Kommunikationsverantwortliche sind nach heiklen Ereignissen oft stark
gefordert. Soll offen informiert oder geschwiegen werden?
Aus Erfahrung riet ich Betroffenen, die Information in der Hand zu behalten,
d.h. situationsgerecht und offen zu informieren.
Im Beispiel vom schweren Skiunfall von Michael Schumacher, hätte man
offen informieren müssen, aber nur mit konkreten Fakten. Dies, weil
im im Umgang mit Medien sich das Abschotten rächt. Wenn wichtige
Sachverhalte verheimlicht werden, finden Journalisten meist Wege (manchmal auch
illegale), um Informationen zu erhalten.
Schumacher
Es ist auch heute noch erstaunlich, wie die Familie Schumacher es fertig brachte,
die Informationssperre so lange aufrecht zu erhalten. Es zeigte sich
überraschenderweise, dass absolutes Schweigen
erfolgreich durchgesetzt werden konnte. Das Abschotten kostete sicher
viel Geld. Die Liegenschaft Schumachers wurde bis heute hermetisch
abgeschirmt. Es gibt keine Bilder, die Schumis aktuellen Zustand zeigten.
Die Familie hielt dicht.
Sabine Kehm, die Managerin von Michael
Schumacher meinte: ``Die Entscheidung, die Privatsphäre vor der
Öffentlichkeit zu schützen, ist im Interesse von Michael
getroffen worden. Es ist das Recht der Familie, damit so umzugehen, wie
es für sie am besten ist. Die Gesundheit Schumachers ist kein
öffentliches Thema".
Wir wissen heute, dass es trotz des konsequenten Schweigens dennoch
immer wieder Versuche gab, Informationen zu beschaffen, auch illegale.
Das Verheimlichen wird in der modernen Zeit immer schwieriger.
So wollte sich ein als Priester verkleideter Journalist Zutritt
zu Schumacher auf der Intensivstation verschaffen, eine andere Person
gab sich als Michaels Vater aus. Es gab jedenfalls "viele abstruse
Fälle" , ergänzt Kehm, die ins Haus eindringen wollten.
Heute, 10 Jahre nach dem Unfall - wird in den Medien die Geschichte des
verunfallten Autorennfahrers wieder aufgewärmt.
Blick: Schumi: Zehn Jahre im eigenen Körper gefangen.
Jde kleinste Aeusserung von Freunden und Angehörigen wird
interpretieren. Das Abschotten wurde
aber von der Oeffentlichkeit mehr oder weniger akzeptiert. Nach
dem Motto: "Lasst endlich die Familie in Ruhe."
Albrecht
Im Jahre, 2009, als der bekannte Schweizer Skirennfahrer Dani Albrecht in
Oesterreich schwer gestürzt war und im Universitätsspital
ins künstliche Komma versetzt werden musste, entschied sich die
Spitalleitung , die Medien täglich über den Krankheitszustand
kurz zu informieren. Die Kommunikation wurde von einem Kernteam rund
um die Uhr geführt. Bei den Verlautbarungen wurden stets nur
Fakten beschrieben. . z.B. "Heute mussten wir bei Dani Albrecht eine
Lungenentzündung behandeln. Wir verabreichten ihm Antibiotika."
Auf Mutmassungen und Hypothesen ging man nie ein. Das Aerzteteam war im Umgang mit Medien geschult.
Das informierende Team wusste: Wer Informationen verweigert oder
schweigt, muss damit rechnen dass die Journalisten diese von anderen,
evt. unzuverlässigen Quellen beziehen und so Gerüchte
geschürt werden können. Die offene Kommunikation hat sich im
Spital Innsbruck gelohnt. Die Medien schätzten die Informationen
aus erster Hand und das Spital musste nie Falschinformationen
korrigieren. Als Dani Albrecht später ins Inselspital verlegt
wurde, gab sich dieses Spital bedeckt und zog es vor zu schweigen. Die
Mitarbeitenden hatten früher bei der Einlieferung eines Magistraten
mit den Paparazzis schlechte Erfahrungen gemacht. Und gebrannte Kinder
scheuen bekanntlich das Feuer. Weil geschwiegen wurde, holten sich
die Medien ihre Informationen aus anderen Quellen (Familienmitgliedern)
und es kam immer wieder zu Mutmassungen.
Erkenntnis: - Es gibt eine Kommunikationregel in Krisensituationen,
die besagt, dass man nicht alles sagen muss, was wahr ist. Dass aber
alles, was man in den Medien sagt, wahr sein müsse. - Viele heikle
Situationen können wir simulieren und üben. - Zur Frage:
Schweigen oder offen kommunizieren? gibt es keine allgemeingültige
Antwort. Entscheidend ist immer die jeweilige Situation.