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www.rhetorik.ch aktuell: (8. November, 2003)

Was hat Prinz Charles nicht getan?



Die Englische Presse schreibt derzeit viel über einen bizzaren Skandal, die Geschichte eines Vorkommnisses, das Prinz Chales nicht gemacht hat.
Nach Tagen von Spekulationen hat Charles, der im Moment in Oman weilt, seinen privaten Pressesprecher Sir Michael Peat dementieren lassen, dass er etwas gemacht habe, das so ungeheuerlich sei, dass niemand sagen darf, was es ist, oder nicht ist:


"Ich möchte damit klar machen, obwohl ich nicht auf die Details der Anschuldigungen eingehen kann, dass sie völlig falsch und ohne Grundlage sind".


Die Skandalsüchtigen Tabloids haben jedoch nicht im Sinn, die Geschichte einfach fallen zu lasssen. Ob das Dementi das Interesse an der Geschichte nicht noch mehr angeheizt hat? John Wellington, dem Herausgeber der Englischen Zeitung "Mail on Sunday" (der auch in der Schröder Geschichte eine Rolle gespielt hatte):
"Wir denken, es ist ein grosses öffentliches Interesse in dieser Geschichte, und wir werden unser bestes tun, sie zu bringen."
Zeitungen in England müssen sich an strenge Gesetze halten. Die Journalisten lassen aber durchblicken, dass sie vom Skandal wissen, worüber sie nicht schreiben dürfen. Das macht die Geschichte nur noch interessanter für die Leserschaft, die im Dunklen gelassen wird. Wir zitieren vom "Spiegel":
"In den vermeintlich mundtoten britischen Blättern finden sich reichlich Anhaltspunkte, um was es genau geht:
  • Betroffen von dem Skandal soll ein hochrangiger Royal sein. Nach anfänglichem Zögern bestätigte Clarence House, dass es Charles ist, der im Zentrum der "lächerlichen" und "unwahren" Anschuldigungen steht.
  • Bei der zweiten an den "Zwischenfällen" (Clarence House) beteiligten Person handelt es sich um Charles' Intimus und Ex-Leibdiener Michael Fawcett
  • Es soll um Sex gehen ("The Times")
Um sich daraus zusammenzustricken, was George Smith en detail behauptet, gehört nicht allzu viel Fantasie. Prince Charles, der sich bis Sonntag zu Gesprächen in Oman aufhält, lässt verlauten, es gebe 'nichts zu vertuschen oder zu fürchten'."


PR-Experte Max Clifford, der in England als bekannter Publizit und Spezialist von Medienmanipulation bekannt ist, meint:

Max Clifford, Fotoquelle,
 BBC "Das Vorgehen von Clarence House hat nur dazu geführt, dass "ein Gerücht, das einigen hundert Menschen bekannt war, sich in ein Gerücht verwandelt hat, das mehrere Millionen Menschen interessiert".


Michael Fawcett Wäre nicht würdevolles Schweigen besser gewesen, als mit einer Vorwärtsstrategie das Gerücht zu dementieren?
(Vergleiche dazu auch die Schröder Gerüchtegeschichte)
Die Anwürfe wurden durch die Rechfertigung aufgewärmt und damit Leuten bekannt gemacht, die noch nichts vom Gerücht wussten.
Die bizarre Geschichte könnte durch das ungeschickte Verhalten dem Image der Monarchie langfristigen schaden. Vor allem dann, wenn sich der Urheber des Skandals Michael Rawcett, der als Alkoholiker und "Fantast" bekannt ist, als mental gestörter Mensch die Geschichte erfunden hätte. Wer sich mit Medienphänomenen auseinandersetzt, der weiss, auch reine Erfindungen gut genug sind, um gedruckt zu werden.


Nachtrag vom 10. November 2003: Charles ist zurück und hält Kriegsrat.
Charles traf sich am Montag mit Beratern. Ein Sprecher sagte, dass der Prinz sich oft am Montag über die Sonntagspresse bespreche. Die "Mail am Sonntag" hatte einen Bericht mit Titel "Welt Exklusive: Charles und sein Diener: Die wahre Geschichte" gebracht. Die Zeitung hatte aber keine Namen genannt und auch keine Details. Als Charles am Sonntag in London ankam, ignorierte er die wartenden Journalisten und Photographen. Im "Spiegel" schreibt Markus Brügge:

"In den britischen Medien ist unterdessen eine Diskussion um das PR-Management von Charles im Gange: Der Prinz hatte den englischen Zeitungen gerichtlich verbieten lassen, Details über seine angebliche Affäre mit Fawcett zu veröffentlichen. Ergebnis: "Times", "Guardian" und "Daily Mirror" orakelten - teils süffisant, teils unbeholfen - über den Sex-Skandal der Royals. Die "Mail on Sunday", die die Geschichte als erste bringen wollte, versucht noch immer, vor Gericht eine Veröffentlichung zu erstreiten. Jetzt mutmaßen Beobachter, das pikante Thema sei erst durch das Verbot zu einem Hingucker für Millionen von Lesern geworden. Verhindern ließ es sich nämlich nicht, dass Einzelheiten über die Vorwürfe bekannt wurden. Die schottische Zeitung "The Scotsman" ist nicht an das Urteil des englischen Gerichts gebunden - und brachte die Story über Charles und Fawcett ausführlich. Auch im Internet wird heftig über das königliche "Betthupferl" spekuliert. "Wenn ein Skandal ans Licht will, dann kommt er auch heraus", schreibt ein Autor der Internetseite Dazereader. Dort wird die gesamte Berichterstattung zusammengetragen und genüsslich kommentiert - der User kann sich so die Geschichte selbst zusammenreimen. Welche Folgen die Affäre für die Monarchie haben könnte - da ist sich Großbritannien uneins: Während man bei Dazereader in einem möglichen bisexuellen Prinzen "kein Problem" sieht, glauben manche Kommentatoren bereits an den Untergang des Königshauses. Einzige Rettung: Charles solle zu Gunsten seines Sohnes William auf den Thron verzichten. Diese Lösung wird allerdings regelmäßig bei Skandalen im britischen Königshaus hervorgekramt."


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