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www.rhetorik.ch aktuell: (4. März 2003)

Journalisten trainieren für den Krieg


Als Vorbereitung für einen zweiten Golfkrieg übt nicht nur das Militär. Auch Journalisten bereiten sich auf die Berichterstattung vor. Weil Medien sich in früheren Konflikten (wie Vietnam) als kriegsentscheindend erwiesen haben, sind in früheren Konflikten (wie Golfkrieg, Afghanistan) Berichterstattungen gesteuert worden. Und auch in einem möglichen Golfkrieg II gibt es Anzeichen für eine geplante Kontrolle, wer was veröffentlichen darf.

Kriegsentscheindende Medien

Journalisten des amerikanischen Senders CBS waren es, die während des Vietnamkrieges die Gemüter in der Heimat erregt hatten. Ein GI hält sein Feuerzeug an die Strohhütte, während Familien weinend flüchten. Es wird behauptet, dass es vor allem solche Medienberichte und Bilder waren, die zu einem Meinungsumschwung in den Staaten geführt hatten.

Steuerung der Information

Im Jahre 1991, während des ersten Golfkriegs war CNN Reporter Peter Arnett in Bagdad, als der Krieg begann. Die US Armee hatte nach dem Medienfiasko in Vietnam die Konsequenzen gezogen und ihre Informationen strenger geführt. Obwohl der Konkurrenzkampf unter den Reportern enorm war, gelang es, die Medien zu lenken.
Ein Kameramann, der damals an der Front des ersten Golfkrieges arbeitete und voraussichtlich auch in einem neuen Golfkrieg mit dabei sein würde, erzählte uns, dass die militärische Führung mit einer einfachen Methode steuern konnte, woher informiert werden sollte. Da ohne Satellitenübermittlungsschüssel kein Sender zeitgerecht Bilder übermitteln konnte, wurde einfach bestimmt, wo die "Schüsseln" stationiert werden durften. An diesen Orten hielten sich die Journalisten dann zwangsläufig auf. Kommt es zum prognostizierten zweiten Golfkrieg, werden dank des medialen Zeitalters 500 Reporter an der Front zugelassen. Wird es ähnliche Bilder geben wie 1991? Wird die Kanalisierung der Information wieder gelingen? Die satellitengestützte Videotelefonie-Technologie hat inzwischen weitere Fortschritte gemacht und die "Schlachtfeld-TV" der US-Militärs kann heute in einem Koffer transportiert werden.

Bessere Technik für Kriegsreporter

Die technischen Voraussetzungen für eine haut- und zeitnahe Berichterstattung sind noch nie so gut gewesen, wie heute. Die Journalisten sind heute bestens ausgerüstet:
  • Video-Telefone
  • Nachtsichtgeräte
  • Splitterschutzwesten
  • Winzige "Lippenstift-Kameras"
  • Gepanzerte Geländewagen
  • Blankoschecks für Sonderausgaben
  • Grosszügigen Pensionsregelung für hinterbliebene Angehörige.

Training für Frontberichterstatter

Neu ist, dass als Voraussetzung für die Zulassung im Fronteinsatz von den Journalisten ein Training in wochenlangen Manövern mit US-Soldaten verlangt wird. Die Journalisten müssen zum Beispiel stundenlang unter "Beschuss" durch Schlamm kriechen. Sie üben das Anlegen des Schutzanzuges gegen ABC Kampfstoffe zusammen mit den Soldaten. Ohne dieses Training darf kein Journalist die Truppe durch die kuweitische Wüste begleiten. Die gemeldeten Berichterstatter akzeptierten den Vorkurs, denn sie wollten vom Umdenken der Militärs profitieren. Die Medienvertreter hatten nach 1991 und während des Afghanistaneinsatzes im Herbst 2001 über Zensur und Abschottung geklagt.
Quelle: Übersetzt von Doonesbury: Dieser Strip

