Bei allen Beurteilungsverfahren und Modellen der
Mitarbeiterbeurteilung geht es um die Verbesserung eines
Ist-Zustandes. Doch genügt es noch nicht, diesen Ist-Zustand zu
sichern. Es braucht einen zusätzlichen Schritt.
Deshalb taugt eigentlich der gebräuchliche Begriff
"Qualitätssicherung" nicht. Es müsste
vielmehr "Qualitätsverbesserung" heissen. Wobei Verbesserungen
zwangsläufig mit Veränderungen verbunden sind.
Beurteilungen dürfen nie Selbstzweck sein. Mit dem Ausfüllen
von Tabellen ist es noch nicht getan. Alle
Beurteilungen müssen letztlich immer zu Verbesserungen führen,
sonst bleiben Beurteilungen ein "Treten an Ort". Viele Institutionen
verfügen in der Praxis über eigene Beurteilungsverfahren und
eigene Modelle. Im Schulbereich verlassen in einigen Kantonen die
ausgebildete Behördemitglieder ihre Einführungskurse zur
Beurteilung ihrer Lehrkräfte mit schönen, prall gefüllten
Ordnern. Auch in Firmen gibt es bei den internen
Mitarbeiterbeurteilungsverfahren meist recht viel Papier.
Damit es langfristig zu den gewünschten Verbesserungen kommt,
gibt es wenige bewährte Prinzipien, die
nicht nur beachtet, sondern auch angewandt werden müssen.
Eine Schulbehörde im Kanton Zürich kam bei der internen
Beurteilung ihrer Lehrkräfte auf die Idee, ihre Lehrer
von Eltern, Schülerinnen und Schüler über einen Fragebogen
beurteilen zu lassen. Die ausgefüllten Formulare,
die an die Schulpflege gesandt werden mussten, basieren zwar auf
den rechtlichen Grundlagen des
Lehrerpersonalgesetzes vom 1. Oktober 2000, welche das Einholen
von Information bei Schülern und Eltern ohne Namensangabe zulässt.
Die Eltern konnten auf den Fragebögen Auskunft geben über
Kontakt und Inforrnationspraxis der
Klassenlehrer. Auch Wünsche, Verbesserungsmöglichkeiten und
Kritik durften auf dem Feedbackblatt notiert
werden. Die Schüler beurteilten die Klassenlehrer ebenfalls
recht ausführlich (Stoffvermittlung, Hilfe, gerechte
Behandlungsweise, Humor usw.). Sie konnten unter anderem
notieren, ob der Klassenlehrer die Arbeiten
rechtzeitig korrigiert zurückgibt.
Die Blätter wurden in der Gemeinde zuerst von der Behörde
ausgewertet. Das Feedback erfolgte somit indirekt
über die Schulpflege. Erst später informierte die Behörde ihre
Lehrerinnen und Lehrer global über das Gesamtresultat.
Die Blätter waren wichtiger Bestandteil des Beurteilungsgespräches.
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Dieses Modell der indirekten Informationsbeschaffung taugt in der Praxis wenig,
denn es hat nicht viel mit einer ganzheitlichen Beurteilung zu tun.
Vielleicht hatte die Behörde in ihrer Ausbildung einmal etwas
von 360 Grad Feedback gehört und glaubte mit den
Beurteilungsblättern ihre Lehrkräfte ebenfalls rundum zu
beurteilen: Von oben, von unten, von der Seite usw.
Das Verfahren mit der indirekten Beurteilung war möglicherweise
gut gemeint. Aber auch ohne grosse psychologische Kenntnisse erkennen
selbst Laien, dass dieses indirekte Verfahren Schiffbruch erleiden muss.
Der Grund: Bei diesem Modell wurden drei wichtige Aspekte
missachtet:
1) Vertrauen vermitteln |
Das Vertrauensverhältnis zwischen Lehrerschaft, Eltern und
Schulkindern wird vergiftet. Es wäre nicht
verwunderlich, wenn bei diesem Modell die Dialogbereitschaft
später in einer Dialogverweigerung oder Kommunikationsblockade
endet.
| 2) Selbstkritik |
Der wichtigste Schritt - die Selbstkritik - wurde
übergangen. Die Selbstkritik gehört bei jedem
Beurteilungsverfahren an den Anfang eines
Beurteilungsgespräches. Die Einsicht, das eigene Verhalten zu
verbessern, wird beim besagten Modell blockiert. Es kommt bei
den Lehrkräften zwangsläufig zu einem
Rechtfertigungsoder zu einem Verteidigungsverhalten. Jeder
Coach weiss aus Erfahrung, dass Mitarbeiter
schneller zum Ziel gelangen, wenn Sie den Lösungswege zur
Verbesserung selbst finden. Der Vorgesetzte
hilft lediglich. Er fördert die Selbsthilfe.. Er hilft,
animiert, motiviert und kontrolliert den
Verbesserungsprozess.
| 3) Direkte Kommunikation |
Das Vorgehen mit Kritikblättern verstösst gegen eines der
wichtigsten Kommunikationsprinzipien bei Beurteilungen: das Prinzip der direkten
Kommunikation. Jeder Ombudsman weiss: Bei normalen Differenzen,
Spannungsfeldern, Problemen, bei Beurteilungen aber auch bei jeder Kritik sollte immer
zuerst der direkte Weg gesucht werden. Wenn zwei Parteien betroffen sind z.B. Eltern - Lehrer,
so sprechen diese vorerst immer im Gespräch unter vier Augen direkt miteinander
und nicht über Umwege. Das Modell mit den Beurteilungsblättern verstösst
eindeutig gegen dieses wichtige Prinzip. Nur in gravierenden Fällen darf sich eine
Behörde über dieses Prinzip hinwegsetzen.
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