Der folgende kleine Satz von Christoph Blocher im
Zusammenhang mir der Rettung der nationalen Airline,
wirbelte aussergewöhnlich viel Staub auf:
"Ich wäre froh, wenn sie scheitert."
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Dieser Satz, der als Titel im "Facts"
erschien, ärgerte, wurde als arrogant, sogar als Skandal
bezeichnet. Blocher fand bei den meisten Politikern
kaum Verständnis für diese Bemerkung.
Die Aussage sei verantwortungslos und verhöhne alle
Mitarbeiter, die ihren Job verlieren, hiess es.
Wir haben bereits im Aktuellbeitrag vom
4. Dezember 2000 auf Blochers
Kommunikationsverständnis hingewiesen.
Damals fand der populäre Politiker, die Sache sei
wichtiger als der Mensch. Falls nun Blochers Aussage
aus dem Interview zutrifft, so würde sie zu seinem
sachorientierten Denken gut passen. Recherchen scheinen
jedoch gezeigt zu haben, dass Blocher das Scheitern
nicht auf die Swissair, sondern auf unsere Bundespolitik
(die grosszügige finanzielle Unterstützung) bezogen haben
soll. Christoph Blocher betont jedenfalls in einem
neuen Interview in der Sonntagszeitung vom 28. Oktober 01:
"Die Leute haben nur den Titel im
"Facts- Interview" gelesen und nicht den Text. Ich habe dort gesagt,
dass die jetzige Lösung mit den Staatsmilliarden
scheitern werde. Selbstverständlich will ich nicht,
dass die Crossair scheitert......"
Aus unserer Sicht können wir aus dem beschriebenen Wirbel
- aber auch nach der "Richtigstellung" - im Bereich
Medienrhetorik etwas lernen:
Wenn bei brisanten Aussagen wichtige Zusatzinformationen
fehlen; wenn Präzisierungen weggelassen werden, dann kommt
es rasch zu Missverständnissen.
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Falls mit der Aussage tatsächlich nicht die Freude am
Scheitern der neuen Fluggesellschaft gemeint war, so gilt
auch in diesem Fall das Kommunikationsprizip:
"Das was beim Empfänger ankommt, ist letzlich entscheidend!"
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Christoph Blocher hätte im Interview zu seinem Gedanken
unbedingt mehr sagen müssen.
Siehe "Das Wichtige erkennen".
Es ist erstaunlich, welch grossen Wirbel auch ein nur
beiläufig geäussertes Wort auslösen kann.
Ein anderes Beispiel: 1996 sprach der damalige Bundespräsident
Delamuraz in einem Interview über die Geldforderungen der Naziopfer von
"Lösegelderpressung". In der Medienlandschaft führte diese
Bemerkung bis hin zur internationalen politischen Ebene
zu heftigen Diskussionen.
Wir alle erleben auch in der Alltagskommunikation: Oft
fehlt das Vordenken (Antizipieren),
das Ausdenken der Auswirkungen der Worte bei den Adressaten. Jeder
ausgesprochene Gedanke sollte inhaltlich ernst genommen werden.
Dieser Aufwand bei allen Denkprozessen lohnt sich bestimmt.
Begriffe und Wörter sind bekanntlich das Resultat unserer
Denkstrukturen. Worte wiederspiegeln eine Gesinnung und prägen
zudem fremde Einstellungen. Worte wirken.
Viele verwenden unbedacht bei Formulierungen ein
"Kriegsvokabular" oder sind sich nicht bewusst, dass in einer unappetittliche "Fäkalsprache" reden. Wird darauf
aufmerksam gemacht, heisst es vielfach:
"Dies ist ja gar nicht so gemeint!"
"Heute redet man eben so." usw
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Es lohnt sich bestimmt, ausgesprochene Begriffe ernster zu
nehmen. Eine hilfreiche Übung zur Verbesserung des
"Sprechdenkens" ist das
"Wortwörtlichnehmen".
Wer die Formulierungen im Alltag sorgfältiger vordenkt und
ab und zu "Wortklauberei" betreibt, wird erfahren, wie tief
die Wurzeln der geäusserten Wortinhalte greifen.
Ein kurzes individuelle Coaching K+K könnte Ihr "Sprechdenken"
optimieren.
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PS: Es ist nicht das erste Mal, dass Christoph Blocher einen Satz
nachträglich mit grossem Aufwand klären musste.
Im Zusammenhang mit den Holocaustgeldern sagte
Blocher damals zu einem fragwürdigen Autor:
Nachher wurde Blocher beschuldigt, den Juden im zweiten Weltkrieg die Schuld
zuzuschieben. Nur mit einem enormen Aufwand, (durch Klärung auf dem "Rundschaustuhl" und bei
einer Talksendung mit Roger Schawinski im Tele 24), gelang es Blocher damals,
richtigzustellen, dass er mit diesem Satz nicht die Juden im zweiten
Weltkrieg gemeint habe, sondern das erpresserische Verhalten im Zusammenhang
mit den Holocaustgeldern.
