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www.rhetorik.ch aktuell: (15. Mar. 2004)

Zur Informationspolitik beim Anschlag in Madrid



Terroristen wissen, wie mit wenig Aufwand katastrophaler Schaden anrichtet werden kann. Der Anschlag von Madrid zeigte einen neuen Level im Informationsverhalten der Terroristen: Durch Anschläge kann Politik gemacht werden und womöglich der Ausgang von Wahlen in westlichen Demokratien beeinflusst werden. Allerdings brauchte es in diesem Fall die Mithilfe der abtretenden spanischen Regierung, deren Informationspolitik zurückgefeuert hatte.




Nach dem grauenhaften Terroranschlag in Madrid vom 11. März suchten Spezialisten herauszufinden, wer die Drahtzieher sind. Eifrig wurde versucht, die Handschriften der Verbrecher zu entziffern. Während von der ETA zu vernehmen war, sie hätten mit der Tat nichts zu tun, stand die islamische Terrorgruppe Al-Qaida in einem umstrittenen Schreiben zur Tat.

  • Der Sprengstoff entspricht ETA Bomben.
  • Die Parallele zum Datum 11.3., die Ankündigung, die Professionalität, die Koordination der Explosionen (analog den Einschlägen in den Türmen).
  • Die Ausmasse des Blutbades sprechen für eine islamische Gruppe.
Für eine mögliche Täterschaft von Al-Qaida gibt es Indizien: Bei Madrid wurden in einem Auto Zünder und Kassetten mit Koran-Versen entdeckt. In London tauchte ein - wenngleich zweifelhaftes - Bekennerschreiben auf. Zudem ist Spanien seit Jahren ein beliebtes Rückzugsgebiet von Al-Qaida. Die "Köpfe" des 11. September hatten an der Costa Blanca die Anschläge in den USA abgesprochen.



"Die Anschläge in Madrid entsprechen nicht dem Modus, nach dem die ETA bisher vorgegangen war."


sagte Europol-Direktor Jürgen Storbeck laut "El Mundo".

"Wenn das Massaker wirklich ein Werk der ETA war, hätten wir es mit einer völlig neuen ETA zu tun",


sagte ein Ermittler. Die Zünder sind auch nicht typisch für die baskische Terrorgruppe.


Prof Dr. Albert Stahel, Dozent für strategische Studien (ETH), meinte, es spreche viele mehr für die Täterschaft Al Qaidas, obschon die spanische Regierung dies nicht gerne sehen will.

  1. Die Form des Anschlages (Brutalität - der Schlag gegen Unschuldige).
  2. Weil Spanien die USA im IRAK Krieg unterstützt hat England kann nicht so leicht infiltriert werden. Doch bestehe die gleiche Gefahr für Italien.
  3. Das Argument des Sprengstoffs sei für ihn kein Argument, das für die ETA spricht. Derselbe Sprengstoff könne auf dem Markt leicht bezogen werden. Früher habe man den in der Tschechei holen können.


Während an vielen Orten derjenige der über die Medien verfügt, der die Informationen steuern kann:
  • In Russland wurde Putin am letzen Wochenende problemlos "gewählt". Obschon immer wieder von echter Demokratie gesprochen wurde, liess Putin keine echten Wahlen zu. Die konkurrenzierenden Medien wurden kurzerhand eliminiert.
  • Auch in Italien gibt die Machtballung der Medien. Berlusconi verfügt über ein Medienimperium.
sahen wir nun ein Beispiel, wo diese Informationssteuerung zurückfeuerte: In Spanien hatte die die konservative Regierung nach dem Terroranschlag die Informationen zu steuern. Der Opposition gelang es aber - kurz vor den Wahlen - aufzuzeigen, dass der Bevölkerung wichtige Erkenntnisse vorbehalten wurden.

Die undurchsichtige Informationspolitik hatte Folgen: Sie hat bei der Abwahl der Regierung eine wesentliche Rolle gespielt.


