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Als Frontkämpfer in Abstimmungskampagnen müssen Bundesräte
oft die Meinung des Bundesratskollegiums vertreten.
Sie müssen immer wieder hinter Entscheidungen stehen, die
sie persönlich nicht vertreten können. Bundesrat Leuenberger
musste schon einmal bei der Energiepolitik seine Botschaften geschickt
verschlüsseln, damit er das Gesicht wahren konnte. Damals war es
ihm gut gelungen.
Bei der Abstimmung vom 8. Februar kommt der Verkehrsminister erneut
in Bedrängnis. Persönlich kritisierte er die
Aufweichung des Alpenschutzes mit dem demokratisch fragwürdigen
erzwungenen Bau einer zweiten Gotthardröhre. Bundesrat
Leuenberger musste wieder
geschickte "differenzieren". Obschon er die Meinung des Bundesrates teilen
muss, möchte er nicht zur Galionsfigur des Gegenentwurfes werden.
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Leuenberger versuchte es bei dieser Sachfrage gleichsam mit "Ungehorsam".
Er kritisiert die Personalisierung von Vorlagen via Bundesrat. Diese
Kritik vor den Bundeshausmedien formulierte er bemerkenswert scharf.
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Bisher mussten sich die Departementsvorsteher stets für oder
gegen eine Abstimmungsvorlage engagieren. Leuenberger störte
sich bereits bei der ehemaligen Bundesrätin Dreifuss, welche nach der
Ablehnung der aufgestockten Mutterschaftsversicherung im Regen
stehen gelassen worden sei. Leuenberger will nun mit der bisherigen
staatspolitischen Gepflogenheit brechen und findet, die Parlamentarier
sollten die Kastanien für ihre selbstgestrickten Vorlagen allein
aus dem Feuer holen. In der Arena möchte er sich deshalb weder
als Befürworter noch als Gegner festlegen. Leuenberger will sich
bewusst in der Mitte positionieren. Der Verkehrsminister verurteilt
nämlich persönlich die umstrittene Lockerung des
Alpenschutzartikels durch das Parlament.
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Dieses Verhalten kann Folgen haben für die Auftritte der neu
gewählten Bundesräte. Die Öffentlichkeit fragte sich beispielsweise bei
der Wahl von Christoph Blocher, ob er hinter Entscheiden stehen könne
die er persönlich nicht unterstützt. Künftighin könnten
sich Bundesräte auch das Recht nehmen, ihre persönliche
Meinung mehr zu gewichten.
Beide Bundesräte, Leuenberger und Blocher lehnen das
binäre Prinzip der Sendung Arena ab. Die Bundesräte werden
gemäss Bundesratsentscheid für oder gegen eine Vorlage
- links oder rechts placiert. Da Bundesrat Leuenberger
dem Gegenvorschlag des Parlamentes bei der Avanti Initiative mit
innerer Reserve begegnet forderte er, man möge ihn in der Mitte
positionieren. Die Verantwortlichen akzeptierten dies nicht. Der Bundesrat
musste den Spagat wagen und vertrat in der Sendung eine differenzierte
Meinung, obschon er hinter dem Bundesratpult links stehen musste.
Es sagte trotzdem unumwunden, die Vorlage habe gewisse Mängel. Seine
Vorbehalte, sein Missfallen versteckte er
bei seinen Aussagen nicht. Verständlicherweise möchte der neue
Bundesrat Blocher dieses Recht des
neutralen Sprechers auch für sich beanspruchen. Die "NZZ-am Sonntag"
vom 18. Januar nimmt die Thematik "Positionierung des Bundesrates" ebenfalls
ernst und fragt sich, ob ein Mitglied der Landesregierung zur
Wahllokomotive werden muss. Der Beitrag schliesst mit der These:
'Kein Bundesrat muss in die "Arena". Er muss dort auch weder links noch
rechts stehen - sondern im besten Fall darüber.'
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