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Boreout

von Marcus Knill


Der Spruch vom süssen Nichtstun ist zumindest am Arbeitplatz eine Mär: neben dem Burn-Out, der Überlastung, gibt es auch den Bore-Out, die Unterbelastung.

Gesucht eine Balance zwischen Belastung und Entlastung, zwischen Stress und Entspannung, zwischen Arbeit und Freizeit, zwischen Über- und Unterforderung.

Seit Jahren ging es stets nur um den Burn-Out - die Überforderung, das "Ausgebranntsein". Nun wurde erkannt, dass auch Unterforderung der Bore - Out krank machen kann. Das Bore-Out-Syndrom ist vor allem ein Phänomen der Dienstleistungsgesellschaft. Ein Handwerker kann nicht so tun, als würde er arbeiten. In Berufen, in denen man Resultate liefern muss, kommt Bore-Out kaum vor. In Verwaltungen und Büros hingegen ist die geordnete Langeweile verbreitet. Einer Umfrage des Potsdamer Gallup-Instituts zufolge empfinden nur 15 Prozent der Deutschen ihre Arbeit als befriedigend. 69 Prozent arbeiten nach dem Prinzip Dienst nach Vorschrift. Sie machen nur das, was unbedingt nötig ist. Sie täuschen Arbeit vor.

Grund für Langeweile ist nicht in erster Linie Faulheit. Menschen, die unter dem Bore-Out-Syndrom leiden, schlittern allmählich in die Faulheit hinein. Vielleicht, weil der Job keine Herausforderung bietet, weil sie täglich das Gleiche tun müssen, oder weil zu viele Mitarbeiter für eine Aufgabe zuständig sind. Es kann aber auch an mangelnder Führung liegen (ungenügendes Kontrollsystem oder es wird zu wenig delegiert), so schreibt der promovierte Jurist Wolf in einem Internet-Forum über seinen Arbeitstag:

"Ich komme morgens ins Büro und weiss nicht, wie ich die Stunden rumkriegen soll. Wir haben etwa 100 Mitarbeiter in der Behörde, die Arbeit könnte locker von 20 erledigt werden. Natürlich geben sich alle zutiefst beschäftigt. Ich lese private Bücher im Büro."


Es gibt viele Mitarbeiter, die sitzen anscheinend fleissig arbeitend an ihrem Arbeitsplatz. Mehrarbeit halten sie sich wenn immer möglich vom Hals. Sie zeigen sich beschäftigt. Es gelingt ihnen dadurch, zu freier Zeit zu kommen, die sie für persönliche Interessen nutzen können. Doch das E Mails zu schreiben und die Erledigung privater Korrespondenz ist nicht lang spannend. Es schleicht sich nach und nach ein ungutes Gefühl ein, sie langweilen sie sich, die Unterforderung macht sie krank. Ein Zurück gibt es kaum noch. Man kann nicht nach Monaten dem Chef gestehen, dass man zu wenig gearbeitet hat.

Ich habe es beim Militär in gossen Stäben erlebt, da haben es viele verstanden, "sich zu beschäftigen" (sie arbeiteten etwas für sich privat), während einige wenige Generalstagsoffiziere völlig überfordert waren. Diese Phase der Unterforderung wurde während der wenigen Tage eines Wiederholungskurses aber in keinem Fall zu einem Problem. Die Unterforderten entwickeln aber auch die klassischen Boreout-Strategien, wie die beiden Autoren Philippe Rothlin und Peter R. Werder in ihrem Buch "Diagnose Boreout" (erschienen im Verlag Redline Wirtschaft) notiert haben. Ueberlegen Sie beim Durchlesen einiger der publizierten Strategien: Haben Sie selber auch schon welche angewendet?
Einige Bore-Out-Strategien

