Rhetorik.ch


Knill+Knill Kommunikationsberatung

Knill.com

www.rhetorik.ch aktuell: (22. März 2003)

Einfluss der Medien im Krieg



Im Krieg versucht verständlicherweise jede Seite die Stimmung der Öffentlichkeit zu beeinflussen. Jede Partei bemüht sich, mit entsprechenden Bildern, die Meinung der Zuschauer zu lenken. Die Macht der Bilder ist und bleibt gross. Bilder entscheiden nicht nur in der Politik. Bilder haben in der Vergangenheit über den Verlauf von Kriegen mitentschieden oder beeinflusst. Durch entsprechende Bilder kann ein Volksmeinung umschlagen.

Filme und Bilder wie beim zweiten Golfkrieg veranschaulichen einmal mehr, wie dieser Kampf um Bilder geführt wird. (siehe unten). Es tobt ein Krieg um die passenden Fernsehbilder. Möglicherweise sind diese Bilder entscheidender als die Fernsehreden der Machthaber.

Journalisten versuchen uns klar zu machen, aus welchen Quellen die Bilder stammen. Viele Reporter erklären den Zuschauern, dass sie geführt werden.

Wir haben ein Zeichnung gesehen, auf der zwei Fernsehbildschirme gezeichnet sind. Aus einem Bildschirm spricht Bush und aus dem anderen Hussein. Beide haben auf der Zeichnung eine lügenlange Pinocchionase. Unter der Karikatur steht: "Gut, dass wir von beiden Seiten informiert sind."


Wollen wir uns in Kriegszeiten der Wahrheit nähern, genügt es nicht, wenn wir von beiden Seiten einseitig informiert werden. Kriegsbilder sollten gewiss eingeordnet werden können. Die Zuschauer müssten jedoch auch wissen, dass der Krieg andere Regeln kennt als die Demokratie. Es gilt, die Manipulation, die Propaganda und die Zensur sichtbar zu machen - auf beiden Seiten. Das geschieht zum Teil. Man weiss zum Beispiel, dass RTL Korrespondenten in Bagdad jeden Filmbeitrag erst dem irakischen Informationsministerium vorlegen müssen oder dass die den allierten Truppenteilen fest zugestellten "Embedded correspondents" zwar frei berichten dürften, sich aber an Regeln halten müssen: z.B. nicht über bevorstehende Aktionen zu berichten oder dass gefallene oder verwundete Soldaten nicht erkennbar sein dürfen.

Nach Jo Groebel, Medienpsychologe und Generaldirektor des europäischen Medieninstitutes ist es schwierig, Propaganda sichtbar zu machen.

Für Groebel ist auch entscheidend, was wir nicht sehen.


Die Videoclip-Aesthetik des Bombeninfernos baue Distanz auf, meint er. Es sei deshalb besonders schwierig, den Zuschauern bewusst zu machen, dass die aktuellen Fernsehbilder immer nur ein Teil der Wahrheit ist.


Der Literaturnobelpreisträger (1907) und Journalist Rudyard Kipling, sagte einmal

"Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit."


Das ist auch im aktuellen Golfkrieg nicht anders. Denn für die Militärstrategen sind Berichte vom Krieg nicht nur Journalismus, sondern auch Bestandteil der "psychologischen Kriegsführung". Die Bilder sind sorgfältig gefiltert.


Entscheidend sei vor allem die Auswahl der Aufnahmen d.h. das was wir nicht sehen, das was nicht gezeigt wird: Tote und Verletzte sehen wir beim jetzigen Krieg kaum. Tatsächlich:
Das Trommelfeuer auf Bagdad, mit dem Soundbitefähigen Namen "Shock and Awe" wirkte für viele wie eine Rheinfallbeleuchtung.


Fazit: Der Krieg ist immer der Feind der Wahrheit.
Die Auswahl der Information, nicht die Manipulation, kann entscheidend sein.

