Nachtrag vom 10. Oktober, 2004: Arena Sendung und Sonntagspresse:
Imhofs Analyse in der Arena
In der "Arena Sendung" vom 8. Oktober vom SF DRS mit dem
Titel: "Wer hat das Sagen, das Volk oder die Regierung."
ging es wieder um Couchepins Interview, in dem er auf
die Gefahr der Volksdiktatur hingewiesen hatte und der SVP unterstellte,
sie manipuliere das Volk.
Uns überzeugten während der Sendung
die Klärungen des Mediensoziologen Kurt Imhof von der
Universität Zürich.
Er bezeichnete das schweizerische Modell als "Kunstwerk". Es coexistiere
in der Schweiz eine extrem direkte Demokratie zusammen mit einem
grosser Minderheitenschutz. Eigenartigerweise hätten trotz der Uneinigkeit
von Blocher und Couchepin beide Seiten recht:
- Couchepin, weil in Bezug auf den Föderalismus die
Volkssouveränität begrenzt ist
- Blocher, indem er sagt, dass die Volkssouveränität
das Recht schafft.
Es zeige sich, dass die SVP von der Konkordanzdemokratie
zu einer Wettbewerbsdemokratie tendiere.
Pellis Ausweichtechniken
Urs Leuthard fragte FDP Fraktionschef Fulvio Pelli immer wieder,
was er zu den Aussagen des FDP Bundesrates Couchepin im Interview meine.
Er behauptete, Blocher sage immer, das Volk sei der Souverän und
dies sei falsch. Es bestehe die Gefahr einer Manipulation des Volkes.
Auf diese konkrete Frage wich der FDP Politiker immer wieder aus. Anstatt
zu antworten, versuchte Pelli über den Begriff Souveränität
zu philosophieren.
Nachdem jedoch der Moderator auf eine Antwort beharrte, wollte Pelli
erneut ausweichen, indem er sagte, Couchpin habe es anders gemeint.
Urs Leuthard gab nicht locker und zitierte nochmals die eindeutigen
Worte aus dem Interview. Hier ist eine Rekonstruktion des Dialogs
zwischen dem Moderator Leuthard und Nationalrat Pelli, nach den ersten
Ausweichmanövern:
Leuthard:
"Herr Couchpin hat aber deftige Sachen gesagt. 1. Blocher - seine
Haltung- sei ein Gefahr für die Demokratie. 2. Couchepin hat
vor allem gesagt: Es drohe eine Volksdiktatur Er hat eigentlich gesagt,
das Volk sei eine manipulierbare Masse. Wenn man ihm genügend
eintrichtere, könne man daraus ein Diktatur machen. Dann kommt es
ganz schlimm."
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Hierauf ergriff an Stelle von Pelli die Politologin Regula Stämpfli
das Wort und verteidigt Pascal Couchepin. Er habe damit nur sagen
wollen, dass die Identität mit dem Volk gefährlich sein
könne. Couchepin habe eben als Romand einen philosophischen Ansatz.
Mit dem Argument, Couchepin habe es nicht so gemeint, unterstützte
Stämpfli Pellis Pseudoantwort, Couchepin habe es nicht so gemeint,
wie er es gesagt hatte.
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Leuthard:
"Ich kann mich damit noch nicht zufrieden geben. Es bei mir als
Deutschschweizer so angekommen, dass man das Gefühl hat, das Volk sei
manipulierbar. Man kann das Volk verformen, man kann es verführen.
Couchepin hat eindeutig gesagt: Das Volk kann verführt werden.
Und das mache die SVP. Die SVP verführt das Volk,so dass es in
Richtung Volksdiktatur gehen kann. Fulvio Pelli!"
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Pelli:
"Meine Muttersprache ist nicht deutsch. Aber ich glaube es gibt doch ein
grosses Unterschied zwischen verführt und manipuliert."
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Leuthard:
"Aber Couchepin hat aber beide Begriffe gebraucht in seinem Interview!"
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Pelli:
"Ich glaube alle diese Wörter sind grosse Wörter. Die eine
Interpretation brauchen. Das Problem ist meines Erachtens ein anderes:
Ist das Verhalten des Bundesrat Blochers nicht widersprüchlich..."
