Nach seinem Auftritt bei SCHAWINSKI SF 1 vom 23. April
interessierte die Bevölkerung vor allem die Frage: Wie nimmt der
populäre Schaffhauser Ständerat Stellung zu den
Vorwürfen in den Medien?
Ich hatte für das Schaffhauser Fernsehen bereits während des
Wahlkampfes 2011 den parteilosen Ständeratskandidaten bei seinen
Medienauftritten beobachtet und analysiert. Damals beurteilte ich vor
allem die Wirkung des Einzelkämpfers.
Beim Auftritt der Kandidaten beim Schaffhauser Fernsehen warf Christian
Heydecker seinem Kontrahenten damals vor, Minder habe ihn unfair ans
Schienbein getreten und dass der Kampf
zu einer Schlammschlacht verkommen könnte. Es kam dann aber nicht so weit.
Der jüngste Medienwirbel über seine Aussagen als neuer
Ständerat machte wider bewusst, dass die Direktheit Minders bei der
Öffentlichkeit und in den Medien schlecht ankam.
Einige Aussagen Minders lösten ein kleineres politisches Beben aus:
das Stöckli sei ein "Kindergarten", sei "tiefrot", ein
"Streichelzoo" und mache "Tubel-Vorschläge", die nur dazu dienten,
Subventionen für ihre Kantone locker zu machen.
Blick vermutete darauf, Minder sei in Rage gekommen, weil seiner
Initiative wohl ein direkter - "inklusive sozialistischer Bonisteuer" - und ein
indirekter Gegenvorschlag entgegengestellt worden sei.
Wie nutzte Minder seine Chance im Fernsehen bei Schawinski?
Die rhetorische Stärke Minders war wiederum sein
grosses Engagement und seine Ausdruckskraft.
Das "feu sacré" ist in den Augen, die Haltung,
und die Stimme illustrieren den bewährten
Grundsatz: Wer überzeugen will, muss selbst von der Sache überzeugt sein.
Anderseits müssten wir bei ihm auch die Dosierung des Drucks und
der Emotionalität betrachten. Wer zulange mit fortissimo die Register zieht,
erdrückt langfristig die Zuhörer. Obschon Minder den Vorwürfen
Schawinskis am Anfang mit spürbarer Zurückhaltung und gekonnten
Stopsignalen zu kontern verstand und bei den ersten Antworten
negative Begriffe nie wiederholte, gelang es Schawinski, beim Gegenüber die Kadenz
nach und nach zu erhöhen, vor allem bei den Problemfeldern, die
Minder am Herzen liegen. Dadurch kam der
Interviewte immer mehr in Fahrt, und zwar dermassen, dass der Überdruck
dominierte und sich die Sprechgeschwindigkeit erhöhte.
Es war offensichtlich, dass
der Vater der Abzockerinitiative über Monate
Frust über sich ergehen lassen musste. Mit einem ruhigeren Auftritt
hätte sich Minder der Beschleunigungsspirale Schawinskis entziehen können.
Der neugewählte Ständerat fühlt sich immer noch als
Einzelkämpfer, der allein sich selbst verpflichtet ist, der mutig und engagiert "Allein
gegen alle" kämpft.
Keine der umstrittenen verbalen Ausraster nahm Thomas Minder bei
Schawinski zurück. Die ungefilterten Aussagen gehören
für ihn zur "freien Meinungsäusserung". Man müsse offen
und ungeschminkt aussprechen dürfen, was das Volk bewege. Die
Bloger Kommentare würden ihm bestätigen, dass
das Volk eindeutig hinter ihm stehe. Minder würde auch
nachträglich nichts anders machen. Er stehe zu allen Aussagen. Es gab kein
Wort der Entschuldigung oder der Selbstkritik. Minder ist überzeugt,
dass er - wie "David gegen Goliath" - weiter kämpfen müsse.
Einmal sprach er von sich in der dritten Person. Das hatte er
übrigens früher bei Medienauftritten oft gemacht: "Der kleine
Minder wird es nicht zulassen, dass ..." Diese Formulierung verdeutlicht,
dass er sich von aussen und zwar als "Retter einer guten Sache" sieht.
Das Interview zeigt, dass bei Kommunikationsprozessen nicht nur die Regel
"bleibe Du selbst" sondern auch die Wirkung beim Adressaten
bedenkt werden muss.