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www.rhetorik.ch aktuell: (30. Juli, 2004)

Rhetorik an der US Demokratischen Delegiertenversammlung



Der Kongress der Demokraten (Democratic National Convention DNC) in Boston war aus Rhetorischer Hinsicht interessant. Der von den Demokraten nun neu gekürte Kandidat John Kerry hatte nicht den besten Auftritt aller Keynote Redner. Fast alle Kommentatoren waren sich einig, dass die Clintons wie auch Sharpton und Obama dem demokratischen Präsidentenkandidaten etwas die Show gestohlen haben. Auffällig bei den vielen Reden sind die dringlichen repetitiven Rhetorikfiguren (in der Form einer Anaphern oder oder Anadiplosis).


Einige Redner und ihre Reden

John Kerry Theresa Kerry John Edwards Hillary Clinton Bill Clinton
Jimmy Carter Al Gore Barack Obama Al Sharpton Howard Dean




Zu Kerry's Auftritt

Now, I know there that are those who criticize me for seeing complexities -- and I do -- because some issues just aren't all that simple. Saying there are weapons of mass destruction in Iraq doesn't make it so. Saying we can fight a war on the cheap doesn't make it so. And proclaiming "Mission accomplished" certainly doesn't make it so. Es gibt Leute, die mich kritisieren, weil ich komplexe Zusammenhänge sehe. -- ich sehe sie -- weil einige Dinge nicht so einfach sind. Zu sagen, dass es Massenvernichtungswaffen im Irak gibt, macht dies noch nicht zur Tagsache. Zu sagen, dass man einen Krieg billig führen kann, macht dies noch keine Tatsache keine Tatsache. Und zu behaupten, das die Mission beendet ist, macht dies noch keine Tatsache.
You've heard a lot of false charges about this in recent months. So let me say straight out what I will do as president: I will cut middle-class taxes. I will reduce the tax burden on small business. And I will roll back the tax cuts for the wealthiest individuals who make over $200,000 a year, so we can invest in health care, education and job creation. Ihr habt viele falsche Behauptungen darüber in den letzten Monaten gehört. So lasst mich ganz klar sagen, was ich als Präsident machen werde: Ich werde die Steuern der Mittelklasse verringern. Ich werde die Steuerbürde für kleinere Unternehmen verringern. Und ich werde die Steuererleichterungen für die reichsten Individuen rückgängig machen, die über 200'000 Dollar pro Jahr verdienen, so dass wir ins Gesundheitswesen, Bildung und Arbeitsplätze investieren können.


Kerry könnte sich noch etwas besser verkaufen. Er wirkt oft steif und hölzern. Es fehlt ihm bei wichtigen Aussagen die Ausdruckstärke. So sagte er den Satz: "Wir werden Bush ablösen!" ohne Druck - die eine Hand hält das Mikrofon krampfhaft vor das Gesicht und die andere Hand hängt während der ganzen Botschaft lahm hinrunter. Das Lächeln wirkt aufgesetzt und antrainiert. Kerry ist ein mimischer Minimalist. Seinem Körper fehlt das Energieversprechen.

Kerry muss noch Einiges aufholen. Die breite Masse wünscht einen ehrlichen Kandidaten, auf den man sich verlassen kann, der atmet, der eine natürliche Ausstrahlung hat. Noch hat er den Vorteil, nicht Bush zu sein. Das allein genügt nicht. Ob er seine Zurückhaltung noch ablegen kann und an Stelle des künstliche Lächeln die Bevölkerung mit einem herzlichen echten Lachen gewinnen kann?

Ein Kommentator meinte, das man Kerry das Dilemma ansieht, einerseits als hart genug zu erscheinen, als Oberbefehlshaber den Krieg gegen den Terrorismus weiterzuführen, dass er andererseits aber auch Wärme und Herzlichkeit ausstrahlen muss.

Kommentatoren bemägelten klare Aussagen, zum Beispiel zum Irak oder zur Wirtschaft. Kerrys Aussage in einem früheren Interview zu einem Irak Kredit:

"Ich habe gegen die 87 Milliarden gestimmt, bevor ich dafür gestimmt habe."


wird im Moment von Bush in seinen Reden und in Fernsehspots wieder und wieder gebracht, um die Wankelmütigkeit Kerrys zu betonen. Eine Formulierung Kerrys

"I don't want to claim that God is on our side. As Abraham Lincoln told us, 'I want to pray humbly that we are on God's side.' " "Ich will nicht behaupten, dass Gott auf unserer Seite ist. Wie Abraham Lincoln uns schon gesagt hat: 'Ich will bescheiden dafür beten, dass wir auf Gottes Seite sind' "


kam bei den Zuhörern gut an (die Washingtonpost hatte die Reden mit Dutzenden von untentschiedenen Wählern angeschaut, um die Reaktionen zu sehen).


Zu Sharpton's Auftritt

Al Sharpton, ein schwarzer Priester, war ursprüglich auch als Präsidentschaftskandidat angetretet, war aber chancenlos. Seine Rede war eindeutig die temparementvollste Rede des Konvents.

That's where the argument, to this day, of reparations starts. We never got the 40 acres. We went all the way to Herbert Hoover, and we never got the 40 acres. We didn't get the mule. So we decided we'd ride this donkey as far as it would take us. Es ist dort, wo die Kontroverse um die Wiedergutmachung beginnt. Wir kriegten nie die 40 Acres [1 acre =4047 m2]. Wir wartetet bis zu Herbert Hoover (US Präsident 1929-1933), und wir kriegen nie die 40 Acres. Wir kriegten nie den Maulesel. Desshalb haben wir entschlossen, diesen Esel so weit zu reiten, wie er uns trägt.


