Fragen müssen öffnen. Sie sollten dem Gegenüber die
Möglichkeit geben zu reden. Auf die Frage:
"Haben Sie sich darüber geärgert?"
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erhalten wir ein trockenes
"Ja", und das läßt sich nicht
zitieren. - Besser:
"Wie haben Sie diesen Vorwurf empfunden?" oder:
"Weshalb haben Sie sich darüber geärgert?"
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Wer, Wo, Was, Wann, Wie, Warum, Woher?
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Die wichtigsten Fragen hierbei sind die W-Fragen:
Wer, Wo, Was, Wann, Wie, Warum, Woher?
Wichtig ist eine offene Fragehaltung. Es gibt "geschlossene
Fragen", die dennoch zum Sprechen animieren. Voraussetzung ist ein
vertrauenerweckendes Gesprächsklima.
Unproblematische Fragen zuerst
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Grundsätzlich brauchen wir eine Einleitungsfrage, die es
dem Gegenüber ermöglicht, sich auf die Interviewsituation
einzustellen und den persönlichen Redefluß zu finden. Erst
dann können wir auf die wichtigen Themen eingehen.
Auch im Interview gilt es, die unproblematischen Fragen
zuerst zu stellen. Die wirklich emotionalen Fragen oder jene, die eine kritische
Situation verursachen könnten, kommen erst am Schluß. Das
hat folgende Vorteile:
Bei emotionalen Interviews kann sich der Partner an die Situation und
uns gewöhnen. Er fasst Vertrauen und fühlt sich wohler. Bei
kritischen Interviews hilft der Colombo-Effekt. Der Kriminalkommissar
vermittelt ein Gefühl der Sicherheit: Er verabschiedet sich und
geht zur Türe. Der Befragte rechnet nicht mehr damit, daß
ihm Colombo gefährlich werden könnte. - Dann kehrt er sich
unter der Türe um, und stellt unverhofft die wichtigste Frage. Diese
Technik können auch wir anwenden, wenn es erforderlich wäre.
Um, beispielsweise, einen abgebrühten Typ "kalt zu erwischen".
Das Interview als psychologisches Spiel?
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Jedes Interview strotzt von psychologischen Phänomenen. Wir
sprechen mit Menschen, von denen wir bestimmte Aussagen hören
möchten. Der Gesprächspartner ist in der Regel bereit, mit
uns zu reden - aber ob er offen Sachverhalte preisgeben wird, steht
auf einem anderen Blatt. In jedem Fall müssen wir versuchen,
auf die unterschiedlichen Persönlichkeiten einzugehen.
Der Interviewpartner kann nicht reden
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- Es gibt Interviewpartner,
die mit ungebräuchlichen Fremdwörtern um sich schmeissen.
- Es gibt Menschen, die vor Nervosität stottern.
- Andere reden wie ein Wasserfall ohne Punkt und Komma
Leider gibt es nur wenige, die fernsehtauglich reden:
Einfach, verständlich und konkret. Was soll man tun wenn der
Eindruck entsteht, dass "was der da schwafelt, unbrauchbar ist"?
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Um das Gegenüber wissen zu lassen, was wir wollen, lohnt
es sich, zu sagen, was stört.
"Könnten Sie sich kürzer fassen?" "Könnten Sie versuchen,
weniger Fremdwörter zu verwenden?".
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Die Korrektur kann die Gesprächspartner aber auch verunsichern. Ohne
Fingerspitzengefühl geht es nicht. Von einer Mutter, die über
den Tod ihrer Tochter spricht, können wir nicht verlangen, die
schlimmste Erfahrung ihres Lebens noch einmal knapp und präzise zu
formulieren. Manchmal funktioniert ein Mittelweg:
"Das haben Sie jetzt sehr schön erzählt. Es wäre gut,
wenn Sie es noch einmal kurz zusammenfassen könnten".
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Es gibt auch eine andere Möglichkeit, die sich bewährt hat,
das antizyklische Verhalten.
Das kann auch ohne das Bemerken des Gegenübers passieren. Zu
allen Gesprächsfehlern gibt es ein gegenteiliges Verhalten. Ist
der Gesprächspartner zu kurz angebunden, stellen wir bewusst
ausschweifendere Fragen. Redet er zu viel, fragen wir knapp und kurz.
Spricht jemand endlos, könnte wir fragen:
"Und was war der Hauptgrund"?
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Wenn jemand zu kurz antwortet: "Ich war halt sauer", holen wir
bewusst aus:
"Aber es ist doch einiges passiert, das Sie geärgert
hat. Sie haben mir ja schon am Telefon von den Mißständen
erzählt. Schildern Sie das doch mal."
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Bei einem Spezialisten, der nur in Fachbegriffen spricht, verwenden
wir eine bewußt einfache Sprache, damit er spürt, daß
mit seinen Fremdwörtern nichts anzufangen ist.
Jedes Interview ist eine psychologische Herausforderung.
Was tun, wenn mein Gegenüber schweigt - ausweicht - oder
wenn wir das Gefühl haben, die Wahrheit werde verdreht?
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Derartige Situationen häufen sich, wenn der Gesprächspartner
mit echten Missständen konfrontiert wird. So bei einem Pressesprecher,
von dem eine Stellungnahme verlangt wird. In so einem Fall hilft
es, Stärke zu demonstrieren und sich Zeit zu lassen.
Pressesprecher vertreten ihre Firma, sind ausgebildet und geschult,
alles zu tun, um wenn nötig Journalistenfragen im Interesse ihrer
Firma auszuweichen. In einem solchen Gespräch dürfen wir nie
daran zweifeln, daß wir das Gespräch führen. Bleiben
wir uns bewußt, daß beide - Interviewer und Interviewter
- nervös sind. Journalisten haben das Recht, nachzufragen.
Sortieren wir in aller Ruhe unsere Notizen und unsere Gedanken. Das
beruhigt uns - und verunsichert den "Schauspieler". Fragen müssen ruhig
und sicher gestellt werden. Hören wir uns die Antwort genau an. Wird
ausgewichen, muss die Frage wiederholt werden.
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