  • Dokumentenstrategie

    Mit dieser Strategie kann man vor seinem Computer sitzen, im Internet surfen und die nächsten Ferien planen. Ziel: Ausgelastet erscheinen, damit genügend Zeit bleibt, die verschiedenen Angebote im Internet zu analysieren und zu vergleichen. Kommt der Chef vorbei, kann man entweder eine ausgedruckte Präsentation oder ein Projektpapier auf dem Tisch haben, das ist dann sofort zur Hand, um irgendetwas draufschreiben zu können und so zu vermitteln, wie beschäftigt man ist. Oder die Präsentation ist auf dem Bildschirm geöffnet, und man kann im Bruchteil einer Sekunde mit einem einfachen Tastenbefehl die Bildschirmansicht von der Ferien- zur Arbeitspräsentation wechseln - das erklärt dann auch den konzentrierten Blick. Pseudo-Commitment-Strategie So täuscht man Identifikation mit dem Unternehmen vor. Am einfachsten geht das über eine sinnlose Verlängerung der Präsenzzeit im Büro. Wer als Erster am Morgen anwesend ist und am Abend als fast Letzter geht, erweckt den Eindruck, viel zu tun zu haben und sehr fleissig zu sein. Diese Strategie beeindruckt auch die, die selber noch länger arbeiten. Diese Kollegen leiden übrigens entweder auch am Boreout-Syndrom, oder sie sind Opfer des Burnout und meinen es mit ihrer Präsenz ernst. Die Pseudo-Commitment-Strategie gehört zum guten Ton. Nichts fällt nämlich negativer auf, als am Morgen spät zu kommen und am Abend wieder früh zu gehen.
  • Komprimierungsstrategie

    Komprimieren heisst: Voll konzentriert, hypereffizient zu arbeiten, an einer Aufgabe nicht stunden- oder tagelang herumzuwerkeln. Ziel der Strategie: Eine Aufgabe so rasch wie möglich erledigen und eine gesetzte Deadline deutlich unterschreiten. Das wird dem Vorgesetzten allerdings nicht mitgeteilt. So hat man bis zum eigentlichen Abgabetermin genügend Zeit, sich privaten Dingen zu widmen oder mit den Arbeitskollegen zu plaudern. Vorteile: - legt der Chef die Deadline wider Erwarten vor, ist die Arbeit getan und kann präsentiert werden. - Sollte man sich als Mitarbeiter in seiner gewonnenen freien Zeit langweilen, kann man die Arbeit früher präsentieren und sich so als effizienter Mitarbeiter Punkte sammeln. - Der wichtigste Vorteil: Die Lücke zwischen kommunizierter und tatsächlicher Arbeitsbelastung fällt nicht auf, man hat damit sein Ziel erreicht, während der Arbeit Zeit für sich zu haben, ohne dabei entdeckt zu werden.
  • Flachwalzstrategie

    Bei dieser Strategie wird die Arbeit auf eine viel längere Zeit verteilt, als eigentlich nötig wäre - das vorhandene Arbeitsvolumen wird flachgewalzt. Für diese Strategie eignen sich besonders langfristige Projekte. Die Zeitspanne, innerhalb deren eine Aufgabe erledigt sein muss, wird ohne Not vollständig ausgeschöpft. Dokumente werden hin- und hergeschoben und alle paar Stunden ein wenig ergänzt. Oder sie liegen tage- oder wochenlang auf dem Tisch, ohne dass sich der Mitarbeiter wirklich darum kümmert. In regelmässigen Abständen widmet er sich der Arbeit immer wieder ein bisschen, um etwas vorweisen zu können. Damit vermittelt er, ausgelastet zu sein und keine Zeit für zusätzliche Belastungen zu haben. Damit die Strategie am Ende erfolgreich ist, muss das Arbeitsergebnis rechtzeitig und in erwarteter Qualität abgeliefert werden. Womit man bis zu diesem Zeitpunkt den Grossteil seiner Zeit verbringt, kann man selbst bestimmen.
  • Die strategische Verhinderung

    Hier geht es darum, zu verhindern, dass jemand Massnahmen ergreifen könnte, die man zum sofortigen Handeln zwingen würden. Ziel: Den Zeitpunkt der Arbeitserledigung zu manipulieren. Dadurch werden Verzögerungen im Arbeitsprozess provoziert und auf andere abgeschoben. Das passiert dann, wenn etwas erledigt werden muss, wozu man einfach keine Lust hat oder die Aufgabe uninteressant erscheint. Und so kann die Strategie funktionieren: Will man den Arbeitsbeginn aus strategischen Gründen verhindern, ruft man beispielsweise einen Kollegen dann an, wenn man weiss, dass er abwesend ist. Mit dem Ausrichten eines Grusses dokumentiert man dann seine Bereitschaft, an dem Projekt weiterarbeiten zu wollen - ohne es tatsächlich schon tun zu müssen.
  • Aktenkofferstrategie und der Home-Office-Link

