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www.rhetorik.ch aktuell: (3. Februar, 2004)

Superbowl Schocker





Beim "Superbowl" Spiel vom 2. Februar, dem amerikanischen Fussballereignis des Jahres, gab es einen Skandal, als während der Pausen-Showeinlage der Sänger Justin Timberlake die Hälfte des BH's der Sängerin Janet Jackson abriss. (Janet Jackson ist die Schwester von Michael Jackson).




Die Fernsehanstalt CBS musste sich entschuldigen. Auch MTV, der Produzent der Show, wie auch die Sänger entschuldigte sich. Die Sache sei nicht geplant und völlig unvorhergesehen gewesen. Die Sache sei mehrmals geübt geworden, und es habe keine Anzeichen gegeben, dass sowas passieren könnte.

So ganz will man der Sache aber nicht trauen. Eine Untersuchung wurde von der FCC (Federal Communication Commission) eingeleitet. Für ein geplanter Stunt spricht, dass MTV auf der Webseite "schockierenden Momente" versprochen hatte, und dass die Brustspitze Jacksons mit einem Stern versehen war. Die Entschuldigung von Jackson lässt darauf schliessen, dass die Sache doch nicht ganz ungeplant gewesen war: Natürlich habe man nie gewollt, dass Janets nackte Brust nebst Metallstern entblösst werden sollte, sagte eine Sprecherin. Eigentlich habe ein roter Spitzen-BH zum Vorschein kommen sollen.

Interessant auch, dass nach "Spiegel" die Plattenfirma von Jackson den neuen Song "Just a Little While" früher als ursprünglich geplant herausbringt. Die Einlage vor 90 Millionen Zusachauern könnte die Verkaufszahlen anheizen.

Das Superbowlspektakel ist auch eine grosse TV Werbeplattform, auf der innovative Spots gezeigt werden, die zum Teil auch an die Grenze des Erlaubten gehen.

Nachträge vom 4. Februar : Verhindert der Vorfall die Grammy-Verleihung? : Nicht nur der blanke Busen erregte die Gemüter, der Chef der Medienbehörde Powell: "Die ganze Tanz-Show war wie Geschlechtsverkehr auf der Bühne. Es wird eine schnelle und gründliche Untersuchung geben." Die Behörde könnte individuelle Strafen gegen die Sänger Janet und Justin verhängen, falls bewiesen werden kann, dass die Sache geplant worden war. Die Gischichte zeigt aber, dass Negativwerbung immer eine lohnende PR Werbung ist. Wenn 30 Sekunden über 2 Millionen Dollars kosten, profitiert jeder Star. Auch bei Kritik ist es am Wichtigsten, dass über die Person gesprochen wird.
Das "Bild am Sonntag" weiss, dass der einzige, der von der Pausensache nichts mitbekommen haben soll, US-Präsident George W. Bush sei: Er ist angeblich noch vor der Musik-Einlage in der Halbzeit eingeschlafen.

Fernsehaufzeichnungsgerät als Spion: Die Firma TIVO, die Geräte verkauft, mit denen Fernsehsendungen aufgezeichnet und auf Harddisk gespeichert werden können, meldete, dass die Szene mit Jackson die am meisten geschaute Szene war seit die Firma existiert. Die Geräte, die bei den Kunden zuhause stehen, melden der Firma zurück, welche Sequenz wann, wie oft geschaut wird. Es ist das dritte mal, dass die Firma Statistiken zum Superbowl veröffentlicht. Die Firma kann auch sehen, welche Reklamen von den den Zuschauern am meisten beachtet werden. Dies ist Videoüberwachung in einem anderen Sinn.

Entschuldigung für Nippelgate
Jackson hat sich nochmals für den Vorfall entschuldigt und alle Verantwortung auf sich genommen. Der Vorfall wurde in der Presse mit "Nipplegate" und "Bra-Ha-Ha" bezeichnet.

Nachträge vom 6. Februar : Konsequenzen für Sender
Der Vorfall hat weitgehende Konsequenzen für die TV- Kultur in den USA. Die politischen Sittenwächter sind mobilisiert. Aus Angst vor weiteren Entgleisungen wollen viele US-Fernsehsender große Live-Ereignisse nur noch zeitversetzt übertragen. Bei den "Grammy" Feierlichkeiten hat CBS schon eine 5 Minuten Verzögerung eingebaut. Dies ist das erste mal in der 46 jährigen Geschichte der Grammy's, dass nicht mehr wirklich "live" gesendet wird.
Ein jüngster Gesetzentwurf vom 21. Januar im Kongress sieht erhöhte Strafen von bis zu drei Millionen Dollar pro Einzelfall vor, so künftig eines der folgenden, gängigen Slangworte im Radio oder Fernsehen geäußert werde: "shit", "piss", "fuck", "cunt", "asshole", "cocksucker" oder "motherfucker". Der Vorfall mit Jackson wird wahrscheinlich die Verabschiedung eines "Sittlichkeits-Gesetzes" nur beschleunigen.

