Ellinor von Kauffungen
Wir haben während längerer Zeit mehrere der Sendungen
"Musik für einen Gast" im Radio DRS genauer verfolgt.
Die Gesprächsleiterin Ellinor von Kauffungen überzeugte uns in
verschiedenster Hinsicht. Im Gegensatz zu anderen Moderatoren und
Moderatorinnen brachte es die Journalistin stets fertig, ohne billige
oder unfaire Tricks den Gesprächspartnern persönliche
Aussagen zu entlocken. Sie versteht es, die wichtigsten Erkenntnisse
der Medienrhetorik bei Dialogen umzusetzen.
Die seit 1996 selbstständig arbeitende Ellinor v.
Kauffungen hat über 20 Jahre Erfahrung als
Journalistin, Diskussions- und Gesprächsleiterin
bei Radio und Fernsehen. Sie war über 10 Jahre Redaktorin
und Moderatorin bei Schweizer Radio DRS im Bereich Innenpolitik
und Wirtschaft. Sie baute das Konsummagazins
"Index" sowie der Nachrichten-Journale auf, war
Gastgeberin der Talkshow "Persönlich" auf DRS1.
Bei Schweizer Fernsehen DRS war sie zudem für zwei Jahre in der
Redaktion "Rundschau", anschliessend acht Jahre in der "Tagesschau":
Sie moderierte Hauptabendnachrichten sowie Sondersendungen
wie Wahlen oder Abstimmungen. Ferner war sie stellvertretende
Tagesschau-Chefin und Leiterin des Ressorts Innenpolitik/Wirtschaft/Kultur.
(Quelle Elkman Communikations).
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Erfolgsrezept
Das Erfolgsrezept basierte auf:
- gutem Zuhören und "Nicht ins Wort fallen",
- das Geben von vorbildlichen Denkanstössen,
- das Finden geschickten Animationen (d.h. Themen, die
dem Gesprächspartner nahe liegen),
- dem Gebrauch von provokativen Einschüben ohne zu verletzen,
- dem Einschub von motivierenden Gedanken ,
- dem Gebrauch von kurzen, klaren Aussagen (keine Monologe) verbunden mit
nur einer eindeutigen Frage,
- sowie dem konsequentes Bleiben bei einer Frage (keine Ersatzfragen).
Frageketten sind nicht nur deshalb falsch, weil der Gesprächspartner
jene Frage herauspicken kann, die ihm passt. Die Fragekette hat noch
einen weiteren gravierenden Nachteil: Wird uns nämlich eine Frage
gestellt, müssen wir zuerst
- die Frage einordnen
- darüber nachdenken
- und die Antwort vorformulieren.
Dies dauert ein paar Sekunden.
Wird nun einer Frage sofort eine zweite Frage nachgereicht, so beginnt das
Überlegungs-Spiel von vorn. Weil durch die Neuorientierung des Befragten die
Antwort zwangsläufig ausbleibt, hängt der ungeschulte
Journalist meist noch eine weitere Frage an. Der Dialog wird damit
völlig zerstört.
Die kompetente Art des Dialogisierens, so wie wir es bei Ellinor von
Kauffungen erlebt haben, ist alles andere als selbstverständlich.
Uns überzeugte die Gesprächsführung von Ellinor Kauffungen.
Weshalb? Sie versteht es, die wichtigsten Erkenntnisse der Medienrhetorik
bei Dialogen umzusetzen. Was wir bei der Journalistin besonders
schätzen sind die folgende konkreten Punkte:
- Die Journalistin stellt sich nie in der Vordergrund.
Sie beweist ihre Professionalität damit, dass sie sich jeweils in die
Thematik des Gesprächspartners hineinversetzt und immer das
herausfindet was das Gegenüber interessiert.
- Sie ist immer gut vorbereitet.
- Sie hat es nicht nötig, bei den Fragen zuerst mit ellenlangen,
eigenen Beiträgen zu beweisen, dass sie von der Thematik
auch etwas versteht.
- Es gelingt der Journalistin, ohne unfaire Mittel, ohne billige
Unterbrechungstaktiken oder plumpe Provokationen, ein lebendiges,
gutes Gespräch zu führen. Ihre provokativen Elemente sind
nie beleidigend.
- Auch die Stimme der Moderatorin ist angenehm, freundlich und
natürlich. Damit vermittelt sie auch eine gute Stimmung.
- Bei den Gesprächen dominieren die
Aussagen der Gäste. Der Gast steht im Zentrum.
Letzlich möchten wir von ihm Dinge hören, die wir sonst
nicht erfahren. Die Stärke der Moderatorin liegt darin,
dem Gegenüber diese Aussagen zu entlocken.
- Die Leistung der Journalistin zeigt sich in der Kunst, das
Gespräch so zu steuern, dass das Gegenüber sich nicht
genötigt fühlt und gerne Persönliches von sich preis
gibt. Moderieren
kommt von moderat).
Zur Fragetechnik
Wir müssen zur Fragetechnik noch etwas Wichtiges zufügen:
Bei Hospitationen
fällt uns immer wieder auf, dass auch
Dozenten den nämlichen Fehler machen, wie viele Journalisten.
Nach einer Frage wird sofort eine zweite Frage angefügt, weil sich
angeblich niemand meldet. Oder es werden sogar mehrere Fragen gekettet.
d.h. 2-3 Fragen werden aneinandergereiht.
Nach der Frage braucht jeder Mensch eine gewisse Denkzeit, bis er die
Antwort vorformuliert hat. Wer deshalb nach einer Frage nicht warten
kann und ungeduldig wird, schiebt meist eine zweite neue Frage nach.
Selbstverständlich beginnt der Denkprozess von neuem und niemand
antwortet. Deshalb gelingt vielen Dozenten im Hörsaal selten ein
Dialog mit den Studierenden.
Würde jedoch nach einer Frage bewusst gewartet und später
die nämliche Frage mit anderen Worten wiederholt
und wieder ruhig gewartet. Wir garantieren: Irgend jemand meldet sich
bestimmt zu Wort.
Journalisten lernen zwar in Ihrer Ausbildung die Fragtechniken.
Doch in der Praxis erleben wir recht schlimme Beispiele. Nicht nur
in Lokalradios werden laufend Frageketten gebildet.
Es lohnt sich gezielt die Moderatorinnen zu beobachten, wie sie Fragen
stellen.
Selbst
Sabine Christiansen
gelingt es selten, sich an eine Frage zu halten.
Auch Profis sündigen beim Fragen und stellen mehrer
Fragen hintereinander.
Der Nachteil des Kettens besteht nicht nur darin, dass der Befragte bei
Diskussionen jene Frage auswählen kann, die ihm beliebt. Die
Ketten irritieren auch. Welche Frage soll beantwortet werden?
Dann besteht auch für den Zuhörer der Nachteil, dass weniger gut
gemerkt wird, wenn jemand der Frage ausweicht und etwas ganz anderes sagt,
als gefragt worden ist.
Während wir in unseren Beiträgen meist zwangsläufig
medienrhetorisch schwache Leistungen als Lehrbeispiele betrachten
müssen und auch bei Moderationen
wir leider auch schlechte Beispiele sehen, ist es auch sinnvoll von
vorbildlichen Beispielen zu lernen. Auch dabei kann Wichtiges
bewusst gemacht werden. In diesem Beitrag war es die Kunst
Nach Fragen - "Warten können".
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Link:
Vergleichen Sie zu diesem Thema auch den
Aktuellbeitrag vom 10. Mai 2002.
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