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www.rhetorik.ch aktuell: (22. Mai, 2005)

Bewusste Provokation oder unbedachtes Reden?

Bundesrat Pascal Couchepin ist bekannt für seinen Mut, unpopuläre Dinge zu sagen, die verletzen und einen Medienwirbel auslösen. Seine provokativen Äusserungen, seine Direktheit gab immer wieder zu reden. So gab er einmal unverblümt bekannt, das AHV-Alter solle erhöht werden. Gegenüber den Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat, beispielsweise bei Bunderätin Calmy-Rey oder Blocher nahm er kein Blatt vor den Mund. Er wagte es immer wieder, über die Medien persönliche Kritik zu äussern. Er wurde deshalb als Napoleon karikiert und wir kennen ihn auch als Schulmeisterrhetoriker. Nun zündete er wieder einmal eine verbale Bombe.


Anlässlich einer Fachtagung der FDP zum Thema "Rückkehr des Religiösen, Herausforderungen für die liberale Gesellschaft", sagte Pascal Couchepin:

Die Asyl- und Ausländerpolitik der Schweizerischen Volkspartei sei mit christlichen Werten unvereinbar.


Vor wenigen Tagen schon hatte der Churer Weihbischof Peter Henrici die SVP als für Christen "unwählbar" bezeichnet und damit ebenfalls für grosse Empörung gesorgt. Als Christ habe Henrici "eine gute Frage" gestellt, unterstrich Bundesrat Pascal Couchepin an der Tagung. Er schätze es zwar nicht, wenn sich die Bischöfe in Abstimmungen einmischten. Wenn man aber an manche Abstimmungsplakate insbesondere der SVP im Kanton Zürich zur Asyl- und Ausländerpolitik denke, so müsse man sich schon die Frage stellen: "Ist es christlich, eine Politik zu betreiben, die Ängste und Vorurteile gegenüber anderen fördert?" Er habe jedoch keine Probleme damit, wenn jemand "zum Beispiel wegen der Europafrage" die SVP wähle. Hierauf hagelte Kritik.

Von einem "Skandal" sprach gegenüber dem "SonntagsBlick" (Zürich) SVP-Präsident und Nationalrat Ueli Maurer angesichts der Aussagen Couchepin's: "Was fällt ihm ein, unsere Wähler derart zu beleidigen? Er muss sich wirklich fragen, ob er noch am richtigen Ort ist." Maurer kündigt zum Vorfall eine parlamentarische Anfrage an. Es sei nun jedoch "höchste Zeit", Kirche und Staat zu trennen, "damit so genannt 'schlechte Christen' keine Kirchensteuern mehr zahlen müssen", meinte Maurer weiter.

Kritik ernteten Henrici und Couchepin auch von der Christlich-Demokratischen Volkspartei (CVP). Die Kirche dürfe in einzelnen Fragen durchaus warnen, "wenn Grenzen überschritten werden", sagte CVP-Fraktionschef Urs Schwaller gegenüber der Zeitung.

Es gehe aber nicht an, dass die Kirche eine Bundesratspartei "diskreditiert", und ein Bundesrat dürfe dies noch weniger tun. - Als Vertreter der SVP sitzt Christoph Blocher im Bundesrat. Der Pfarrerssohn hat die SVP-Asylpolitik massgebend geprägt und vertritt sie auch in der Landesregierung.

Wir sind überzeugt, dass die Aussage Couchepins wiederum ein Nachspiel haben wird. Die Frage ist lediglich, in welchem Ausmass? Die SVP als Bundesratspartei wird die Aussage Couchpins kaum sang und klanglos hinnehmen (Blocher gefährdet die Demokratie, Seitenhieb gegen Calmy-Rey).


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