Die Sender sind schon in der Defensive: NBC hat in einer medizinischen Sendung ER die Brust einer 80 jährigen Frau weggetrimmt. Auch in anderen Sendungen werden sonst als unbedenklich geltende Szenen herausgeschnitten um der erhöhten Sensibilität entgegenzuwirken.

Eine Bankangestellte, Terry Carlin aus Knoxville hat Klage gegen CBS eingereicht - sie will eine Millionen-Entschädigung für ihren Schreck beim Anblick von Janets Brust.

Timberlake, der Partner Jackson, meinte, dass er zwar vor der Show einen Telefonanruf des Choreographen von einer Umcostumierung gehört habe, er habe aber gedacht, dass nach seinem Griff noch der rote BH zu sehen wäre.

MTV und CBS könnte noch gebüsst werden. MTV musste schon Konsequenzen tragen: in einer Kalifornischen Schule wurde eine "Reality show", die von MTV geplant worden war, abgesagt.

Die Geschichte könnte auch Wahlfutter für die Presidentschafts- wahlen werden.

MTV übt sich schon in Selbstzensur: Videos von Brittney Spears und anderen Künstlern werden ins Spätprogramm versetzt.




Nachtrag vom 19. Februar 2004: Wird der Mega-Skandal zu einem Riesen-Geschäft?
Nach "Bild" plant Janet Jackson eine "Busenblitz Mode Kollektion". Obwohl sie erst reuig gesagt sagte, es täte ihr leid, versucht sie jetzt aus dem Nippel-Skandal Profit herauszuholen. Die Bilder ihres furiosen Schock-Auftritts schrien von allen Titel-Blättern. Die blanke Brust mit frecher Nippel-Brosche sorgte weltweit für Entsetzen und Begeisterung. Schon einen Tag später sollen ähnliche Brust-Dekorationen auf diversen Promi-Veranstaltungen gesehen worden sein. Diesen Trend hatte die geschäftstüchtige Sängerin natürlich erkannt. Das englische Klatschblatt "Daily Star" berichtete, dass Janet die Welt mit einer entsprechenden Unterwäsche- und Intimschmuck-Linie beglücken will. Die Schamlos-Kollektion soll unter anderem mit prall-enge Leder-BHs, poppige Brustwarzenringe oder Keuschheitsgürtel aufwarten. Janet soll Freunden verraten haben: "Ich bin total begeistert! Ich habe die Gelegenheit, der Welt die Stücke näher zu bringen, die ich auch privat trage." Sogar einen Namen sucht sie schon. Ein Modebusiness-Insider wird zitiert: "Janet mag das Wort 'entblösst'. Also arbeitet sie an Variationen davon, zum Beispiel 'dezente Entblössung'." Dies ist passend, denn der Rummel begann ja mit einer eher undezenten Vorstellung.


Nachtrag vom 5. März, 2004: Janet wird wieder auftreten.
Nach dem Wirbel um Janet Jacksons "Nipplegate" wird die Sängerin im April erstmals wieder im US-Fernsehen auftreten. Wie das Fachblatt "Variety" am Donnerstag berichtete, wird Jackson am 10. April beim Sender NBC als Gastgeberin die Comedy-Show "Saturday Night Live" moderieren. Die Pop-Diva soll bei der live ausgestrahlten Show auch auf der Bühne singen. Jackson war 1994 in dieser satirischen Sendung bereits als Sängerin erschienen. Ihren letzter TV-Auftritt hatte sie am 1. Februar in der Halbzeit des "Super-Bowl"-Spiels. Dieser "Nipplegate"-Vorfall führte zu einer Untersuchung der Medienaufsichtsbehörde FCC, zu einer Ausladung von Janet Jackson bei der Grammy-Show und zu einer zeitlichen Verzögerung bei der Ausstrahlung von Live-Shows. So wurde etwa die Oscar-Gala einige Sekunden verzögert gezeigt, um mögliche sprachliche oder visuelle Obszönitäten eliminieren zu können.
Nachtrag vom 6. März, 2004: Janets Show - doch ein "Unfall"? Vor fünf Wochen zeigte Janet Jackson beim Super-Bowl-Finale ihre unverhüllten Rundungen gezeigt. Die Entblössung vor 70'000 Stadiumsbesucher und einem TV-Millionenpublikum war damals zuviel für die Veranstalter in Houston gewesen: Innert Sekunden war das Licht abgedreht, das Fernsehbild umgestellt worden. Jetzt erklärte Janet in der Aprilausgabe des Magazins "Ebony" den Missgriff von Timberlake:

"Es war ein Unfall, es war keine Absicht".


Schon Justin Timberlake hatte sich kurz nach dem Vorfall für die "Fehlfunktion von Janets Garderobe" entschuldigt. Interessant nur, dass an Janets Brustwarze ein silbernes Sternchen prangte. Und seltsam auch, dass die Sängerin drei Tage vorher noch auf der MTV Website "schockierende Momente" am Super-Bowl-Finale angekündigt hatte. Befremdend ebenfalls, dass die "Verunfallte" mit einem Modegag Kapital aus der Mediengeschichte schlagen wollte. Das unablässige Hin und Her bei den Begründungen macht ihre neusten Aussagen nicht gerade glaubwürdig.
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