Autorisierung nötig

Es ist fraglich, ob mit "eingebetteten Frontberichterstattern" (ein von Rumsfeld geprägter Begriff) die Bilder auch unzensuriert mit allem Kriegsleid, Toten und Verletzten übermittelt werden dürfen. In den Richtlinien der Berichterstattung heisst es ausdrücklich, dass Informationen über laufende Aktionen so lange nicht freigegeben werden dürfen, "bis sie von den Kommandanten vor Ort autorisiert worden sind". Das Pentagon behält sich also Zensur vor.
Erfahrende Journalisten warnen vor übertriebenen Erwartungen einer objektiven Berichterstattung. Dan Rather vom Sender CBS meint beispielsweise: "Es verläuft nur eine sehr dünne Linie zwischen 'eingebettet' und 'einbalsamiert'".

Psychologische und elektronische Kriegsführung

In den letzten Wochen hätten sich in Zeitungen Berichte über "Cyberwar"-Vorbereitungen im Irak gehäufft. In der elektronischen und psychlogische Kriegsführung würden EMP Bomben, Einsatz von Computerviren, Hacks von irakischen DNS Servern, Falsch-SMS-Meldungen, etc eingesetzt. Ein Experte warnte aber vor kurzem in CNN:

"Eines ist aber sicher: Leute, die diese Programme wirklich kennen, können nichts darüber sagen".


Flugblätter
Bis Ende Februar wurden bereits mehr als acht Millionen Flugblätter über dem Irak abgeworfen. Die irakischen Soldaten wurden gewarnt, Raketen auf allierte Flugzeuge zu schiessen. Sonst würden ihre Bunker sofort zerstört. Gerichtet an die Bodentruppen war auf anderen Blättern zu lesen: "Ergebt Euch und ihr werdet leben."
Radiosender in Flugzeugen
EC-130E Spezialflugzeuge werden als fliegende Sender Programme in arabischer Sprache ausstrahlen, die eine perfekte Nachahmung des beliebten irakischen Kanals "Voice of the Youth" (Stimme der Jugend) sind. Dieser Kanal gehört dem Sohn Hussein's, Udai. Eingestreut in irakische Folklore sind Botschaften and die Irakis: "Lasse nicht weiter das Ansehen der Soldaten beschmutzen. Saddam benutzt Soldaten, um jene zu verfolgen, die sein Unrechtsregime nicht mittragen. Entscheide dich!"
Gratis Radios und Fernseher
Schon in Afghanistan hatten die Amerikaner mit Erfolg Radios und Fernseher verteilt, um auf der Frequenz der Taliban die Bevölkerung beeinflussen zu können.
Email Propaganda
Email-Angriffe auf Iraks politische, militärische und Wirtschaftsführung sind neuere Mittel der elektronischen Kriegsführung. Seit längerer Zeit werden Saddams Generäle mit E-Mails bombadiert. Nachtrag 6. März: Nach einem "Salon" Artikel würde bei einem Kriegsbeginn das Internet im Irak als erstes ausgehebelt.
Hacken von Computern
Die USA sollten in der Lage sein, in Computernetze der feindlichen Luftabwehr eindringen und auf deren Bildschirmen mitlesen zu können. Spezialflugzeuge (Boeing 707 vom Typ RC-135 "Rivet Joint") sind mit Spionagesatelliten verbunden. Sie sind mit modernster Elektronik bestückt. Es wird auch erwartet, dass Computerviren eingesetzt werden.
Abhören von Information
Horchposten, Geheimdienstler und Spezialisten der elektronischen Kriegsführung sammeln in Gruppen Informationen, werten sie aus und leiten sie weiter. Eigene Linguisten und Kryptologen fangen Botschaften auf, dechiffrieren, übersetzen, verschlüsseln sie und legen die generische Abwehr durch Falschinformationen lahm. Es wird erwartet, dass Hacker in die irakischen Computernetze eindringen werden.

Links



Nachtrag vom 8. April. Wärend im ersten Golfkrieg vom Jahre 1991 kein Journalist während des Konflikts das Leben verloren hatte, starben in den ersten 21 Tagen des 2. Golfkriegs 11 Journalisten. Alleine am 8. April starben drei Journalisten während Bombardierungen in Bagdad.


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