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Wirkung von Bildern: Machen Bilder krank?


von Marcus Knill

Beiträge auf rhetorik.ch wie
illustrieren, dass Bilder viel bewirken können.
Bilder prägen sich tiefer ins Gedächtnis ein als Worte. Sie beeinflussen unsere Einstellung. Nicht nur die Rhetorik sondern auch das Autogene Training, die Werbung, die Suggestopädie oder die Hypnose machen sich die Wirkung des Bildes zunutze.
Nachdem im Zusammenhang mit der Wiederholung der grauenhaften Bilder von Tod und Zerstörung; die Aufnahmen von Verzweiflung und Entsetzen nach dem Terroranschlag vom 11.9. auf allen Bildschirmen unablässig wiederholt worden waren, tauchten im Nachhinein Fragen über die Wirkung derartiger Schreckens - Bilder auf:
  • Können Bilder durch die Wiederholung der Aufnahmen krank machen?
  • Können diese Bilder bei Menschen Gewaltbereitschaft fördern?
Die Wiederholung von Bildern des Grauens, verbunden mit den Begleittexten, haben bekanntlich eine nachhaltige Wirkung. Dies macht sich auch die Werbung zu Nutze. Würde sich nämlich die bewusste Wiederholung nicht auszahlen, könnten Firmen schon längst auf die teuren Werbespots verzichten.
Bilder haben auch deshalb eine grosse Bedeutung, weil das Bild unmittelbar mit einer Aesthetik der Gewalt verbunden ist, der man leicht erliegen kann. Ein moderner Komponist setzte sogar die Horroraufnahmen in Manhatten vom 11. September einem Kunstwerk gleich. Diese schockierende Aussage löste einen riesen Wirbel aus. Doch nach Philosoph Hans Saner liegt bei der Aesthetik, das Schreckliche immer in der Nähe des Erhabenen. Er äussert sich wie folgt zu dieser Problematik:

"Auch hier müsste man also sagen; solange wir die Schrecken der Gewalt, weshalb auch immer, heimlich oder öffentlich bewundern, ist Gewalt umso ansteckender, je schrecklicher sie ist.
Sie und die Täter werden dann mythisiert und darin mit grossen Zielen in Verbindung gebracht. Bilder können uns zu solchen Ästhetisierungen und Mytisierungen verführen."
Obschon zwischen grauenhaften Taten wie dem Terroranschlag in den USA und dem Massenmord im Zuger Parlament kein sachlich politscher Zusammenhang besteht, lässt sich doch durch die zeitliche Nähe beider Taten vermuten, dass der Täter in Zug bestärkt worden war, mit wenig Aufwand einen grossen Coup landen zu können, um dann sich selbst umzubringen.
Die Bilder veranschaulichen nämlich jedem potentiellen Rächer mit Selbsttötungsabsicht, wie er im Grunde genommen mit wenig Aufwand eine grosse und unvergessliche Katastrophe anrichten kann. Nicht auszudenken, wenn in den Köpfen von ähnlich gelagerten Menschen mit versteckter Neigung zu Gewalttätigkeit diese Bilder zu Vor-Bildern würden.
Es braucht wenig Phantasie, ähnlich spektakuläre Verbrechen auszudenken.
Mit moderner Technologie werden wir immer anfälliger auf folgenschwere Anschläge. Für einen grossen Coup bedarf es keiner grossen Waffenarsenale mehr und schrecklichen Bilder könnten zu Nachahmungstaten führen.

Der Film Rififi ist ein klassisches Beispiel dafür, dass eine Verbrecherbande einen Kriminalfilm als lehrreiche Vorlage für den eigenen Bankeinbruch genommen hatte.
Gottlob können wir damit rechnen, dass der Anteil von Kamikaze-Verbrecher relativ klein ist und künftighin mehr Wert auf Sicherheitsvorkehrungen gelegt wird.
Vielleicht sind wir aber trotzdem aufgerufen, den Bildern der Gewalt auch Gegenbilder entgegenzusetzen.

Es hat sich gezeigt, dass nicht alle Menschen, die mit grauenhaften Bildern konfrontiert werden, psychischen Schaden nehmen müssen. Die Wirkungsstudien der Medienwirkungsforschung machen bewusst, dass die Wirkungszusammenhänge vielschichtiger sind als allgemein vermutet wird.
Bei der Betrachtung von schecklichen Bildern ist die psychische Befindlichkeit der Betrachter ausschlaggebend. Es ist wichtig, ob über die schlimmen Bilder geredet werden kann. Bei Kindern spielt es auch eine Rolle, ob die Bilder alleine betrachtet werden oder ob sich ein Kind mit der Thematik auseinandersetzen kann.
Es ist zudem wichtig, ob eine Person psychisch stabil ist. Es gibt unterschiedlichste, zum Teil widersprüchliche Thesen hinsichtlich der Wirkung von Bildern:
  • Bilder stumpfen ab
  • Bilder machen depressiv
  • Bilder fördern Ängste
  • Wir gewöhnen uns an die Bilder
  • Bilder schrecken ab und bewirken, dass wir etwas gegen die Gewalt tun
  • Die Wirkung der Bilder werde generell überschätzt
Vielleicht enthalten alle Behauptungen eine Teilwahrheit. Sicher ist, dass die schrecklichsten Bilder weniger schlimme Folgen haben, wenn der Betrachter
  • über die Zusammenhänge sachlich informiert ist.
  • positive Lebenserfahrungen hat
  • wenn vertrauensbildende Faktoren dominieren (Urvertrauen, Werte, Geborgenheit, Gemeinschaft, gesunde Gemütswelt)




Fazit. So hilfreich die Bildsprache auch ist, schreckliche Bilder von Katastrophen können bei Menschen auch negative Auswirkungen haben. Aber es sind immer Bilder, die beeinflussen. Bilder prägen, Bilder nisten sich im Langzeitgedächtnis ein.


Gefangene im Camp X-RAY in Guantanomo Bay Nachtrag vom 23. Januar, 2002. 363 Taliban und al-Qaida Kämpfer werden momentan in Kuba gefangen gehalten. Der Transfer von Gefangenen über solche Distanzen ist eine historische Präzedenz und war mit enormen Sicherheitsanstrengungen verbunden.
Die vom Pentagon veröffentlichen Aufnahmen mit knienden und gefesselten Gefangenen in roten Kleidern mit schwarzen Brillen und Gehörschutz in Guantanoma Bay löste Proteste aus. Auch dieses Beispiel illustriert die Wirkung von Bildern.


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