Wie Spiegel online errinnert, haben viele Politiker Mühe mit
der Mathematik:
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Der ehemalige FDP Wirtschaftsminister Günter Rexrodt
blamierte sich einst für seine Ignoranz über die Anzahl
Nullen einer Billion.
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SPD-Kanzlerkandidat Rudolf Scharping brachte im Wahlkampf
von 1994 Brutto und Netto durcheinander und lieferte der Union
eine Vorlage, seine Wirtschaftskompetenz anzuzweifeln.
Für Scharping hatte die Brutto-Netto-Verwechslung Folgen:
Sein Rivale Kohl nutzte den Patzer im Wahlkampf weidlich
aus. Vollends zum Gespött wurde Scharping zwei Jahre später, als
er im Bundestag über Löhne in Mexiko dozierte und die Aussage
wagte, ein mexikanischer Arbeitnehmer habe nach Abzug der Steuern mehr
in der Tasche als ein deutscher - prozentual gesehen.
jubilierte damals die Union, wann immer die Sprache auf den
glücklosen SPD-Oppositionsführer kam.
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Erstaunlicher ist, dass die promovierte Physikerin Angela Merkel beim
Rechnen ins Rutschen kommt. Zweimal warf die
Kanzlerkandidatin Brutto und Netto durcheinander:
In einem ARD-Interview am vergangenen Sonntag sagte Merkel,
die Bruttolöhne würden um ein Prozent sinken, wenn man die
Sozialbeiträge um ein Prozent senke. Das ist
falsch. Was sie meinte, ist: Der Nettolohn steigt. Der Versprecher wurde
im Abdruck des Interviews auf der CDU-Homepage klammheimlich verbessert.
In einem Interview in der "Bunten" machte Merkel den gleichen Fehler noch einmal. Zum
Absenken der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung erklärt
Merkel: "Das bedeutet für die Arbeitnehmer ein Prozent mehr Bruttolohn".
Die Wahlkämpfer bei der SPD wittern eine Chance. Als Revanche zum Scharping
Slogan kreirten sie:
Generalsekretär Klaus Uwe Benneter:
"Frau Merkel kann ohne Aufpasser keine Interviews geben."
Deutlich wird: Frau Merkel hat Schwierigkeiten, brutto und
netto zu unterscheiden. Das Leben ist komplizierter als ein Physiklabor."
Auch Finanzminister Hans Eichel zweifelt an Merkels Kompetenz.
"Gleich zwei eklatante Patzer in einer Woche lassen kein gutes Urteil über die
zukünftige Finanzpolitik." Das zeige,
dass Merkel in Haushaltsfragen "masslos überfordert sei".
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Mit keinem Rechenfehler, aber zu genauen Daten hatten vor zwei Wochen
Edmund Stoiber die Union verwirrt: Nach Wahlkampfstrategie der Union sollte nichts
schöngeredet werden, keine Patentrezepte präsentiert werden,
"Mut zur Ehrlichkeit" bewiesen werden und ja keine unerfüllbaren
Versprechungen gemacht werden. Doch dann sprach Edmund Stoiber plötzlich von einer
Arbeitslosenquote von 4 Prozent. Die SPD kritisierte den Vorstoss sofort als unseriös.
Die Sozialdemokraten wissen, wovon sie sprechen: Auch der heutige
Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte 1998 vor der Bundestagswahl
angekündigt, die Arbeitslosenquote "signifikant" zu senken - ein
Versprechen, das er nicht einlösen konnte.
Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel hatte es daher nicht ohne Grund
abgelehnt, den angestrebten Abbau der Arbeitslosigkeit zu beziffern.
"Ich habe nicht die Absicht, konkrete Prognosen zu treffen, die ich
heute redlicherweise nicht treffen kann", hatte die CDU-Chefin in einem
Interview der "Berliner Zeitung" gesagt.
Später erkannte Stoiber offensichtlich die Brisanz seiner
eigenen Äusserung und schickte er einen Sprecher vor, um
sein vollmundiges Versprechen zu relativieren. Nach dessen Angaben
habe er mit der Ankündigung lediglich sagen wollen, dass eine von
der Union geführte Bundesregierung besser erledigen werde als die
rot-grüne Koalition. Im Juni waren in Deutschland 4,7 Millionen
Menschen arbeitslos gemeldet, die Quote lag bei 11,3 Prozent.
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Auch die Genossen mussten einen numerischen Patzer kassieren:
Ihre Wahlkampf-Plakate, Flyer und Aufkleber gegen die von der Union
geplante Mehrwertsteuererhöhung von 16 auf 18 Prozent enthalten
einen Rechenfehler. So heisst es auf einem Aufkleber:
"Ich koste zwei Prozent mehr".
Damit stellen auch die Sozialdemokraten mangelnde Mathematikkenntnisse
unter Beweis. Wenn die Mehrwertsteuer um zwei Prozentpunkte erhöht
wird, steigt der Gesamtpreis des Produkts nicht um zwei Prozent, sondern
nur um 1.7 Prozent. Ein Produkt, das jetzt zehn Euro plus 1,60 Euro
Mehrwertsteuer kostet, würde nach der Steuererhöhung zehn
Euro plus 1,80 Mehrwertsteuer kosten. Der Unterschied zwischen 11,60
und 11,80 Euro beträgt aber nur 1,7 Prozent.
Richtig müsste es auf den Plakaten also heissen: Alles wird 1.7
Prozent teurer. Der Spiegel kommentiert dazu: "Aber das ist nur nicht so plakativ".
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