Erkenntnis: Bei Korrekturen von missverständlichen Aussagen ist es wie
beim Ausdrücken von Zahnpasta: Ist der Inhalt der Zahnpastatube einmal ausgedrückt,
so ist es nicht einfach, diesen wieder in die Tube zurückzubringen.
Es lohnt sich immer bereits vor dem Drücken zu überlegen, was man
ausdrücken will.
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"Ich wäre froh, wenn sie scheitert"
Blocher warnt: Die Steuerzahler werden das
Crossair-Engagement nicht goutieren.
Interview: Bettina Mutter im Facts, October, 2001
FACTS: Herr Blocher, Sie sind im Ausland. Mit welcher
Fluggesellschaft sind Sie denn geflogen?
Christoph Blocher: Ich bin in Europa. Und ich bin mit Crossair
geflogen. Swissair, das ist mir zu riskant. Man kann ja diverse
andere Fluggesellschaften buchen, oder?
FACTS: Mit welchen Worten werden Sie Ihren Auftritt an der
Swissair-Sondersession vom 16. November eröffnen?
Blocher: Eröffnungsvoten plane ich nie zum Voraus. Ich werde
klarmachen, wie falsch diese Lösung ist und wie gross die Schäden
für die Gesamtwirtschaft sind.
FACTS: Hoffen Sie, dass sich die vom Bundesrat präsentierte
Lösung als Rohrkrepierer erweist und scheitert?
Blocher: Und wie ich das hoffe. Ich wäre froh, wenn sie scheitert.
Die Unternehmer unter Führung des Herrn Rainer Gut, wie ich hier
im Ausland höre, diese Wirtschaftsbosse sollen die Fluggesellschaft
nicht nur mit 1,9 Milliarden, sondern ganz aus eigener Kraft führen.
FACTS: Wem schadet denn diese Lösung?
Blocher: Es trifft die Volkswirtschaft, unsere Arbeitsplätze und
unsere Steuerzahler. Reicht es denn nicht aus, dass Bund und
Kantone seit 1998 schon an der alten Swissair 1,5 Milliarden
verloren haben? Und jetzt noch einmal 2,5 Milliarden.
FACTS: Was befürchten Sie?
Blocher: Mit dem Präjudiz, das Bund und Kantone jetzt geschaffen
haben, hat sich die Schweiz etwas eingebrockt. Stellen Sie sich vor,
wie viele andere so genannt bedürftige Unternehmen die hohle Hand
machen werden beim Bund und Anspruch erheben auf öffentliche
Gelder. Wir haben genug marode Firmen in der Schweiz.
FACTS: Welche macht den Anfang?
Blocher: Die Tourismusbranche, konkret die maroden
Seilbahngesellschaften. Dann diverse Häuser aus der Bauwirtschaft,
wenn die Rezession tatsächlich ins Rollen kommt. Und es soll
niemand glauben, dass grosse Versicherer und schliesslich auch
die Banken vor diesem Schritt zaudern würden. Auch sie werden im
Notfall nach Bern pilgern und Steuergelder verlangen, um ihr
Weiterleben zu sichern.
FACTS: National können Sie zwar kein Referendum gegen den
Bundesentscheid lancieren, im Kanton Zürich hingegen schon.
Blocher: Es ärgert uns schon lange, dass ein nationales
Referendum in Finanzangelegenheiten gesetzlich nicht möglich ist.
Wir waren einfach zu beschäftigt, um diesen Programmpunkt
voranzutreiben.
FACTS: Wird also die Zürcher SVP das Referendum gegen den
Kantonsbeitrag von 300 Millionen ergreifen?
Blocher: Wir warten im Moment ab, was die Zürcher Regierung
dem Kanton für Vorschläge unterbreitet. Voreilig ergreifen wir das
Referendum nicht - aber wir schliessen es keineswegs aus.
FACTS: Haben Sie sich mit der Zürcher Regierungsrätin, ihrer
SVP-Kollegin Rita Fuhrer, noch nicht abgesprochen?
Blocher: Nein, ich bin seit zehn Tagen geschäftlich im Ausland.
FACTS: Samuel Schmid hat sich im Bundesrat gegen die nationale
Staatshilfe ausgesprochen. Schliessen Sie Ihren SVP-Bundesrat
jetzt wieder ins Herz?
Blocher: So, so. Er soll sich dagegen ausgesprochen haben. Das ist
interessant. Handkehrum: Er war ja nicht stark involviert in der
Sache.
FACTS: Doch. Er ist Regierungsmitglied.
Blocher: Ja, das weiss ich. Streit habe ich ja nicht mit ihm, das
möchte ich betonen. Und wenn er wirklich dagegen war, dann habe
ich sehr Freude, dass er wenigstens in diesem einen Punkt nicht
von unserem Parteikurs abweicht.
FACTS: Die SVP triumphiert schon jetzt?
Blocher: Es zeichnet sich bereits ab, dass die Steuerzahler diesen
Schritt der Landesregierung nicht goutieren. Wir werden ja sehen bei
den Wahlen im Herbst 2003.
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