Rhetorik.ch


Knill+Knill Kommunikationsberatung

Knill.com

www.rhetorik.ch aktuell: (7. Mai, 2004)

Zu spätes "Mea Culpa"



Links zum Thema:

Nach dem Präsidenten hat sich auch noch der Verteidigungsminister für die Folterungen von Irakischen Gefangenenen entschuldigt.

Wir haben den Auftritt am Bildschirm mitverfolgt. Der alte Fuchs und der sonst mit allen Wassern gewaschene Verteidigungsminister wirkte noch nie so unsicher und nervös. (Spiel mit den Fingern - Augenspiel - Mimik)

Die "Fingernägelrhetorik" verriet uns deutlich, dass etwas nicht stimmen kann. Dies war gewiss einer der fragwürdigsten Auftritte der sonst so routinierten und auch in Stress-Situationen souverän wirkenden Persönlichkeit. Nicht nur die Anwesenheit von Demonstranten im Saal waren belastend für den Referenten. Rumsfeld musste sich bewusst gewesen sein: "Ich stehe jetzt im Regen." Von den Folterungen hatte er Kenntnis und nichts gesagt.


Es besteht immer noch die Gefahr, dass ihn der Präsident demnächst wie eine heisse Kartoffel fallen lässt - wenn es darum geht, seine eigene Haut zu retten. Ob aber ein Ersatz durch den zweiten im Kommando Paul Wolfowitz (einer der Hauptarchitekted des Irakfeldzuges) genug Druck wegnehmen würde, ist auch fraglich.




Rumsfeld stand unter enormen Druck. Der Spiegel:

"Für Rumsfeld war klar, dass er sich entschuldigen musste, dass er keinen Fehler machen durfte. Genauso tat er es dann auch. Keiner seiner sonst linkischen Grinser huschte über sein Gesicht, die Augen lagen ungewohnt weit geöffnet hinter der randlosen Brille. Statt wie sonst weitläufige Gesten zu machen, auf die Geprächspartner mit dem Finger zu zeigen, sass der Mann vor den Senatspolitikern wie auf dem Büsserstuhl. Die Hände lagen meist halb gefaltet auf dem Tisch und die Antworten brauchten stets eine Weile, bis er sie zwischen seinen Lippen hindurchgepresst hatte."


Uns überzeugte die Entschuldigung nicht. Sie kam zu spät. Es wurden auch keine konkreten Massnahmen angekündigt, damit solche Sachen nicht mehr passieren können.

Indirekt deutete Rumsfeld an, dass es noch weitere Bilder und Videos gebe, die brutale Übergriffe und sadistische Methoden zeigten, die die bisher gesehen noch überträfen.

Diese noch nicht veröffentliche Bilder könnten, falls veröffentlicht, das Fass noch zum Überlaufen bringen.
Nachtrag vom 10. Mai, 2004: Neue Bilder und Entschuldigung von Blair: Neue Bilder kamen, unter anderem eine Szene mit einem Schäferhund, der auf ein Häftling losgelassen wird. Während Bush immer noch hinter seinem Verteidigungsminister steht: "der mache ausgezeichnete Arbeit", hat Blair sich auch entschuldigt. Im Französischen Fernsehen sagte er: "Wir machen es absolut klar, dass wir uns zu tiefst vor jederman entschuldigen, der von unseren Truppen misshandelt worden ist".

Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation "Amnesty International" war Blair seit einem Jahr über die Übergriffe informiert. Verteidigungsminister Geoff Hoon muss heute vor dem britischen Unterhaus zu den Vorwürfen Stellung nehmen.

Lord David Puttnam, Sozialdemokrat und ein persönlicher Freund des Premiers, forderte am Wochenende Blairs Rücktritt. Die Labour-Partei könnte beschädigt werden, sollte Blair weiter im Amt bleiben. "Der Premierminister wird gedanklich mit dem Irak verknüpft, und aus dem Irak werden nur schlechte Nachrichten kommen", sagte Puttnam. "Wenn ich er wäre, würde ich vor den parlamentarischen Sommerferien gehen."

Bush hat am Montag, dem 10. Mai klassifizierte, nicht veröffentlichte Bilder von Misshandlungen im Irak gesehen.


Rhetorik.ch 1998-2012 © K-K Kommunikationsberatung Knill.com