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www.rhetorik.ch aktuell: (12. November, 2004)

Rhetorik und Kinderzimmer



"Bed Time Story", von der amerikanischen Malerin Marilyn Bendell (1922-2003), Quelle: www.vailvalleypage.com.
Dass im Kleinkindalter dank des Erzählens von Geschichten und dank Vorlesen wichtige Bausteine der Rhetorik gefestigt werden können, ist unbestritten. Es stimmt deshalb nachdenklich, wenn der "Spiegel" in einer Untersuchung feststellt, dass "in deutschen Kinderzimmern zunehmend Stille herrscht - zumindest wenn die Kleinen ins Bett sollen". Früher war es durchaus üblich, dem Nachwuchs eine Gutenacht-Geschichte vorzulesen oder zu erzählen. Heute herrscht meist Schweigen am Kinderbett. Es verzichten inzwischen zwei Drittel aller Eltern mit Kindern im Vor- und Grundschulalter auf die Gutnachtgeschichte.

Die 30 Prozent der Erwachsenen, die ihren Kindern vorlesen, nehmen sich nur rund eine Viertelstunde täglich Zeit, berichtet die Stiftung Lesen unter Berufung auf eine Studie der Trierer Wissenschaftlerin Sabine Wollscheid.


Heinrich Kreibich, der Geschäftsführer der Stiftung Lesen:

"Die Zahlen sind erschreckend, wenn man um die hohe Bedeutung des Vorlesens bei der Entwicklung von Kreativität, Phantasie und Sprachvermögen weiß",


Dies bestätigte auch Christoph Schäfer, Pressereferent der Stiftung Lesen. Das liege zum einen an der Konkurrenz durch andere Medien, zum anderen aber auch an Veränderungen innerhalb der Familien.

"Lesen wird immer mehr zu einer Nischentätigkeit. Das gilt auch für das Vorlesen"


sagte Schäfer. Wichtig für Kinder seien eben auch das Gefühl von Nähe und die Aufmerksamkeit. Der Einsatz von Märchenkassetten könne Vorlesen nicht vollständig ersetzen, "zum Beispiel schon deswegen, weil die Kinder nicht nachfragen können."

Die Wissenschaftlerin hatte für die so genannten Zeitbudgetstudien des Statistischen Bundesamtes Vorlesezeit gemessen und dazu 5400 Haushalte befragt. Vorgelesen wird demnach in 35 Prozent der Haushalte mit Kindern bis zu zehn Jahren, bei Alleinerziehenden sind es 32 Prozent. Bezogen auf alle Familienhaushalte mit Kindern bis zum 18. Lebensjahr liegt der Anteil der Vorleser oder Erzähler bei 17 Prozent. Bei Alleinerziehenden liegt der Anteil sogar nur bei zwölf Prozent.

Wir vertreten nicht die Meinung, der Staat sei nun zum Handeln verpflichtet. Es gibt zwar Parteien, die rufen bei alle ungelösten Zeitprobleme nach staatlichen Massnahmen. Viel wichtiger ist nach unserem Dafürhalten das Bewusstmachen der Eltern der Zusammenhänge "Förderung der Sprachkompetenz und Gutnachtgeschichte". Viele Eltern wissen nicht, dass sie mit ein wenig mehr Zuwendung die Kosten für nachträgliche Sprachförderungsmasnahmen sparen könnten. Selbstverständlich werden in guten Schulen in allen Fächern die Bausteine der Rhetorik auch noch vermittelt und in vielen Staaten gibt es später sogar "Debattierclubs".



Übrigens: Die Gutnachtgeschichten festigen den Grundstein der wieder entdeckten Bildrhetorik und der sogenannten "Narrativen Rhetorik" (der Rhetorik des Erzählens), die vor allem bei der Medienrhetorik eine grosse Rolle spielt. Siehe auch Das Spiel mit Beispielen spielen lernen und Sprachkompetenz.




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