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www.rhetorik.ch aktuell: (11. Feb, 2024)

Journalisten und Drehbuchautoren als Moral-Apostel

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Immer wieder stösst es sauer auf, dass Medien versuchen, als moralische Richter zu agieren, um die Konsumenten gesellschaftspolitisch zu beeinflussen. Anstoss zu folgendem Beitrag gaben mir zwei Artikel aus der SonntagsZeitung vom 11. Februar 2024. In einem Interview mit Frank A. Meyer fragt Michèle Binswanger den einflussreichen Polit-Journalisten:

Die Medien als regierungstreue Institution - ist das nicht ein rechter Verschwörungsmythos?

Frank A. Meyer antwortet:

Tatsache ist, dass die Medien über gewaltige Macht verfügen. Sie benennen die Probleme oder verschweigen sie. In Deutschland hat sich die mediale Willkür zu einer Bewegung gegen die Demokratie gesteigert. Die journalistische Szene wird beherrscht von einer gleichförmig-akademisierten Szene. Gegenseitige Kontrolle durch Kritik-und eben Streit gibt es kaum. Man fühlt sich nicht den Bürgerinnen und Bürgern verpflichtet, sondern einer Kaste zugehörig.

In einem zweiten Beitrag ärgert sich der einundzwanzigjährige Mick Bisutz über den Geschlechtergraben. Mit dem Begriff "toxische Männnlichkeit" würde nicht nur in den Medien der Graben vertieft. Viele junge Männer fühlten sich heute abgelehnt. Wer sich gegen die Grundfeindlichkeit gegenüber Männern wehre, werde gleichsam an den Pranger gestellt.

Beide Artikel bestätigten, dass es nicht einfach ist, sich gegen Vorurteile zu wehren.

Vor allem Medien mit Monopolcharakter sollten, ausgewogen und sachgerecht informieren. Eine bewähre Grundregel des Journalismus lautet: Information und Kommentar (Meinung) ist stets sauber zu trennen. Die Pressefreiheit garantiert, dass Meinungen frei geäussert werden dürfen, aber innerhalb gewisser Grenzen durch Persönlichkeitsrechte oder Antirassismusgesetze. Beiträge dürfen auch nicht gegen religiöse oder sittliche Gefühle verstossen oder die Privatsphäre missachten. Anderseits besteht die Gefahr, dass die Gesinnung der Medienschaffenden die Inhalte zu stark beeinflusst. Die Macht der Medien besteht darin, Themen zu setzen oder auszublenden und damit zu gewichten. Medien bestimmen die Titel und wählen die Kommentare aus. Mit der Kamera und dem Tonband ist es ein Leichtes, missliebige Akteure durch den Schnitt negativ darzustellen. Dank der Medienfreiheit könnten die Autoren stets ihre gesellschaftspolitische Gesinnung in die Beiträge einfliessen zu lassen.

Die Voreingenommenheit von Medienschaffenden ist nicht immer offensichtlich. In ihrer Arbeit lassen sich persönliche sozio-politische Ansichten indirekt einfliessen oder Vorfälle, die nicht in ihr ideologisches Narrativ passen, werden verschwiegen. Wer Filme, Beiträge kritisch hinterfragt, kann den missionarischen Eifer gewisser Autoren deutlich erkennen. Ihre erzieherische Absicht dominiert. Sie entscheiden was gut und böse ist. In dieser Hinsicht kommt es immer wieder zu Beschwerden. Die Konsumenten wollen nicht bevormundet werden. Medienschaffende als Schulmeister der Nation sind auch nicht erwünscht oder gar nötig. Die Rolle der Medien als vierte Gewalt und als kritische Instanz ist unbestritten. Sie darf aber nicht missbraucht werden.

Als ich mit einem Filmemacher über diese Thematik diskutierte, gestand er offen, es sei wichtig, dass in der Kunst und Medienwelt Inhalte und Geschichten so ausgewählt werden, dass sich das Verhalten der Menschen ändert. Es sei zulässig, veraltete, konservative Verhaltensweisen aufzubrechen. Bei Filmen, Büchern, Theaterstücken - überall gehöre der Erziehungsauftrag und die Beeinflussung der Bevölkerung dazu. Dies sei völlig legal. Den Einwand, dass die Macht der Medien dabei nicht missbraucht werden dürfte, liess der Filmemacher jedoch nicht gelten. Er machte mich darauf aufmerksam, dass sich die Gesellschaft stark verändert habe. Ein Film müsse die Realität abbilden und dürfe verkrustete Bilder aufbrechen. Heute würden beispielsweise viele Ehen geschieden. Auch bei Kriminalkommissaren dürften ihre persönlichen Probleme und Schwächen nicht ausgeklammert werden. Es sei ein Muss, dass Filme Schwule, Behinderte oder Schwarze ins Geschehen mit einbezögen. Nur so ändere sich die Gesinnung. Die Multikulti- Gesellschaft müsse realistisch abgebildet werden. Alles andere sei Wunschdenken.

Mich persönlich stört es, wenn sendungsbewusste Medienvertreter, Journalisten oder Autoren den Aufbau einer Geschichte ständig verlassen und mit fragwürdigen Einschüben die Empfänger irritieren. Diese Nebengeschichten beeinträchtigen die Verständlichkeit stark. Die gesellschaftspolitischen Anliegen dürfen nicht dazu führen, dass der rote Faden (die Struktur) bei einer Geschichte verloren geht.

Können wir Uebergriffe der Medienmoralisten zügeln?

Ich sehe verschiedene Ansätze:
  1. Die Medienkompetenz als Eckpfeiler der Bildung befähigt die Konsumenten, Übergriffe wahrzunehmen und zu benennen. Wir müssen in der Lage sein, Medieninhalte kritisch zu beurteilen, um den Unterschied zwischen Manipulation und Information zu erkennen.
  2. Die Regulierungsbehörden sollten strengere Richtlinien zur Inhaltsneutralität durchsetzen, insbesondere bei Medien mit grosser Reichweite. Diese Richtlinien könnten sicherstellen, dass unterschiedlichste Ansichten - ohne jegliches ideologische Monopol - fair vertreten werden.
  3. Da niemand davor gefeit ist, eine ideologische Gesinnung zu favorisieren, ist es wichtig, dass Medienschaffende mit unterschiedlicher Gesinnung angestellt werden. Gemischte Teams fördern eine pluralistische Haltung.
  4. Es gilt die Kultur des Skeptizismus unter den Mediennutzern zu pflegen. "Hinterfragen statt Medieninhalte zu akzeptieren" müsste zur Norm werden. Verbraucher sollten Inhalte fordern, die nicht indoktrinieren. Das benötigt Mut.
  5. Pflegen wir eine konstruktive Streitkultur. Sorgen wir dafür, dass auch Gegenmeinungen immer zugelassen werden. Medienkonsumenten müssten die Möglichkeit haben, jene Medien-Apostel, die ihre Plattform für ihre moralischen Kreuzzüge missbrauchen, zu entlarven. Eine ausgewogene und sachgerechte Medienlandschaft ist keine Selbstverständlichkeit.
KI generiert.

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