Der Auftritt vermummter Polizisten im Zusammenhang vor der
Schengenabstimmung führte zu einem besonderen Medienwirbel.
Die Dramaturgie entspricht genau dem, was die Medien wünschen:
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- Vermummte Polizisten vor dem Bildschirm ist etwas
Aussergewöhnliches nach dem Muster
"Mann beisst Hund". Bis anhin
traten in der Regel nur militante Demonstranten (trotz Vermummungsverbot)
maskiert auf. Nun sollen es ausgerechnet Ordnungshüter gewesen sein,
die sonst für die Einhaltung von Spielregeln eingesetzt werden. Das
ist Futter für die Medien! Die Geschichte sprengt die Norm.
- In den Medien folgte auf die ersten Artikel postwendend eine
Gegenmeldung, mit der Behauptung, die Sache sei eine gezinkter Gag der
Schengengegner. Damit war die Fortsetzungsgeschichte erneut programmiert
und konnte weiter "gekocht" werden.
- Hierauf folgte wieder eine Gegenmeldung. Nun wurden noch die letzten
schlafenden Hunde geweckt. Die Geschichte wird
damit im Langzeitgedächtnis verankert.
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Damit lag fest: Die Angelegenheit ist als Mediengeschichte zum ernsthaften
Politikum geworden. Das Thema wurde verankert. Kein Journalist wird die
Geschichte totschweigen können. Wir haben verschiedentlich auf
folgendes Phänomen hingewiesen:
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Will jemand in die Medien kommen,
so muss er nur etwas Ungewöhnliches tun.
So kann man beispielsweise provozieren.
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Künstler, Autoren und Filmemacher kennen dieses
Phänomen bestens: Wichtig ist, man wird zur Mediengeschichte. Auch
Negativmeldungen können bekanntlich werbewirksam sein. Für
die Schengengegner wird die Polizistengeschichte so oder so als Erfolg
abgebucht werden können. Die Leser erfuhren nämlich, dass die
Grenzwächter und die Polizisten in keiner Basisbefragung gefragt
worden waren, was sie zu Schengen meinen. In der Argumentation der
Befürworter wurde jedoch stets betont: Die Zöller und Polizisten
befürworten den Schengenvertrag. Sie müssen es doch wissen,
dass es eine gute Sache ist.
Am 17. Mai war in der "Basler Zeitung" zu lesen:
"Die beiden vermummten Polizisten, die letzten Freitag an einer
Pressekonferenz von Schengen-Gegnern aufgetreten sind, waren echt.
Dies behauptet das Komitee "Polizei gegen Schengen", nachdem am
Wochenende Zweifel aufgekommen waren.
Es habe sich um zwei aktive Kantonspolizisten aus je einem Grenzkanton
der Deutschschweiz und der Romandie mit 10 bzw. 30 Dienstjahren gehandelt,
teilte das Komitee am Dienstag mit. Die beiden Beamten hätten lieber
frei gesprochen, statt stumm und vermummt nur Folien zu präsentieren.
Das Komitee wehrt sich auch gegen Behauptungen, es sei von der SVP
oder der AUNS inszeniert. Dem Verein gehörten viele Beamte ohne
Parteimitgliedschaft an. Andere Gründungsmitglieder und Exponenten
stammten aus Gewerkschaftskreisen sowie aus dem Umfeld von SP und FDP."
Unbekanntes Vermummungsmaterial
Nach dem Auftritt der beiden vermummten Polizeibeamten war
in Polizeikreisen Zweifel an deren Echtheit geäussert
worden. Sturmhauben und Bekleidung, die die beiden Vermummten getragen
haben, seien in Polizeikreisen nicht bekannt, sagten Experten.
Die Kombis, die Oberarmabzeichen sowie die Sturmhauben, welche
die beiden Vermummten am Freitag in Bern trugen, seien kein
gängiges Polizeimaterial.Bei der Berner Stadtpolizei seien
solche Ausrüstungsgegenstände nicht bekannt, sagte Sprecherin
Franziska Frey.
Kommentar:
Ob echt oder inszeniert, diese Aktion konnte einmal mehr
politische Auswirkungen gehabt haben. Obwohl es immer noch so aussieht
dass die Schengenabstimmung vom Volk genehmigt werden wird, ist es
gut denkbar, dass die beiden Mediengeschichten "Blocherrede" und
"vermummte Polizisten" die Situation für die Befürworter negativ
beeinflussen wird und die Abstimmung doch noch zu einer Zitterpartie
werden könnte.
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Nachtrag 22. Mai, 2005:
Von der Maskengeschichte war auch am Sonntag dem 22. Mai noch die Rede.
Dieses Beispiel veranschaulicht einmal mehr: Medien können
ungewöhnliche Geschichten nicht ausklammern.
Das Bild des vermummten Polizisten kam immer wieder, weil es
aussergewöhnlich war. Die Ungewöhnlichkeit "Maskierter Polizist"
analog "Mann beisst Hund" machte es möglich, dass die
Geschichte eine Woche lang warmgehalten wurde.
Wir erlebten in diesem Fall eine verkehrte Welt: Vermummte Polizisten
reden vor den Medien. Normalerweise sind es vermummte Demonstranten
die es mit Polizisten zu tun haben. Dies ist aussergewöhnlich!
Die Geschichte wurde in den Medien zusätzlich "warm" behalten,
indem nach dem ersten Bericht behauptet wurde, alles sei nun inszeniert
worden. Es wären keine echten Polizisten gewesen. Diese Behauptung
wurde mit den "falschen" Polizeimützen erhärtet. Später
folgte jedoch postwendend die Gegenbehauptung: Es sind doch echte
Polizisten gewesen! Aus Angst vor einer Repression hätten sie nicht
laut reden dürfen und ihr Gesicht vermummen müssen. (wurde in
Polizeikreisen in Erfahrung gebracht) Hierauf folgten Diskussionen und
Leserbriefe. Pro und Kontra. Nach 10 Tagen wusste die Sonntagszeitung
zu berichten: Es waren doch Polizisten! Das Bild mit den vermummten
Köpfen wurde immer wieder abgebildet und inzwischen kennt die ganze
Bevölkerung die eigenartige Mediengeschichte. Das Bild ist im
Langzeitgedächtnis verankert. Hätte ein PR Verantwortlicher so
viel Medienpräsenz mit Inseraten zahlen müssen, wäre seine
Kampagne unbezahlbar gewesen. Dank der vielen grossen Berichte kostet
das Ganze in diesem Fall nichts. Wir fragen uns nachträglich,
welche Botschaft bei der Bevölkerung hängen geblieben ist:
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- Polizisten und Zöllern wurde ein Maulkorb umgehängt, weil
sie die Nachteile des Abkommens kennen.
- Es gab keine Urabstimmung bei den Polizisten. Sie durften nicht
mitreden.
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Oder:
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- Es ist bedenklich, wenn jemand in einer Demokratie nicht offen zu
seiner Meinung stehen kann.
- Dies war ein weiterer SVP Gag, weil den Schengengegnern die
Felle davon schwimmen (analog Schreckplakat,
der Blocherrede und dem Gag mit dem
Trojanischem Pferd, das auf dem Bundesplatz aufgestellt werden soll).
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