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Die Rede

Ausschnitte eines Textes von Franz Hohler
Werte Versammlung
Es ist für uns alle sonnenklar, dass die Probleme des öffentlichen Lebens heute den Horizont jedes Bürgers verdüstern. Der Wohlstand, der uns in den Schoss gefallen ist, ist ein zweischneidiges Schwert, das wir zwar mit offenen Armen empfangen haben, das sich aber immer mehr als Wolf im Schafspelz entpuppt. Dieses totgeborene Kind fischt im trüben, es ist an der Zeit, dass es über die Klinge springt. Man fragt sich nachgerade, wo die öffentliche Hand ihre Augen hat. Der grosse Fuss, auf dem sie lebt, ist zu einer richtigen Knacknuss angeschwollen, aber es ist eine Knacknuss, bei der der Schuss hinten hinaus geht. Anstatt diese bittere Pille zu schlucken, müssen wir ihr das Pferd unter dem Sattel wegschiessen, mehr noch, sie im eigenen Blut ertränken. Aber immer wieder erweist sich der Amtsschimmel als das schwarze Schaf, das weder Fisch noch Vogel ist, sondern ein Buch mit sieben Siegeln, das uns Sand in die Augen streut.
...
Die Zeit ist gekommen, wo man den Heiligenschein der Verwaltung einmal auf Herz und Nieren prüfen sollte. Die Milch der frommen Denkungsart hat bisher nur leeres Stroh gedroschen, obwohl sie am längeren Hebelarm sitzt. Wann endlich wird dem Steuerfuss unter die Arme gegriffen? Dieses heisse Eisen ist zu einem regelrechten Wasserkopf geworden, den man wie eine Wanderniere von Dossier zu Dossier schiebt, anstatt ihm einen Stock zwischen die Beine zu werfen. Wann darf der Taubstummenverein ein Wörtchen mitreden? Es ächzt im Gebälk des Krankenkassenkonkordats, und auch der Invalidenverband macht keine grossen Sprünge mehr. Wann wird die bedrohte Natur bei den Hörnern gepackt? Wenn wir der Motorbootfahrerei nicht bald einen Strick spannen, dann sägt sich der Zürichsee den Ast ab, auf dem er sitzt. Auch die schlechte Luft wird auf die lange Bank geschoben, trotzdem sie wie Pilze aus dem Boden schiesst. An diesem Punkt hat jemand den verstorbenen Regierungsrat Pfändler in die Diskussion geworfen, aber diese Schwalbe macht noch keinen Sommer. Der Stein der Weisen ist immer noch mit Vorurteilen gespickt.
Das Schweizerei, Bild www.rhetorik.ch, 2001 Dann ist noch ein saurer Apfel da, dem man auf die Beine helfen müsste. Die kalte Schulter der Exportverbände dreht unseren Produzenten eine lange Nase, und wer muss den Kopf herhalten? Das Schweizer Ei, das sich ohnehin mit Händen und Füssen wehren muss, dass es nicht an die Wand gedrückt wird. Dass zur Abwechslung auch einmal das freche Maul der Händler seinen Gürtel enger schnallen könnte, daran denkt offenbar niemand. Und gerade hier sollte sich zuallererst zeigen, dass das Auge des Gesetzes Haare auf den Zähnen hat!




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