    Diese Strategie hilft zu zeigen, dass Arbeit des Tages - wegen zu vieler Aufgaben liegen geblieben ist und am Abend zu Hause erledigt wird. Der Aktenkofferstratege täuscht zwei Dinge vor: - Ihm ist seine Arbeit so wichtig, dass er sogar in seiner Freizeit noch arbeitet. Damit demonstriert er Interesse und enge Verbundenheit mit dem Unternehmen. Diese Verbundenheit hört nicht an der Bürotür auf, sondern reicht bis nach Hause. Eine Solche Verbindung nennt man den Home-Office-Link. -Er ist unglaublich belastet und hat eine wichtige Position inne, weil nur wichtige Leute abends noch arbeiten müssen. Vorteil dieser Strategie: Kontrolle ist nahezu unmöglich. Nicht einmal der Chef kann überprüfen, welche Arbeit sein motivierter Mitarbeiter mit nach Hause nimmt. Natürlich wird dann abends nicht mehr gearbeitet. Die Arbeit, die anfällt und liegen bleibt, wird im Büro erledigt - einen Tag später.
  • Pseudo-Burnout-Strategie

    So zeigt ein Mitarbeiter explizit, dass er vor lauter Arbeit zusammenbrechen würde, wenn er sich jetzt auch noch um eine zusätzliche Aufgabe kümmern müsste. Er spricht seine Überlastung offen an und wird bemitleidet, denn wer kann denn schon nachweisen, dass man keineswegs nahezu am Ende ist!
  • Lärmstrategie

    Angewendet wird diese Strategie, wenn man in einen Tagtraum verfällt und minutenlang auf den Bildschirm starrt, ohne auch nur einen Finger zu rühren oder ein Geräusch zu produzieren. Zur Strategie-Anwendung bieten sich zwei Möglichkeiten: - Eine E-Mail öffnen und wahllos auf der Tastatur herumtippen. - Ein Blatt Papier nehmen und mit einem dicken Filzstift, der ein unüberhörbares Geräusch macht, sinnloses Zeug schreiben oder malen. Beide Möglichkeiten machen Lärm und lassen vermuten, dass fleissig gearbeitet wird.
(Quelle RP online)


Den Unternehmen kostet die zu niedrige Produktivität und fehlende Mitarbeitermotivation. Das Gallup-Institut beziffert den Schaden mit rund 220 Milliarden Euro jährlich. Doch was können gelangweilte Arbeitnehmer tun, um der Bore-Out-Falle zu entkommen?
Betroffene sollten überlegen, wie sie die Arbeit interessanter gestalten können, rät Werner Gross, Psychologe und Supervisor aus Offenbach.
Um festzustellen, wie viel Zeit man täglich wirklich arbeitet (oder mit anderen Dingen verbringt), lohne es sich, über mehrere Tage genau aufzuschreiben, was man tut. Auch das Gespräch mit Kollegen kann dabei helfen, neue Aufgaben zu finden.
Warum merken die Chefs nichts? Die Chefs sind weg, delegieren zu wenig, oder vernachlässigen das Kontrollsystem.


Leiden Sie unter Bore-Out?

  1. Erledigen Sie private Dinge während der Arbeit?
  2. Fühlen Sie sich unterfordert oder gelangweilt?
  3. Tun Sie ab und zu so, als ob Sie nur arbeiten würden?
  4. Sind Sie am Abend müde, obwohl Sie keinen Stress hatten?
  5. Sind Sie mit Ihrer Arbeit eher unglücklich?
  6. Vermissen Sie den Sinn in Ihrer Arbeit, die tiefere Bedeutung?
  7. Könnten Sie Ihre Arbeit eigentlich schneller erledigen, als Sie dies tun?
  8. Würden Sie gerne etwas anderes arbeiten, machen es aber nicht, weil das Einkommen kleiner wäre
  9. Verschicken Sie während der Arbeit private Emails an Kollegen?
  10. Interessiert Sie Ihre Arbeit nicht?

Was tun, wenn man unter Bore-Out leidet?

