Rhetorik.ch


Knill+Knill Kommunikationsberatung

Knill.com

www.rhetorik.ch aktuell: (17. Juni 2002)


Emotionspublizistik


Bunte Magazin Die Reporter der Klatsch Illustrierten "BUNTE" geben sich manchmal auch als Politkommentatoren. So kommentiert der Starreporter Paul Sahner (der "König des Klatsches) seit Monaten den "Buntes-Kanzler":
  • Schröders Auftritte mit Brioni - Anzug und Havanna Zigarre
  • Die Bunte entpolitisierte die Politik mit den "haarigen" Geschichten des Bundeskanzlers.
Rudolph Scharping Gregor Gysi Die Frage ist berechtigt: Trugen die Pool-Fotos des Verteidigungsministers Rudolph Scharping der Emotionspublizistik nicht damals auch zur heraufbeschworenen Regierungskrise in Deutschland bei?
Früher gaben die Mächtigen weniger her, wenn es um Persönliches und um Emotionen ging. Sie führten eiserne Ehen, fuhren einmal im Jahr an den Wolfgangsee und liessen sich dort höchstens auf einer Alpweide ablichten.
Heute ist der Unterhaltungswert der Politiker sprunghaft angestiegen. Selbst der der ehemalige PDS Politiker Gregor Gysi konnte nicht auf den teuren Schneider verzichten, um mediengerecht zu erscheinen. Der Emotionsjournalismus floriert. Viele Pressetitel und mehr als ein Dutzend TV Magazine konzentrieren sich vor allem auf gesellschaftliche "In und Outs".
Boris Becker Georg Frank Journalisten interessieren sich für das Handgepäck von Boris Becker. Die neue Medienkultur der Emotionspublizistik funktioniert. Georg Franck bringt es im Buch "Die Ökonomie der Aufmerksamkeit" auf den Punkt: Nicht Geld und sozialer Status ist entscheidend, sondern in erster Linie die Aufmerksamkeit! Medienpräsenz ist alles. Ruhm ist viel wichtiger als Macht und Reichtum. Wer von den Medien ausgeklammert bleibt, wird für viele zur Nicht-Person. Mediengeilheit kann die Folge sein.
Robin Dunbar Die Emotionspublizistik setzt neue Leitplanken. Nach Robin Dunbar ist Klatsch ein Teil des menschlichen Primärinstinktes. Wer diesen Instinkt zu berücksichtigen weiss, der hat Erfolg. Die Auflage der "BUNTE" stieg innerhalb 5 Jahren um satte 26%!
Aufschlussreich sind die Interviewmethoden der Emotions-Journalisten. Es ist eine Mischung von Inquisition und Psychoanalyse. Es dominieren Bereiche von Sex bis zu Glaubensfragen.
Erzählt beispielsweise ein Politiker, er dusche am Morgen, so fragt der Emotions-Journalist:

"Allein?"

In der Emotionspublizistik sind alle Fragen erlaubt. auch Provokationen oder unfaire Dialektik. So kann ein Journalist mitten in einem Gespräch fragen:

"Wann hatten Sie das letzte Mal Sex?"
oder
"Wann haben Sie das letzte Mal gebetet?"
Erstaunlich ist für uns, wie weit Politiker gehen, wenn sie mit einem Emotionsjournalisten konfrontiert werden.
Wir haben einen Dreisterngeneral erlebt, der beinahe dazu gebracht werden konnte, in ein Kaserne in der Massenunterkunft sich auf einer Pritsche für einen Klatschjournalisten in lächerlicher Pose ablichten zu lassen.
Kaspar Villiger Samuel Schmid Selbst Bundesrat Kaspar Villinger setzte sich für die Illustrierte 1993 hinter dem damaligen Bundeshauskorrespondenten auf eine Harley-Davidson. Dieser bekannte Schnappschuss wird heute bei der Schulung von Journalisten gerne ausgegraben, um der Frage nachzugehen, wie weit ein Magistrat gehen darf, um seine Volksverbundenheit zu demonstrieren.
Den Drang des Selbstdarstellungstriebes können viele Promis kaum stoppen. Die Klatschpresse hält sich Politiker so, wie sich andere Leute Zierfische halten. Es wird erwartet, dass sie von allen Seiten betrachtet werden können. Ob es alle Leser interessiert, dass Bundesrat Samuel Schmid zu Hause Pantoffeln trägt?
Homestorys sind angeblich gefragt. z.B.
  • Bundesrätin Ruth Metzler als Bilderkäuferin in Paris.
  • Guido Westerwelle im Big-Brother Container.
  • Gerhard Schröder in der Lindenstrasse.
  • Bundesrat Moritz Leuenberger in einem Werbespot der SBB.
Wir sind gewiss nicht der Meinung, dass prominente Persönlichkeiten nichts von sich preisgeben dürften. Wesentlich ist, das Recht, Grenzen zu setzen und die persönlich abgesteckten Grenzenauch konsequent einzuhalten.

Wir haben mehr als einmal erlebt, dass uns eine bekannte Persönlichkeit Grenzen bekannt gegeben hat, um nachher doch nachzugeben. Jemand sagte uns beispielsweise:
"Ich lasse keine Journalisten in meine Privatwohnung."


Die betreffende Person führte jedoch nach wenigen Wochen ein Gespräch mit einer Journalistin auf dem Sofa des eigenen Wohnzimmers. Der Dialog wurde im Fernsehen ausgestrahlt.
Fazit: Wer die Spielregeln im Umgang mit Medien nicht kennt- wer nicht Nein sagen kann, kann leicht zum Opfer der Emotionspublizistik werden. Ein Einzelcoaching (im Mediensimulator) lohnt sich, um die Spielregeln der Emotions-Journalisten konkret kennenzulernen. K+K kann Ihnen dabei behilflich sein.
Rhetorik.ch 1998-2012 © K-K Kommunikationsberatung Knill.com