheit des Überläufers und den Einsatz von Herrn Möllemann in dieser Angelegenheit zu Gunsten der ausserparteilichen Mächte abschliessen, würde er wohl sehr an Gewicht und Ansehen verlieren. Und, wichtiger noch, an Wählern. Anderseits ist er wohl auf alle Fälle gezwungen, einen Totalrückzieher zu machen: Eine aussichtslose Situation.
Was vorauszusehen war. Was er, wäre er tatsächlich ein brauchbarer, ernstzunehmender Kandidat und weitblickender Parteivorsitzender, hätte voraussehen und rechtzeitig unterbinden müssen. Hat er aber nicht, zur Freude des Kanzlers und Anderer.
Zur Person: Guido Westerwelle wurde am 27. Dezember 1961 in Bad Honnef geboren. Nach Abitur und Studium arbeitete er in Bonn als Rechtsanwalt. Seit 1996 gehört er dem Deutschen Bundestag an. Seit Mai 2001 ist er Bundesvorsitzender der FDP. Guido Westerwelle ist ledig und lebt in Bonn und Berlin.


Nachtrag vom 5. Juni, 2002
Guido Westerwelle zu seinen TV- Charisma und dem guten Aussehen:

"Charisma im Sinne von Authentizität ist wichtig. Die Menschen spüren, ob jemand wirklich ein fröhlicher Mensch ist oder nur so tut, weil ein Medienberater ihm das empfohlen hat. Aussehen spielt in der Politik keine Rolle."


Diese Erkenntnis Westerwelles trifft den Nagel auf den Kopf. Zum äusseren Erscheinungsbild und persönlichen Eitelkeit sagte er:

"Eitel bin ich nur im gesunden Mass. Ich achte darauf, dass ich vernünftig gekleidet bin. Was mehr eine Frage des Respekts der Aufgabe gegenüber ist. Ich käme nicht auf die Idee, in Jeans und Badelatschen in den Bundestag zu gehen."
Siehe dazu die Aktuellbeiträge vom Zum eigenen Abbild in den Medien meinte Westerwelle:

"Bei den meisten Photos, die ich von mir sehe, erschrecke ich."


Auch dieser Aussage können viele bestätigen: Beim Videotraining kann dieser Schock reduziert werden, indem man mit Video gespiegelt wird. Die konstante Auseinandersetzung mit dem Selbst- und Fremdbild führt nach einer Konfrontationsphase nach und nach zur Akzeptationsphase.

In der Persönlichkeitsschulung ist es wichtig, sich selbst zu kennen und Stärken wie auch Mängel allmählich zu akzeptieren.


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