Stichwortartiges über die ersten Tage im zweiten Golfkrieg

  • Für einmal waren Musik und Sex nicht die Spitzenreiter in Suchmaschinen. Das Interesse am Krieg übertrifft die sonstigen Spitzenreiter.
  • Die Medien üben sich im Wettstreit um beste Bilder und Informationen.
  • Schon vor dem Krieg gingen die Newsorganisationen auf Krieg.
  • MSNBC lapsus: Eine Uhr mit dem Ultimatums countdown wurde nicht abgeschaltet. Um 8 Uhr zeigte sie "Null Stunden". Auch wurde das Logo beim Beginn des Kriegs nicht auf Rot geschaltet.
  • Eine Konsequenz aus dem Afghanistan Krieg, wo zur frühen US-Morgenstunde die Gegenseite regelmässig Meldungen unwidersprochen verbreiten konnten: die USA hat nun Infromationszentren in Washington, London und Pakistan.
  • NBC hatte die ersten Berichte vom Kriegsanfang.
  • Der Sender ABC wurde überrascht. Der Hauptkommentator war nicht im Studio. ABC hatte gedacht, dass der Krieg erst am Freitag beginnen würde.
  • Der konservative Sender Fox, die keinen Journalisten im Irak haben, nachdem Hussein diesen rausgeworfen hatte, liess Oliver North von Kuwait aus berichten. Dieser sprach von Gerüchten, dass Französische Konsulatsmitarbeiter den Irakern geholfen hätten, Beweise über Französiche Kooperation mit Chemischen Giftwaffen zu vernichten, eine Aussage, die sich aber bald als Ente erwies.
  • Das New York Times berichtet auch über die Berichterstattung im Weissen Haus: die Informationsverantwortlichen verabredeten danach am Morgen eine "Message" für den Tag. Diese Aussage würde dann vom Pressesprecher Flriescher von den Sountbitehungrigen Journlisten papageimässig wiederholt bis jene dann diese Information, in Ermangelung von anderen News auch bringen.
  • Im ersten Golfkrieg sandten 32 Nationen Truppen. Im zweiten Golfkrieg nur 3: USA, U.K. und Australien. Die USA betonte aber, dass 40 Staaten in der Koalition sind. Ein von Fleischer erfolgreich durchgebrachte Soundbite war die Formulierung "Die Koalition der Willigen".
  • Am Freitag, dem 21. März wurden auch CNN Reporter aus Bagdad ausgewiesen. Im ersten Golfkrieg war CNN mit Peter Arnett praktisch der einzige westliche Fernsehsender in Bagdad gewesen. Arnett berichtet inzwischen für MSNBC aus Bagdad.
  • Powell's Doktrin, die einen ersten starken Schlag verlangt, wurde in diesem Krieg nicht gebraucht. Statt dessen wurde am Anfang versucht, die Irakische Fürhung durch "Köpfen" ("Decapitation attack") auszuschalten.
  • Bei der Oskarfeierlichkeiten wird der Prominentnenauftritt mit dem roten Teppich gestrichen. Es wird vermutet, dass dadurch Impromptu Stellungsnahmen zum Krieg vermieden werden könen.
  • Der britische Rundfunksender BBC hatte sich bei Bush entschuldigt, weil die Anstalt gezeigt hatte wie Bush vor seiner Fernsehansprache, in der er den Beginn des Golfkriegs verkündete, geschminkt und frisiert wurde.
  • Nach Washingtonpost hatten einige Internetseiten, vor allem Militärseiten wie die www.marines.com ein mehrfaches an Besucher.
  • Ein Kameramann wurde bei einem Selbstmordanschlag getötet.
  • Der Krieg stimulierte die Börse. Die Investoren setzen offenbar auf ein baldiges Ende Husseins. Peter Luedke: "Ein Krieg ist beser für den Markt als die Unsicherheit der vergangenen Wochen". Auch der Ölpreis senkte sich.
  • Ein Kommentator meinte, dass im Fernsehen der Marsch auf Bagdad wie ein "Paris-Dakar Rennen" ausgesehen habe.
  • US General Franks korrigiert das Vokabular: die von der USA-gefürhten Truppen wollten Basra "befreien" nicht "errobern".
  • Die Internetseite von Aljazeera hielt zeitweise dem Besucherandrang nicht statt. Auch andere Seiten mit Alternativinhalt wie alter.net hatten Probleme. Die Hauptmedien CNN (9 Mio Besucher pro tag), the New York Times, USA Today, Wall Street Journal, Washington Post, ABC.com, MSNBC, and MSNBC konnten dem Andrang statthalten.


Der multimediale Krieg

Im Krieg, vor allem wenn die Information von beiden Parteien kontrolliert wird, müssen die Medien den Wissenshunger stillen. Hier ein paar Beispiele vom März 2003. Im Original wurde die Informationen jeweils mit Ton und Interaktivität "attraktiv" gemacht. Die meisten Bilder sprechen aber für sich.


Die 5 "S" bei der Aufgabe (CNN)

Suchen Sichern zum Schweigen bringen Segregrieren Schnell handeln

"Shock and Awe" (CNN)

Waffenausstellung (Spiegel)

Opfer (Washingtonpost und Aljazeera)

Feuerwerk (Washingtonpost und CNN)

Marsch nach Bagdad (Washingtonpost und CNN)

Abschuss durch Patriot Rakete (CNN)

Millionen von Flugblätter (CNN)

Kampfaufgabe und Statistik (CNN)

Flüchtlinge (CNN)

Schlagzeilen (US Medien)

Symbole (US Medien)

Interaktive Graphiken (US und Deutsche Medien)

Karten (US und Deutsche Medien)

Bagdad Satellitenbild (Washingtonpost)

Source: Space Imaging Middle East


Rhetorik.ch 1998-2012 © K-K Kommunikationsberatung Knill.com