Das Buch von Michèle Binswanger zur Zuger Landamann Affäre
wurde mit einem vorsorglichen Buchverbot gestoppt. Ende Januar durfte es
doch publiziert werden, weil Jolanda Spiess-Hegglin vor Bundesgericht
abblitzte. Spiess-Hegglin behauptete nach den Geschehnissen in Zug,
mit K.-o.-Tropfen betäubt worden zu sein. Sie suchte das Spital
auf und dieses meldete den Vorfall der Polizei. Hürlimann wurde
dann in Haft genommen und Tags darauf prangte die Geschichte auf
der Titelseite der grössten Schweizer Boulevard-Zeitung Blick.
Das war der Auftakt zu einem Medien Tsunami, der immer grössere
Wellen schlug. Monatelange wurde detailliert über die Affäre
berichtet. Jolanda Spiess-Hegglin und Markus Hürlimann wurden
letztlich beide zu Medienopfern. Als das Bundesgericht das vorsorgliche
Buchverbot aufgehoben hatte, war es für Michèle Binswanger
möglich, die Sicht des Kontrahenten zu beleuchten. Bis zu
jenem Zeitpunkt hatte Spiess-Hegglin den Lead in der Medienlandschaft
übernommen und Gegner mit Klagen eingedeckt. Weil alle Verlage kalte
Füsse bekommen hatten, publizierte Binswanger ihre aufwändige,
akribische Recherche im Eigenverlag. Nun bestätigte sich aber,
was wir bei der Zensur oder Verboten meist feststellen: Verbote werden
zum Bumerang. Das Buch #Die Zuger Landamann Affäre" fand einen
reissenden Absatz, ohne die PR Aktion eines Verlages. Vier Wochen nach
der Erscheinung ging das Buch in die fünfte Auflage. Das Binswanger
Buch wurde über 3000 Mal verkauft und musste nachgedruckt werden
Ich erinnere an die Indexliste der katholischen Kirche. Diese Liste
wurde oft benutzt, um frivole Bücher leichter zu finden und wirkte
ebenfalls kontraproduktiv. Bücher, die eigentlich nicht gelesen
werden sollten, wurden vermehrt gelesen. Als Verfechter der Meinungs-
und Pressefreiheit ärgerte ich mich über das Verbot des
Binswanger-Buches, das von einer mehrfach ausgezeichneten Journalistin
geschrieben wurde. Wenn Bücher verboten werden, erinnert dies
immer auch an Bücherverbrennungen, Bildersturm oder Zensur. Der
Verkaufserfolg und die positiven Echos bestätigen, dass mündige
Bürger auf Buchverbote allergisch reagieren. Der Erfolg des Buches
bewog Orell Füssli, als ersten Verlag, das umstrittene Buch doch
in ihre Regale zu stellen. Ex Libris, Lüthi und wog.ch folgten dann
nach. Das Verbot wurde Treiber des Verkaufserfolges. Das gut geschriebene,
spannende Buch rückte bis zum 8. März sogar auf den dritten
Platz der Bestsellerliste vor. Was mich unter anderem beim Lesen des
Buches überzeugt hat, ist die fundierte Betrachtung Binswangers
auf den verschiedenen Ebenen der Affäire,
der parteipolitischen, der strafrechtlichen und der medialen Ebene.
Die Geschichte zeigt vor allem, wie schwierig es ist, einen Verdacht
auf sexuellen Missbrauch aus der Welt zu schaffen, wenn er einmal
öffentlich geworden ist. Der Vergleich mit der Zahnpastatube taugt
auch beim Pressespiegel der Landammann Affaire: Ist der Inhalt einmal
ausgedrückt, kann er nicht in die Tube zurückgeschafft werden.
Zahlreiche positive Spontankritiken bestätigen heute der Autorin,
dass sich die sorgfältigen Recherchen gelohnt haben, wie auch
ihre Ausdauer und Beharrlichkeit. Die Angriffe jener Kreise mit
Röhrenblick, vor allem aus der Ecke von Spiess-Hegglin, die den
Inhalt des Buches gar nicht gekannt hatten, prallten monatelang auf
die Journalistin. Michèle Binswanger hat jedoch dem Druck stand
gehalten. Den Erfolg hat sie verdient.
|