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Sprechmarotten

von Marcus Knill



Wilder Wechsel von Standardsprache und Mundart

Wer hat sich nicht schon gestört, wenn Mundart sprechende Leute mitten im Satz auf Hochdeutsch wechseln, um scheinbar wichtige Passagen besonders zu gewichten. Weshalb stört diese rhetorische Unart? Nicht nur deshalb, weil damit das Schweizerdeutsche weniger wichtig erscheint.
Die betroffenen Sprecher realisieren meist nicht, dass der Wechseln für viele Zuhörer ein Verständlichkeitskiller ist.
Es gibt Personen, die haben sich die Sprechmarotte "des Mischens" so angewöhnt, dass sie ihn kaum mehr wegbringen. Selbst beim Kurz-Training nicht.
Wohlverstanden. Wir haben überhaupt nichts gegen Zitate, die bei einem Mundartbeitrag in Schriftsprache vorgelesen wird. Dann hebt sich die Aussage bewusst als Zitat ab.
Erstaunlicherweise neigen selbst Pressesprecher dazu, Wichtiges in Hochsprache hervorzuheben.
Von Profisprechern dürften wir einen homogenen Sprachgebrauch erwarten. In einem Seminar erlebten wir einen Rektor, (übrigens ein Germanist), dem die Sprechmarotte "des Wechselns" erst bei der Selbstanalyse seiner Aussage auf Band bewusst wurde. Noch ein Wort zum Wechsel "Deutsch-Englisch":
Im Zeitalter der Globalisierung ist die Vermischung von Englisch und Deutsch kaum mehr aufzuhalten. Diesen Trend zählen wir nicht zu den Sprechmarotten. Es sei denn, der englische Begriff sei dem Publikum völlig fremd. Dann genügt jedoch eine beiläufige Übersetzung oder Umschreibung. Denn englische Fachbegriffe werden nach und nach Allgemeingut.


Sprechmarotte "Ich denke"

Wer öfters Diskussionsrunden verfolgt stellt fest, dass heute folgende Sprechmarotte stark verbreitet ist:
Voten und Sätze werden mit der Formulierung "Ich denke...." eingeleitet. Gewiss stört sich niemand an der Formulierung "Ich denke,...." ;wenn sie nicht zur Sprechmarotte verkommt und nur ab und zu verwendet wird. Es geht aber an dieser Stelle um die Ritualisierung des "Ich denke...". Alles was schablonenartig - gleichsam als Füller - gesprochen wird, stört. So wie die unbedachten "Aehs" oder "nicht wahr" durch die parmanenten Wiederholungen auffallen, handelt es sich auch beim unablässigen "Ich denke..." um eine typische Sprechmarotte.
Woher diese Marotte "Ich denke..." kommt, lässt sich höchstens erahnen.
Möglicherweise wollen die Sprechenden bewusst eine "Ich- Aussage" machen, damit der Gedanke nicht verurteilt werden kann. "Ich denke..." schwächt eine allgemeingültige Aussage zu einem eigenen Gedanken ab. Vielleicht ist "Ich denke" auch nur ein Zeitgewinnungsritual. Es kann mit Sprechen begonnen werden, bevor der Gedanke völlig durchdacht ist. Wenn wir davon ausgehen, dass alles, was gesagt wird, überlegt und durchdacht sein sollte, müsste eine Person gar nicht "Ich denke" sagen. Dass der Sprechende denkt, müsste eine Selbstverständlichkeit sein. Es sei denn, dass Sprecher, die jeden zweiten Satz mit "Ich denke.." beginnen, nicht immer denken. Dann wäre es durchaus legal, die wenigen bedachten Gedanken als solche zu bezeichnen.


Und-Und-Und

Bei jeder Präsentation - vor allem bei Medienkonferenzen- wurden alle Sätze mit "und" verbunden. So wie ein kleines Kind beim Erzählen eines Märchens dauernd die Gedanken mit "Und dann.....: und dann..." verbindet, so hatte sich der erfahrene Manager über Jahre die Sprechmarotte "Und.....und....und....." angewöhnt. Als jedoch die Marotte erkannt war, meinte dei Führungspersönlichkeit selbstkritisch: "Warum habe ich mich nicht früher "spiegeln" lassen! Das ärgert mich!" Heute lässt er sich jedes Jahr einmal supervisionieren und optimiert somit laufend seine kommunikative Kompetenz. Dank der Erkenntnis des "blinden Fleckes" konnte die Sprechmarotte in wochenlangner Arbeit doch noch abgewöhnt werden. Dank dem Coaching wurden die Aussagen verständlicher und kompakter.