Pelli führt hierauf aus, das Blocher als Bundesrat im Job nicht
so arbeite wie wenn er öffentlich auftritt. Kommunikativ spiele er
nicht den Bundesrat, sondern den Parteichef.
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Leuthard:
"Jetzt haben Sie aber elegant meine Frage umkurvt!"
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Pelli:
"Das ist meine Aufgabe..."
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Leuthard unterbricht:
"Meine Aufgabe ist sie zu fragen! Ist das Volk manipulierbar,
verführbar? Vor allem: Ist es die SVP, die das macht mit dem Volk".
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Pelli:
"Alle Personen sind manipulierbar - das wissen wir. Je
nachdem. (Wiederholt) Je nachdem. Je mehr das Volk informiert ist,
je weniger kann es manipuliert werden. Je mehr das Volk versteht, um
was es ich handelt, je weniger gibt es das Risiko, dass er in seiner
Entscheidung von Emotionen übertroffen wird- und dann falsch
entscheidet. Das ist eine Frage des Masses."
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Ein paar Bemerkungen zu diesem Dialog:
Nationalrat Pelli musste selbstverständlich darauf bedacht sein,
dass er den Parteikollegen Couchepin nicht blosstellt. Der Dialog
verdeutlicht die zahlreichen Ausweichmanöver Pellis. (Waren
grosse Wörter..., war ein anderes Problem...) Er versucht es
auch noch mit einer Diffenzierungstaktik (Man muss unterscheiden...)
Nachdem der Moderator - was im Grunde genommen sein Job ist - nachgreift,
entscheidet sich Pelli zuletzt für die allgemeingültige Antwort:
"Alle Personen sind manipulierbar!"
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So gelingt es Pelli, die Antwort auf die Frage mit der "SVP als
Manipulator" wiederum zu umschiffen.
Nach unserem Dafürhalten,
dürfen veröffentlichte eindeutige Formulierungen
nachträglich nicht zurechtgebogen, beschönigt oder
umzuinterpretiert werden.
Wenn es Couchepin so gemeint hat, wie es Nationalrat
Pelli oder Regula Stämpfli behauptete, weshalb hatte es Couchepin
nicht so gesagt? Bei Interviews gilt: Gesagt ist gesagt.
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Die NZZ über die Couchepinattacke
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In der "NZZ am Sonntag" vom 10. Oktober geht es erneut um Couchepins Attacke
gegen Blocher. Der Titel lautet:
"Couchepins Attacke gegen Blocher setzt FDP unter Zugzwang."
Die SP wittert Morgenluft und möchte vermehrt mit der FDP
zusammenarbeiten und die SVP versucht es nach Christoph Mörgeli (der
übrigens auch in der ARENA Sendung mitdiskutiert hatte) nochmals
mit einer Mitte-Rechts- Regierung zu politisieren. Sonst werde die SVP
zur Oppositionspartei.
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Kommentar von Bührer
Der ehemaliger FDP Parteipräsident und jetzige
FDP Nationalrat Gerold Bührer spricht in einem
Interview vom 8. Oktober in der "Schaffhauser Nachrichten Klartext:
"Ich kann keine Demokratiegefährdung erkennen!"
Bührer weist zurückblickend auf den grossen Knatsch
zwischen Ogi und Stich wegen der Neat und die grossen Differenzen
zwischen Bundesrat Dreifuss und dem Rest des Bundesrats hin, die
auch offen ausgetragen worden sind. Ferner errinnerte er an die
Abstimmungsverweigerung Leuenbergers bei der "Atom- Initiative"
und beim "Avanti"- Vorschlag.
Bührer kritisiert seinen Parteikollegen Couchepin und teilt
ebenfalls unsere Beurteilung:
"Es ist schädlich, wenn zwei Mitglieder der Exekutive ihre Fede
in der öffentlichen Arena austragen. Couchepin hat einen Fehler
gemacht, indem der das Verhalten seinen Ratskollegen dazu benutzte,
sich in einer Art und Weise zu äussern, wie es sich für einen
Bundesrat nicht gehört."
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Bührer sieht keine Staatskrise,
sondern eine Vertrauenskrise.
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