  • Zeitmanagement hilft nicht nur beim Burn-Out, sondern auch in Bore-Out-Situationen.
  • Situation analysieren
  • Ursachen suchen
  • Gespräche mit....
  • Im Notfall bleibt der Gang zum Chef und die Überlegung, vielleicht einen anderen Job zu suchen. Viele Menschen geraten in Berufe, die sie eigentlich gar nicht machen wollen, sagt Therapeut Gross. Der Bore-Out kann ein Punkt sein, genau zu überdenken, was man selbst eigentlich will.
Wer sich hin und wieder langweilt, leidet noch nicht an Bore-Out.

Merkmale des Bore-Out

  • Man verliert das Interesse an der Arbeit.
  • Man tut nur noch so, als ob man arbeite.
  • Man entwickelt Strategien, die signalisieren: "Ich arbeite".
  • Typisch: Man merkt es meist zu spät, wie schlimm es steht (Macht der Gewohnheit) Man nistet sich am Arbeitsplatz ein und merkt plötzlich, wie leicht es fällt, sich das Nichtstun anzugewöhnen, ohne dass es auffällt.

Symptome des Bore-Out

  • Man fühlt sich nicht gut.
  • Leere. Desinteresse an der Arbeit.
  • Wartet man zu lange, macht sich Lethargie breit.
  • Man realisiert das Problem zu spät, weil es anfangs leicht fällt, die Leere auszufüllen


Kontrapunkt

Es ist gefährlich, jede Aktion, bei der man sich eine kurze Abwechslung gönnt, sofort von "Bore-Out" zu reden.

Es ist im Alltag so, dass jeder Mensch für sich gewisse Gelegenheiten nutzt, um sich die Arbeit selbst einzuteilen. Jedermann wird zum Beispiel von Zeit zu Zeit während der Arbeit auch private Emails beantworten.

Das erwähnte Buch geht da teilweise zu weit. Erst wenn wir uns ans Nichtstun gewöhnen, wird es problematisch. Dann kann es zu gesundheitlichen Problemen führen.


Im "Spiegel online" gibt es eine lesenswerte Ergänzung zu den Bücher über Boreout. Zitat:

Möglicherweisehandelt es sich bei Boreout nur um ein hübsches und ungemein verkaufsförderndes Etikett für das bisschen Büro-Ödnis, das jeden Angestellten gelegentlich anspringt? Die Sachbuch-Regale der Buchhandlungen sind voll von Werken, die ausser netten Wort-Neuschöpfungen von "Quarterlife-Crisis" bis "Peperoni"-Strategie wenig Handfestes zu bieten haben und dennoch die Bestsellerlisten verstopfen.

Kurt Stapf von der Universität Tübingen ist skeptisch. Auch der Burnout komme viel seltener vor als gemeinhin angenommen. "Vorsicht bei neuen Begriffen, die noch nicht wissenschaftlich fundiert sind", mahnt der Psychologie-Professor, der sich mit dem Phänomen "innere Kündigung" befasst hat.

Mit Blick auf den von Werder und Rothlin geprägten Terminus Boreout spricht er von "Wortgeklingel".

Nach Ansicht der auf Belastungsphänomene spezialisierten Psychologin Gabriele Richter von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in Dresden ist Unterforderung durchaus eine unterschätzte Grösse im Berufsalltag. Wer sich allerdings nur fehl am Arbeitsplatz fühlt oder kein Interesse an seinem Job hat - zwei Kriterien, die Werder und Roth als Boreout-Ursachen nennen -, muss sich nach Einschätzung von Richter nicht sorgen: "Ich sehe keine Gesundheitsgefahren", sagt sie.

Bei Menschen mit monotonen Aufgaben oder psychischer Sättigung habe sich gezeigt, dass eine Jobrotation hilft. Richter appelliert an die Arbeitgeber, mehr zu loben und einzubinden: "Viele Menschen sind engagiert bei der Arbeit und wollen lern- und gesundheitsförderliche Aufgaben übernehmen."

Peter Werder und Philippe Roth raten, schon bei der Jobsuche auf den "qualitativen Lohn" zu achten. "Wir sind so erzogen, dass wir uns schnell den Gedanken aus dem Kopf schlagen, Arbeit könnte Spass machen", sagt Rothlin. Genauso wichtig wie das Gehalt sei aber die Frage nach Sinn und Umfang der Arbeit: Alle drei Elemente müssten gleich stark gewichtet werden. Nur so lasse sich ein Boreout von vornherein ausschliessen - wer dennoch davon bedroht ist, sollte sich Gedanken über eine neue Stelle machen.