Pass mal auf!

"Pass mal auf!" oder "Hör zu..." kann dann zu einer Marotte werden, wenn vor jeder Aussage eine dieser Formulierungen gedankenlos hingesetzt wird.
Selbstverständlich muss die implizite Ebene erkannt werden:
"Hör zu..." kann ein Kürzel sein zu "Höre jetzt einmal zu. Im Allgemeinen hörst Du nie richtig zu" muss aber nicht. "Pass mal auf" kann bei einmaligem Gebrauch als "Im Allgemeinen passt Du nicht auf" verstanden werden.
Wie kann man sich als Ansprechpartner verhalten?
  • z.B. durch Fragen:
    "Hat Du das Gefühl, dass ich nicht richtig zuhören kann?"
  • oder indem auf die schablonenartige Formulierung aufmerksam gemacht wird.


Ehrlich gesagt

Von einer Trainerin in Wien wurde uns folgendes Beispiel einer Sprechmarotte gemailt:

Im FreundInnenkreis stellten wir fest, wie oft wir "wenn ich ehrlich bin" oder "ehrlich gesagt" sagen, obgleich wir natürlich nicht, wann immer diese Floskel fehlt, unehrlich sind. Manchmal bedeutet es "offen gesagt".


Sprechmarotte "oder"

Viele Schweizer hängen am Ende eines Satzes ein "oder?" an, als ob sie nicht sicher wären, ob man wirklich zuhört oder ob man ihnen auch wirklich zustimmt.


Sprechmarotte "ich sag mal"

Eine Leserin schrieb uns: Vor kurzem war ich zugegen, als ein Kollege telefonisch einen Kundentermin vereinbarte. Es war ein längeres Gespräch, und in fast jedem Satz sagte er "ich sag mal". Das fand ich schon ziemlich nervend.


Sprechmarotte "in diesem Sinn"

Störend war bei einem Politiker, der in einem Serviceclub beim Vorstellen eines Referenten in jedem zweiten Satz die Formulierung auf der Zunge hatte. "I däm Sinn isch dä Herr..." "I däm Sinn isch für mich ..." "und i däm Sinn bitt isch ..."


Sprechmarotte "Sicherlich"

In einem Interview bemühte sich ein Waffenläufer gewählt zu reden. Seine Marotte erkannte man nach wenigen Sätzen. Immer wieder baute er das Wort "sicherlich" ein. "Es ist sicherlich so...." "Wir haben sicherlich erkannt, dass..."




Es wäre ein Leichtes, Sprachmarotten zu eliminieren. Doch müssen wir diese Marotten zuerst erkennen. Entweder in einem Coaching oder indem wir eigene Beiträge mit einem Tonband aufnehmen und dann abhören. In der Regel erkennen wir selbst eingeschlichene, anerworbene Marotten. K+K hilft Ihnen gerne beim Eliminieren dieser Störungen. Ein Coaching von zwei Stunden genügt, um eingeschlichene, lästige Gewohnheiten bewusst zu machen. Wir können Sie befähigen, Ihre Sprachkompetenz selbständig weiter zu verbessern. So ersparen Sie zusätzliche Seminarkosten.

Sprechmarotte "Sozusagen"

Von einem Leser:

Eine sehr häufig (auch von Sloterdyk) gebrauchte Marotte ist SOZUSAGEN. Sie verbreitet sich schneller als das Schweinegrippevirus!




Falls Sie eine Sprechmarotte entdecken könnten Sie diese uns per Feedback unten mit einem Beispiel mailen. z.B. am Schuss eines Gedankes wird immer "nicht wahr" angehängt oder: Jemand hat auffallend viele "Irgendwie" oder das unnötige "Eigentlich" wie in "Ich finde, eigentlich haben wir verlernt, unserere Formulierungen zu überdenken. Eigentlich ist dies schade."

Von einem LEser:

Ich höre von einer Person "letztendlich" und bei einer Person "ist OK" in auffallender Häufung. Im Fall "ist OK" wird im Team teils Heiterkeit, teils aber auch Irritation hervorgerufen.






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