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www.rhetorik.ch aktuell: (29. Mar. 2004)

Reporterlügen



Bei Reportern gelten ungenaue Berichterstattung oder erfundene Geschichten als besonders krass. Zwei Beispiele aus der USA zeigen, dass stark manipulierte Reportagen möglich sind. Die Geschichten zeigen aber auch, dass die Kontrolle (wenn auch langsam) zu funktionieren scheint und Redaktionen im Nachhinein fähig sind, die Fehler aufzudecken. Im Falle Blairs ist die renommierte New York Times (die täglich auch kleinere Fehler von früheren Tagen in einem Erratablock abdruckt) über die Bücher gegangen und hat in einem längeren Beitrag die Vorkommnisse rekonstruiert.

Links zum Thema:

Der Fall Jayson Blair

Ein seltener Fall von journalistischem Betrug flog im Mai 2003 auf. Als einer der 375 Reporter der New York Times hatte Jayson Blair hatte Berichte verfasst. Seine Artikel, die vermeintlich von Maryland, Texas und anderen Staaten geschrieben worden sind, hatte er aber von zu Hause aus geschrieben. Dabei hat er Kommentare fabriziert, Szenen erfunden, Material von anderen Zeitungen und Agenturen verwendet, Ausschnitte von Photos gebraucht, um den Eindruck zu machen, er wäre vor Ort gewesen. Blair hatte zum Beispiel Geschichten vom Scharfschützen in Washington oder Berichte von Angehörigen von im Irak gefallenen Soldaten geschrieben. Eine der fabrizierten Zitate eines verwundeten Soldaten machte es sogar zum "Zitat des Tages" der Zeitung am 19. April 2003:

"Es ist hart, Mitleid mit sich zu haben, wenn so viele andere Leute schwerer verletzt worden sind oder gar gestorben sind."


Der Soldat sagte aber später aus, dass er zwar mit Blair telphonisch gesprochen habe, ihn aber nie persönlich getroffen hatte und sich auch nicht errinnere, diese Aussage gemacht zu haben. Nach mehreren änlichen Vorfällen fiel das Lügengebäude in sich zusammen.
Die Weltwoche 13/04 rollt die Geschichte in einem Artikel "Gefühlte Wahrheit" zum Anlass der Erscheinung der Autobiographie Blairs nochmals auf.

Der Fall Jack Kelly

Ein neuer Fall von journalistischem Betrug kam im März 2004 ans Tageslicht. Jack Kelley, ein hoch dekorierter und fünf Mal für den begehrten Pulitzer-Preis nominierter Reporter hat demnach brisante Storys für "USA Today" einfach erfunden. Unter anderem berichtete der Reporter von einem Selbstmordanschlag auf eine Pizzeria in Jerusalem. Nach der "Los Angeles Times" hatte Kelley geschrieben:

"Drei Männer, die drinnen gerade ihre Pizza aßen, wurden aus ihren Stühlen geschleudert. ... Als sie auf dem Boden aufschlugen, lösten sich ihre Köpfe von den Körpern und rollten die Straße herunter".


Der Autor habe behauptet, die Augen in den abgetrennten Köpfen hätten noch gezwinkert. Bei "US Today" indes ist unklar, wie Kelley den Zwischenfall überhaupt beobachtet haben will. Der Reporter habe etwa 30 Meter entfernt mit dem Rücken zur Pizzeria gestanden, als die Bombe hochging. Nach Behördenangaben sei außerdem bei dem Anschlag niemand geköpft worden.


Ehrenkodex im Journalismus

Die meisten Journalisten recherchieren professionell. Diese negativen Beispiele dürfen nicht dazu führen, Journalisten generell als "Manipulatoren" zu sehen. Schwarze Schafe gibt es in jeder Berufsgruppe.

Dank professioneller Ausbildung hat sich das Image der Journalisten wesentlich gebessert. Gute Journalisten halten sich an einen internen Ehrenkodex.




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