Video - oder Audiotapes gehören seit dem 11. September auch zur medialen Strategie der Terroristen. Immer wieder melden sie sich mit martialischen Botschaften, nehmen neue Ziele ins Visier. Dabei lässt sich die Echtheit der Bänder selten wirklich nachprüfen. Im Oktober vergangenen Jahres ließ ein solches Band die Behörden in Europa und Amerika aufhorchen. Darin meldete sich ein angeblicher Sprecher der Al-Qaida und gab den neuen Kurs der Terroristen aus - eine Generalattacke auf die westliche Welt. Bei den Amerikanern drängt sich nach Madrid die Frage auf:

Wenn Terroristen Wahlen mit Bomben beeinflussen können - was wird das für den 2. November, den Tag der Präsidentenwahlen heissen?


Statt wie in der Vergangenheit nur der übermächtigen USA Verderben anzukündigen, gilt die Drohung auch Ländern, "die sich am Irak-Krieg beteiligt haben". Der Terror-Prophet auch Länder wie Spanien oder Australien, die sich aktiv an dem Feldzug des US-Präsidenten George W. Bush beteiligt hatten. Deutsche Geheimdienstler sprachen von einer neuen Qualität der Bedrohung. Heute wirkt die Drohung vom Oktober wie eine Ankündigung des blutigen Donnerstags in Madrid.

911 Tage nach dem 11. September 2001 passt sie in die Zahlenlogik der Terroristen.


Immer mehr Indizien weisen darauf hin, dass die Krieger des Terrorfürsten Osama Bin Laden mitten in Europa zugeschlagen haben. Der Terror der Gotteskrieger richtet sich Länder, in denen sich die Menschen bisher sicher gefühlt hatten.


Nachtrag 17. März: Die Indizien verdichten sich, dass die weggewählte Spanische Regierung versucht hatte, die Presse zu manipulieren.

José María Aznar
In Spanien sind weitere Einzelheiten der Informationspolitik von Ministerpräsident Aznar offengelegt worden. Nach den Anschlägen von Madrid versuchte die Regierung mit gezielten Telefonanrufen die Berichterstattung zu beeinflussen. Von höchster Stelle wurde Journalisten mitgeteilt, dass die Eta hinter den Terrorattacken stecke.

"Es war die ETA. Haben sie daran nicht den geringsten Zweifel". Der Foreign Press Club erklärte am Dienstag in Madrid, mehrere ausländische Journalisten seien von ranghohen Regierungsmitarbeitern angerufen worden. Dabei habe man ihnen die baskische Separatistenorganisation ETA als Täterin der Bombenanschläge ans Herz gelegt.
Luis Rodríguez Zapatero


Der Leiter des Presseclubs für ausländische Journalisten, Steven Adolf, teilte mit, bei Korrespondenten seien Anrufe aus dem Büro von Ministerpräsident José Maria Aznar eingegangen - "mit der ausdrücklichen Bitte, in unseren Berichten und Sendungen darauf hinzuweisen, dass die ETA die Urheber der Madrider Anschläge sei. Einige Telefonate seien sogar noch geführt worden, nachdem bereits ein verdächtiger Lieferwagen mit einer auf arabisch besprochenen Kassette gefunden war.

Der Herausgeber der Zeitung "El Periodico" behauptet ebenfalls eine versuchte Einflussnahme der Regierung auf Reporter. Er sei sei von Aznar persönlich angerufen worden, als die Zeitung eine Sonderausgabe zu den Anschlägen vorbereitete. In dieser Ausgabe wurde die Eta für die Taten verantwortlich gemacht. Dies gehe auf eine Aussage Aznars zurück, so Franco. Der Ministerpräsident habe ihm wörtlich gesagt: "Es war die ETA. Haben sie daran nicht den geringsten Zweifel."

Die Manipulation war verständlich: Denn eine vermutete Beteiligung islamischer Extremisten hätte bei der Wahl geschadet. Aznar hatte sich gegen den Widerstand eines Großteils der Bevölkerung am Irak-Krieg beteiligt; viele sahen in den Anschlägen einen Racheakt für die Irak-Politik des Regierungschefs.

Die Spanier erkannten die Manipulationen und stimmten bei der Parlamentswahl für einen Regierungswechsel.




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