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www.rhetorik.ch aktuell: (07. Mar, 2023)

Buch zur Zuger Landamann Affaire

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Die Zuger Landammann Affaire fand im Jahre 2014 statt. Es wurde ein Medien Skandal daraus. In der Folge mutierte Jolanda Spiess-Hegglin zur Netzaktivistin. Soziale Medien spielten eine grosses Rolle. Ganz klar sind beide Politiker, sowohl Jolanda Spiess-Hegglin und Markus Hürlimann Opfer dieser Geschichte. Ein Buch von Michèle Binswanger, die im Jahre 2019 zu recherchieren begann, ist 2023 rausgekommen. Es ist aus der Sichtweise von Markus Hürlimann geschrieben, der bei der Affaire als Schänder dargestellt worden ist. Das Buch war ursprünglich verboten worden. Im Jahre 2022 hat aber das Bundesgericht das Buchverbot aufgehoben. Es ist nun erschienen. Was wirklich im Jahre 2014 passiert ist, weiss man immer noch nicht. Die Autorin Binswanger selbst meint Tagblatt: Was in der Captain's Lounge passiert ist, ist eine Blackbox. Das Buch gilt aber heute schon als das umstrittenste Buch in der Schweiz.

Aus der Zusammenfassung: An der Zuger Landammannfeier 2014 kam es zu einer sexuellen Begegnung zwischen einer linken Politikerin, Jolanda Spiess-Hegglin und einem rechten Politiker, Markus Hürlimann. In der Folge suchte Spiess-Hegglin das Spital auf und äusserte den Verdacht, mit K.-o.-Tropfen betäubt worden zu sein. Das Spital meldete den Vorfall der Polizei, Hürlimann wurde in Haft genommen und tags darauf war die Geschichte auf dem Titel der grössten Schweizer Boulevard-Zeitung Blick. Es folgte ein riesiges Medien-Echo, denn viele Zeugen hatten die Annäherung zwischen den beiden als freiwillig beobachtet. Monatelang wurde bis ins kleinste Detail über die Affäre berichtet. Die strafrechtliche Untersuchung wurde nach acht Monaten eingestellt, aber im Leben der beiden Politiker war nichts mehr, wie vorher. Erstmals untersucht diese akribische Recherche, was damals genau geschehen ist und wie Politiker und Medien mit dem Fall umgingen. Sie wirft ein Licht darauf, wie mittels sozialer Medien Stimmung gemacht werden kann und wie schwierig es ist, einen Verdacht auf sexuellen Missbrauch aus der Welt zu schaffen, wenn er einmal öffentlich geworden ist.


Buchverbot als PR Treiber (Eine Nachlese)

Das Buch von Michèle Binswanger zur Zuger Landamann Affäre wurde mit einem vorsorglichen Buchverbot gestoppt. Ende Januar durfte es doch publiziert werden, weil Jolanda Spiess-Hegglin vor Bundesgericht abblitzte. Spiess-Hegglin behauptete nach den Geschehnissen in Zug, mit K.-o.-Tropfen betäubt worden zu sein. Sie suchte das Spital auf und dieses meldete den Vorfall der Polizei. Hürlimann wurde dann in Haft genommen und Tags darauf prangte die Geschichte auf der Titelseite der grössten Schweizer Boulevard-Zeitung Blick. Das war der Auftakt zu einem Medien Tsunami, der immer grössere Wellen schlug. Monatelange wurde detailliert über die Affäre berichtet. Jolanda Spiess-Hegglin und Markus Hürlimann wurden letztlich beide zu Medienopfern. Als das Bundesgericht das vorsorgliche Buchverbot aufgehoben hatte, war es für Michèle Binswanger möglich, die Sicht des Kontrahenten zu beleuchten. Bis zu jenem Zeitpunkt hatte Spiess-Hegglin den Lead in der Medienlandschaft übernommen und Gegner mit Klagen eingedeckt. Weil alle Verlage kalte Füsse bekommen hatten, publizierte Binswanger ihre aufwändige, akribische Recherche im Eigenverlag. Nun bestätigte sich aber, was wir bei der Zensur oder Verboten meist feststellen: Verbote werden zum Bumerang. Das Buch #Die Zuger Landamann Affäre" fand einen reissenden Absatz, ohne die PR Aktion eines Verlages. Vier Wochen nach der Erscheinung ging das Buch in die fünfte Auflage. Das Binswanger Buch wurde über 3000 Mal verkauft und musste nachgedruckt werden Ich erinnere an die Indexliste der katholischen Kirche. Diese Liste wurde oft benutzt, um frivole Bücher leichter zu finden und wirkte ebenfalls kontraproduktiv. Bücher, die eigentlich nicht gelesen werden sollten, wurden vermehrt gelesen. Als Verfechter der Meinungs- und Pressefreiheit ärgerte ich mich über das Verbot des Binswanger-Buches, das von einer mehrfach ausgezeichneten Journalistin geschrieben wurde. Wenn Bücher verboten werden, erinnert dies immer auch an Bücherverbrennungen, Bildersturm oder Zensur. Der Verkaufserfolg und die positiven Echos bestätigen, dass mündige Bürger auf Buchverbote allergisch reagieren. Der Erfolg des Buches bewog Orell Füssli, als ersten Verlag, das umstrittene Buch doch in ihre Regale zu stellen. Ex Libris, Lüthi und wog.ch folgten dann nach. Das Verbot wurde Treiber des Verkaufserfolges. Das gut geschriebene, spannende Buch rückte bis zum 8. März sogar auf den dritten Platz der Bestsellerliste vor. Was mich unter anderem beim Lesen des Buches überzeugt hat, ist die fundierte Betrachtung Binswangers auf den verschiedenen Ebenen der Affäire, der parteipolitischen, der strafrechtlichen und der medialen Ebene.

Die Geschichte zeigt vor allem, wie schwierig es ist, einen Verdacht auf sexuellen Missbrauch aus der Welt zu schaffen, wenn er einmal öffentlich geworden ist. Der Vergleich mit der Zahnpastatube taugt auch beim Pressespiegel der Landammann Affaire: Ist der Inhalt einmal ausgedrückt, kann er nicht in die Tube zurückgeschafft werden.

Zahlreiche positive Spontankritiken bestätigen heute der Autorin, dass sich die sorgfältigen Recherchen gelohnt haben, wie auch ihre Ausdauer und Beharrlichkeit. Die Angriffe jener Kreise mit Röhrenblick, vor allem aus der Ecke von Spiess-Hegglin, die den Inhalt des Buches gar nicht gekannt hatten, prallten monatelang auf die Journalistin. Michèle Binswanger hat jedoch dem Druck stand gehalten. Den Erfolg hat sie verdient.



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