Links





Fit im Job, März, 2008


Nachtrag vom 11. November, 2012. Artikel: Der Bluff im Büro von Seraina Kobler im Tagesanzeiger:

Das Marktforschungsinstitut GfK Schweiz hat letztes Jahr für eine internationale Arbeitnehmer-Studie mehr als 30'000 Personen in 29 Ländern befragt, darunter auch Schweizer Angestellte. Knapp ein Drittel der jungen Arbeitnehmer in der Schweiz gaben an, eine wenig interessante Arbeit zu verrichten, bei der sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse nicht voll einsetzen könnten. Für Ursula Gut-Suzler, Vicario Consulting Bern, ist das Thema ein Tabu: "Der Bore-out ist sicher eine weiter verbreitete Realität, als dies allgemein eingestanden wird." Aber wer erzähle in unserer hyperaktiven Selbstdarstellungs- und Leistungsgesellschaft schon gerne, dass er sich krank langweile? "Ein Computer und eine Pendenzenliste", sagt Buchautor und Unternehmensberater Peter R. Werder, "das sind die zwei Grundbedingungen für ein Bore-out." (Lesen Sie auch: "Das Büro als erogene Zone") Auf Langeweile reagiere dann jeder anders. Werder unterscheidet fünf verschiedene Bore-out-Typen. Besonders anfällig seien Berufe im Bankwesen, auf Versicherungen und Verwaltungen. Prädestiniert sei auch, wer nach "Präsenzzeiten" arbeite, wo jederzeit ein Kunde anrufen oder vorbeikommen könne. In den häufig unterbrochenen Wartezeiten werde dann keine sinnvolle Arbeit angepackt. Auch wer nur einen kleinen, sehr repetitiven Teil eines Prozesses bearbeite, welcher keine eigenen Entscheidungen oder Kreativität zulasse, laufe Gefahr auszulaugen. (Lesen Sie auch: "Die wirtschaftliche Pipipause") Das tägliche "Absitzen" der Arbeitszeit wird zur psychischen Belastung. Um die Situation erträglicher zu gestalten, suchen sich Betroffene Strategien zur Ablenkung. Hier gebe es laut Werder verschiedene Möglichkeiten. Die einen verteilten die Arbeit auf eine längere Zeitspanne. Die anderen erledigten die Aufgaben möglichst schnell und "verplemperten" dann die Zeit bis zur Abgabe. Ist der Bore-out weiblich? "Nein", sagt Gut-Sulzer. Frauen seien nicht häufiger betroffen. Spannend sei aber, dass sie mit Unterforderung anders umgehen als Männer. Dies, weil sie andere Interessen wie Familie, Hobbys oder Beziehungen stärker gewichteten. Wer sich nicht nur mit dem Beruf identifiziere, halte eine schwierige Jobsituation länger aus. Generell vermutet Gut-Suzler aber: "Das Phänomen ist heute aktueller als früher, weil wir vom Beruf mehr als nur ein Einkommen erwarten, sondern auch persönliche Erfüllung." Aus dem Thema per se eine Frauenangelegenheit machen, das möchte Werder nicht, eher hänge es mit dem Grad der Anstellung zusammen und der genossenen Ausbildung. Grundsätzlich gelte: Je mehr sich Bildungsabschluss und Stellenprofil unterscheiden, desto höher sei die Wahrscheinlichkeit für Probleme. Deshalb sei es wichtig, dass die Stellenanzeige Transparenz schaffe. Es bringe nichts, wenn man für eine Assistenzstelle eine Nobelpreisträgerin anstelle. Genauso unsinnig sei es, jemanden in Vollzeit anzustellen, wenn unter dem Strich nur Arbeit für eine 50-Prozent-Stelle vorhanden sei. Carla Weber, Psychologin beim kaufmännischen Verband Schweiz, kennt die Thematik. Sie rät Hilfesuchenden, dringend das Gespräch mit dem Vorgesetzten zu suchen. "Manchmal ist eine Ausweitung der Aufgaben oder eine Veränderung der Arbeit intern möglich", sagt Weber. Bessere sich die Situation nicht, müsse ein Stellenwechsel her. Wichtig sei aber, sich vorgängig auf einer Laufbahnberatung zu informieren und eine Standortbestimmung zu machen.


26. Oktober, 2007




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