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www.rhetorik.ch aktuell: (14. Nov. 2002)


Mit wenig Worten viel sagen

Weshalb Harald Schmidt mit seiner Show Erfolg hat


Der Schauspieler und Kabarettist Harald Schmidt (1957- ) zählt seit Ende der 1980er Jahre zu den erfolgreichsten deutschen Fernsehentertainern. Er gilt als deutscher Letterman, ein Meister des fröhlichen Zynisums. Nach seinem Debüt bei den öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten etablierte sich Harald Schmidt mit der selbstproduzierten und nach ihm benannten "Late-Night-Show" beim privaten Anbieter SAT1. Die erfolgreiche "Harald-Schmidt-Show", die 1995 startete, gilt inzwischen als vorbildhaftes Modell für analoge Sendungen nicht nur im Privat-, sondern auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Nach zahlreichen Preisen erhielt er 2000 und 2001 den Deutscher Fernsehpreis als "bester Unterhaltungsmoderator". 2002 erhielt der Talk-Master zum zweiten Mal den Adolf Grimme Preis.


Harald Schmidt bietet spätabends auf SAT 1 nicht nur Satire, sondern er setzt den Leuten genau das vor, was das Fernsehen am besten kann. Er nutzt die fernsehspezifische Situation, und kommt so den Konsumenten entgegen. Das Menu der Show besteht aus politischen Analysen in Kurzform, gemischt mit Satire, Witz, Unterhaltung und aktuellen Themen aus dem Alltag, verbunden mit Lebenshilfen.
Die Live-Satire ist ganz auf das schnelle und oberflächliche Medium Fernsehen zugeschnitten. Es kommt nicht von ungefähr, dass zu nachtschlafender Zeit ein Millionenpublikum (oft 1,5 Mio) eine Sendung Tag für Tag, ohne Ermüdungserscheinungen verfolgt. Der Marktanteil beträgt ca. 15 Prozent. Harald Schmidt reitet bereits sieben Jahre auf einer erstaunlich hohen Erfolgswelle. Zahlreiche hochgejubelte Sendungen hatten zuerst Erfolg und blühten auf, verschwanden aber nach kurzer Zeit wieder.



Worauf beruht der Erfolg der "Harald Schmidt Show"? Gibt es bei diesem Sendegefäss kommunikative Besonderheiten?
Viele Beobachter - auch wir - stellten fest: Schmidt lässt unter dem Deckmantel einer tagesaktuellen Talk-Sendung zur späten Stunde "die Sau raus". Niemand wird geschont. Der Moderator setzt sich grosszügig über die Regeln der "political correctness" hinweg. Der Profi-Fernsehmann hat den Riecher für das, was das Publikum will:
  • Kurzinformationen
  • Unterhaltung
  • Ein Gespräch mit einem Gast
Die Sendung ist eine abwechslungsreiche, ungezwungene Comedy - Show, die spontan moderiert wird. Vieles wirkt improvisiert, obschon das Meiste minutiös geplant wird.
Fachleute wissen, dass Schmidt anfänglich die amerikanischen Erfolgs Late-Night-Shows von Jay Leno oder David Lettermann kopiert hatte. Doch Schmidt hat das Kommunikationsprinzip des adressatengerechten Verhaltens erkannt und umgesetzt, denn er passte seine Sendung immer mehr den deutschen Verhältnissen an und perfektionierte die Show, indem er sie den eigenen wachsenden Ansprüchen anpasst.

Seine Show gleicht heute eher einem gemütlichen Zusammensein. Zuerst wird über Aktualitäten geplaudert. Dabei geht es vorab um deutsche Politik. Die vorprogrammierten Blödelfilmchen nach amerikanischem Vorbild hat er längst fallen lassen.
Obschon die Show mit der Person Harald Schmidt steht und fällt, hat der Moderator gemerkt, dass beim Publikum das Einbeziehen der Mitarbeiter wie dem Redaktionsleiter Manuel Andrack, der Kameraleute oder Musiker überraschend gut ankommt. Der Redaktionsleiter sitzt neben dem Computer. Er wird häufig direkt angesprochen und fungiert abwechselnd als Stichwortgeber, Diskussionspartner, Sündenbock, Hofnarr, Biertrinker. Er gibt der Sendung eine ganz besondere Note, gleichsam einen Kontrapunkt. Wir haben keine andere Sendung gesehen, bei der das Produktionsteam so offen in den Vordergrund gerückt wird. Manuel Andrack ist sogar ab und zu der Retter in verzwickten Situationen.


Obschon Schmidt immer wieder betont, wie wichtig ihm das Team ist, bleibt er doch der König der Sendung und ist unersetzlich. Dass inhaltlich alles nach einem klaren Konzept abläuft, ist kaum erkennbar. Manchmal wirft Harald Schmidt alles über den Haufen und lässt seiner schlechten Laune freien Lauf. Das gehört mit zum Spiel. Die Sendung fällt jedoch nie völlig auseinander. Es gibt, wie erwähnt - Retter im Hintergrund. Inhaltlich werden aktuelle Leitthemen satirisch analysiert.
Es kann ein Gemisch von unterschiedlichsten Bereichen sein. Das Publikum wurde sogar einmal gebeten, "Ikea" Regale zusammenzubauen. Oder es wurden Bundestagswahlen mit dem Publikum abgehalten.
Der Modertor kommentierte Schmudelaktualitäten wie den Fall des Schweizer Botschafters oder Politische Themen, wie zum Beispiel die Diskussion, was wäre, wenn Le Pen Frankreich als Präsident regieren würde.


Mit abgebrochenen Sätzen erklärt Schmidt dem Publikum oft mehr als es ellenlange, geschwätzige Informationssendungen vermitteln können. Sein breites Grinsen mit den zuckenden Mundwinkeln gehört zum Markenzeichen des Moderators. ausbalancierten Gemisch zwischen Ordnung (Planung) und Chaos (Improvisation) Information und Unterhaltung Satire und Ernsthaftigkeit Egozentrik (Schmidt) und Teamarbeit (Einbeziehen des Teams).
Gewiss auch deshalb:
Die Zuschauer spüren, dass der Moderator Freude an seinem Job hat, und erkennen, dass er keine anderen Moderatoren imitiert. Freude am Tun ist der wichtigste Erfolgsfaktor.


In der Novemberausgabe des "NZZ-Folio" wird ein Werkstattbericht über die "Harald Schmitdt Show" veröffentlicht.

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Harald Schmidt Sprüche

(Beispiele aus Quelle)