Teamarbeit
hat viele Vorteile.
Die Fähigkeiten der einzelnen Mitglieder können
in einem Team besser genutzt werden. Deshalb stimmt die Teamformel: 1+1=3.
Leider können kriminelle Gruppen den Synergieeffekt
der Teamarbeit ebenfalls nutzen. Hier kann das gruppendynamische
Phänomen, das die Verantwortung die Gruppe delegiert,
fatal sein:
Am 17. Mai 2003 schlug in Bern eine Gruppe von 17 Jugendlichen
einen 40 jährigen Mann brutal nieder, raubte ihn aus und
prügelte sogar noch weiter auf ihn los, als er bewegungslos
am Boden lag. Das Opfer wurde lebensgefährlich verletzt
und liegt immer noch im Komma.
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Nach dieser brutalen Tat analysierten und kommentierten die Medien - wie
üblich- auch dieses Verbrechen eines kriminellen "Teams".
Psychiater, Psychologen, Soziologen mussten als Experten Ihre Meinung
kundtun. Die Öffentlichkeit wünschte verständlicherweise
sofort Erklärungen auf die Frage: Wie kann es überhaupt zu so
einer Tat kommen? Wie bei anderen
unverständlichen Vorkommnissen
suchten Fachleute denkbare Motive und Begründungen.
Uns überzeugte ein Radiointerview mit Josef Sachs
dem Leiter des internen psychiatrischen Dienstes des Kantons Aargau:
Auch in Bern waren es keine frustrierten oder notleidenden Arbeitlosen,
die den Raub ausgeführt hatten. Die Aussagen der Täter zeigten,
dass die Jugendlichen sich vor allem dem Gruppendruck gebeugt hatten.
Langeweile war im Spiel.
Bei vielen Gewalttaten spielt das Gruppenphänomen eine zentrale Rolle.
Oft sind es gar keine politischen Gründe, die zum Dreinschlagen und
Randalieren führen.
Ähnlich wie bei Fussballveranstaltungen oder bei den traditionellen
Schlägereien in Grossstädten
führt Langeweile zu den unverständlichsten kriminellen
Handlungen. Es besteht zum Teil eine jahrelange Tradition
zu Gewalttaten. Am 1. Mai wurden seit fast 20 Jahren Scheiben
eingeschlagen.
Doch gibt es auch Aktionen ausserhalb der offiziellen Kravalltage.
Beim Berner Verbrechen ging es eher um eine langfristige Planung.
Die Idee eines Einzelnen wird im "Team" diskutiert und gedanklich
ausgestaltet, bis die Vorstellung zur Tat reift. Die Ausführung ist dann nur
noch die Wiederholung der mehrfach mental verarbeiteten Handlung.
Bei der Realisierung fühlt sich der Einzelne gar nicht mehr
verantwortlich. Denn die Gruppe hat die Verantwortung übernommen
und der Einzelne fühlt sich entlastet.
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Unter dem Einfluss des Gruppendrucks ist die Hemmschwelle zu einer
schrecklichen Tat tiefer. Wer nach derartigen Verbrechen mit
Beteiligten sprechen kann, stellt fest, dass im Einzelgespräch
Gewalttäter vielfach sympathische, einsichtige Menschen sind.
Während der brutalen unverständlichen Handlung - (obschon eine Person
regungslos am Boden liegt, wird ihr rücksichtslos ins Gesicht getreten und
weiter auf sie eingeprügelt) - sind sich die Schläger der eigenen Tat
erstaunlicherweise völlig bewusst. Doch sie empfinden kaum etwas dabei. Sie
handeln "cool", gleichsam gefühlskalt und abgestumpft.
Drogen- oder Alkoholkonsum ist in seltenen Fällen der Grund dieser
Empfindungsschwäche. Der Gruppendruck verstärkt den Druck zur
Ausführung der Tat.
Die Sicherung brennt dann durch, wenn die Einbindung in die Gesellschaft
geschwächt ist. Nach Josef Sachs nimmt unsere Umwelt die Gewalt
generell weniger wahr. Damit brennt bei Jugendlichen die
Sicherung heute rascher durch. Intakte Familienstrukturen,
ein gefestigtes soziales Umfeld, könnten extreme Auswüchse dämpfen.
Hier würden die erforderlichen Sicherungssysteme erworben.
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Quelle: Sonntagszeitung vom 22. Juni, 2003
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Die Gesellschaft hat bei der Vorbeugung eine Verpflichtung. Statistiken suggerieren, dass
in westlichen Ländern die Jugendgewalt von 1980-1998 zugenommen hat, vor allem
bei 12-14 Jährigen. Die Täter seien jünger
geworden. Erpressungen, Drohungen und Nötigungen seien bereits bei
Primarschülern an der Tagessordnung.
Bei körperlicher Gewalt dominiere eindeutig das männliche Geschlecht.
Das Gewaltproblem könne nicht allein dem hohen Ausländeranteil
zugeschrieben werden, bei Banden und Gruppengewalttaten sei ein höheren
Ausländeranteil festgestellt worden. Dank Befragungen von
Jugendlichen durch Soziologen und durch
Kriminalstatistik
weiss man, wie die Delikte von 1980-1998 stark zugenommen haben. Leider fehlen uns neuere
Daten von den letzten 5 Jahren. Kritiker behaupten, dass die Statistiken durch eine
erhöhte Anzeigebereitschaft verfälscht sind
(
zum Beispiel vom kriminologischen Forschungsinstitut in Hannover).
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Unabhängig von der Problematik der Statistiken bleibt die Frage:
Wie kann der Gewaltentwicklung begegnet werden?
- Nicht wegschauen.
- Der Dialog "Erwachsenenwelt und Jugendliche" darf nicht abgebrochen werden.
- Lehrpersonen und Eltern müssen Signale und Zeichen setzen.
- Willkürliche Gewalt muss geächtet und bestraft werden.
- Jugendliche brauchen Vorbilder, Bezugspersonen, die sich mit ihnen auseinandersetzen.
- Staatliche Betreuungsstationen sind kein Familienersatz.
- Einen Sündenbock bezeichnen und hernach nichts mehr tun, bringt nicht viel.
Alle können etwas zu Problematik beitragen: Eltern. Erzieher, Politiker,
Medienschaffende. Aber auch die Jugendlichen selbst.
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Der Umgang mit Gewalt ist erlernbar, auch verbal:
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