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Wir haben die "Ja-aber Rhetorik" bereits ausführlich
beschrieben.
Es ging beim beschriebenen Ja-Aber" Verhalten
darum, den Mehrheitsbeschluss des Gesamtbundesrates zu vertreten, obschon er
der eigenen Meinung widerspricht. Der Bundesrat muss Ja verkünden,
hat aber persönlich grosse Aber- Bedenken. Verständlicherweise verfolgten die Medien Bundesrat Blochers Auftritt zu den Einbürgerungsvorlagen mit besonderem Interesse. Ist doch bekannt, dass er bei dieser Frage den Gesamtentscheid nicht teilt. Beobachter fragten sich deshalb:
Wir haben Blochers Auftritt ebenfalls eingehend verfolgt und analysiert. Einige unserer Beobachtungspunkte brachte auch das Schweizer Fernsehen im "10 vor 10 Beitrag" von Susanne Wille vom 23. August 2004. Tatsächlich hielt sich Blocher bei dem Ja an die Fakten. Blocher sprach bei den Punkten - die er nicht unterstützt - viel gleichförmiger. Er las dabei meist vom Manuskript ab. Doch muss auch zugestanden werden: Blocher erfüllte seinen Auftrag, jedoch nur als trockene Pflichtübung. Ohne etwas zu verfälschen. Blocher wusste, dass die Öffentlichkeit jedes seiner Worte auf die Waagschale legen würde. Er war sehr konzentriert, wach und wich von den vorbereiteten Formulierungen nie ab. Aus unserer Sicht hielt er sich inhaltlich an die gegebenen Fakten. Blocher listete auch noch die Vor- und Nachteile auf. Bei den Nachteilen war auszumachen:
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Nachtrag 29. August: Calmy-Rey Kritik Nach Bundesrat Joseph Deiss kritisiert nun auch Bundesrätin Michelin Calmy-Rey den unkollegialen Blocher in den Medien. Calmy-Rey fordert, dass sich alle Mitglieder des Bundesrats gemäss der Parole der Landesregierung bei Abstimmungen einsetzen. Dies sagte sie in einem Interview mit der "Basler Zeitung". Wenn ein Bundesrat anderer Meinung als der Gesamtbundesrat sei, dann sei "das Minimum, das man erwarten kann, dass er nach dem Entscheid schweigt", Ansonsten würden die Regeln der Kollegialität verletzt. Sie wies darauf hin, dass ein Bundesrat für eine Vorlage seines Departements kämpfen solle. Dass ein Bundesrat auch auf die Nachteile einer Vorlage hinweise, lehnt Calmy-Rey ab:
Dadurch würde der Bundesrat "ein Bild völliger Zerrissenheit und Unentschlossenheit" abgeben. Wenn die Regierung nach Abwägen von Vor- und Nachteilen einen Entscheid gefällt habe, dann könne sie diesen nicht gleich wieder relativieren. Calmy-Rey:
Zu dieser Argumentation der Aussenministerin kann man gewiss geteilter Meinung sein. Nach unserem Dafürhalten dürfen bei der Kommunikationskultur des Bundesrates die früheren Streit-Situationen nicht ausgeklammert werden. Eintracht im Bundesrat war nie die Regel:
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Nachtrag 1. September: Hahnenkämpfe im Bundesrat? Am Medientreffen auf der Petersinsel nutzte Pascal Couchepin die Gelegenheit, sich nebenbei über den Bundesratkollegen Christoph Blocher lustig zu machen. Im Fernsehen sagte er, er sei voller Hoffnung für die intellektuelle Entwicklung Blochers. Für uns wirkte diese Randbemerkung recht überheblich. Besonders, als er das Kollegialitätsprinzip ansprach und anfügte, auch Micheline Calmy Rey habe etwas gelernt. Sie sei jetzt gut. Wie ein Schulmeister gab er seinem Kollegen Blocher auch noch Zeit, sich zu integrieren. Ob Couchepin tatsächlich glaubt, er sei das Mass aller Dinge? Selbst wenn die Randbemerkungen humoristisch gedacht waren, so lohnt es sich nicht, sich auf Kosten einer Kollegin und eines Kollegen lustig zu machen. Wenn jemand etwas hinsichtlich Kollegialitätsprinzip lernen müsste, so wäre es in diesem Fall Pascal Couchepin. |
Nachtrag vom 28. September:
Die lauen Auftritte Bundesrat Blochers haben Nachwirkungen Nicht nur die Boulevardpresse - auch von verschiedensten politischen Seiten formierte sich nach dem doppelten "Nein" lautstarke Kritik gegen das Verhalten des Bundesrates, der sich vor der Abstimmung für die erleichterte Einbürgerung "lustlos" engagiert hatte. Vor allem die Grünen sehen rot. Sie verlangen jetzt, Blocher solle zurücktreten. Die Nationalratsfraktion der Grünen Partei will Christoph Blocher nicht mehr im Bundesrat sehen. Der Justizminister integriere er sich nicht und sei nicht mehr tragbar. Vor allem deshalb, weil Christoph Blocher auch als Bundesrat die Rolle eines Oppositionsführers spiele, sei er für das Bundesratskollegium nicht geeignet. Seine Haltung gegenüber der Verwahrungsinitiative, seine Vorschläge zur Verschärfung von Ausländer- und Asylgesetzgebung und sein Verhalten bei den Einbürgerungsvorlagen hätten deutlich gemacht, dass Blocher in der Landesregierung am falschen Platz sei. Er verhöhne mit seiner Respektlosigkeit das Gremium und untergrabe seine Glaubwürdigkeit. Diese harten Worte sind ungewöhnlich. Ob sie ernst genommen werden, darf bezweifelt werden. Für Christoph Blocher würde es auch ohne die Rücktrittsforderung der Grünen bei der "Schengen" Frage nicht einfach. Der Bundesrat hat sich bei dieser Thematik noch nicht geeinigt, wer die Position der Exekutive in der Öffentlichkeit vertreten wird. Die Medien werden bestimmt das Verhalten des neuen Bundesrates wiederum mit Argusaugen und spitzen Ohren verfolgen. |
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