Mr. President, you said would we have more leverage if both parties got our votes, but we didn't come this far playing political games. It was those that earned our vote that got our vote. We got the Civil Rights Act under a Democrat. We got the Voting Rights Act under a Democrat. We got the right to organize under Democrats. Herr Präsident, Sie sagten, wir hätten mehr Kraft, wenn beide Parteien unsere Stimmen kriegten, aber wir kamen nicht so weit mit dem Spielen von Politischen Spiele. Es waren die, die unsere Stimme verdienten, die unsere Stimme kriegten. Wir haben den Civil Rights Act under einem Demokraten gekriegt. Wir haben den Voting Rights Act unter einem Demokraten gewonnen. Wir haben das Recht uns zu organisieren unter Demokraten gekriegt.


Mr. President, we love America, not because all of us have seen the beauty all the time. But we believed if we kept on working, if we kept on marching, if we kept on voting, if we kept on believing, we would make America beautiful for everybody. Starting in November, let's make America beautiful again. Thank you. And God bless you. Herr Präsident, wir lieben Amerika, nicht weil wir alle immer dessen Schönheit gesehen haben. Sondern weil wir glauben, dass falls wir weiter daran arbeiten, falls wir weiter dafür marschieren, falls wir weiter dafür wählen, und falls wir weiter daran glauben, wir Amerika für alle schön machen könnten. Lasst uns im kommenden November Amerika wieder schön machen. Danke, und dass Euch Gott beschütze.




Zu Obama's Auftritt

Barack Obama wurde schon vor der Veranstaltung als kommender Star angekündigt. Obama bewirbt sich für einen Sitz im Kongress. Dass er eine Rede halten durfte zeigt, dass viele Hoffnungen auf ihm ruhen.

There's not a black America and white America and Latino America and Asian America; there's the United States of America. The pundits, the pundits like to slice and dice our country into red States and blue States: red states for Republicans, blue States for Democrats. But I've got news for them, too. We worship an awesome God in the blue states, and we don't like federal agents poking around our libraries in the red states. Es gibt kein schwarzes Amerika und weisses Amerika und Lateinamerikanisches Amerika und Asiatisches Amerika, es gibt die Vereinigten Staaten von Amerika. Die Statistiker lieben es, das Land in rote Staaten und blaue Staaten aufzuschneiden und aufzuteilen: rote Saaten für die Republikaner und blaue Staaten für die Demokraten. Aber wir haben auch für diese Neuigkeiten: wir dienen einem allmächtigen Gott auch in den blauen Staaten, und wir wollen keine Staaspolizei in unseren Bibliotheken in den roten Staaten.
We coach little league in the blue states and, yes, we've got some gay friends in the red states. There are patriots who opposed the war in Iraq, and there are patriots who supported the war in Iraq. We are one people, all of us pledging allegiance to the stars and stripes, all of us defending the United States of America. Wir trainieren Kindersportclubs in den blauen Staaten und ja, wir haben auch einige schwule Freunde in den roten Staaten. Es gibt Patrioten, die gegen den Krieg im Irak waren und es gibt Patrioten, die den Krieg im Irak befürwortet haben. Wir sind ein Volk, alle von uns haben den Bund mit der Flagge geschworen, und alle von uns verteidigen die Vereinigten Staaten von Amerika.
America, tonight, if you feel the same energy that I do, if you feel the same urgency that I do, if you feel the same passion that I do, if you feel the same hopefulness that I do, if we do what we must do, then I have no doubt that all across the country, from Florida to Oregon, from Washington to Maine, the people will rise up in November, and John Kerry will be sworn in as president. And John Edwards will be sworn in as vice president. And this country will reclaim it's promise. And out of this long political darkness a brighter day will come. Amerikaner. Falls ihr die selbe Energie spürt, die ich spüre, falls ihr die selbe Passion spürt, die ich spüre, falls ihr die selbe Hoffnung spürt, die ich spürde, falls wir tun was wir tun müssen, dann hae ich keinen Zweifel, dass im ganzen Land, von Florida bis Oregon, von Washington bis Maine, die Leute im November aufstehen werden, und John Kerry als Präsident eingeschworen wird und John Edwards als Vizepräsident eingeschworen wird. Und dieses Land wird seine Hoffnung zurückgewinnen. Und nach einer langen politischen Dunkelheit wird eine hellere Zukunft kommen.




Zum Clinton Auftritt

Hillary Clinton stellt Ihren Mann vor. Ihre Rede wurde gelobt, sie gilt jedoch als Verliererin, weil mit der Kerry Nomination ihre Chancen zu einer Präsidentschaftskandidatur schwinden. Sie wird nach Kerry Edwarts unterstützen müssen und danach ist es wahrscheinlich zu spät für sie. Falls Kerry im November verliert hätte sie wohl Chancen.
During the Vietnam War, many young men, including the current president, the vice president and me, could have gone to Vietnam and didn't. John Kerry came from a privileged background. He could have avoided going too, but instead, he said: Send me. When they sent those swiftboats up the river in Vietnam and they told them their job was to draw hostile fire, to wave the American flag and bate the enemy to come out and fight, John Kerry said: Send me. And then, on my watch, when it was time to heal the wounds of war and normalize relations with Vietnam and to demand an accounting of the POWs and MIAs we lost there, John Kerry said: Send me. Then when we needed someone to push the cause of inner-city children struggling to avoid a life of crime or to bring the benefits of high technology to ordinary Americans or to clean the environment in a way that created new jobs, or to give small businesses a better chance to make it, John Kerry said: Send me. So tonight, my friends, I ask you to join me for the next 100 days in telling John Kerry's story and promoting his ideas. Let every person in this hall and like-minded people all across our land say to him what he has always said to America: Send me. Im Vietnamkrieg, viele junge Leute, der jetzige Präsident eingeschlossen, der Vizepräsident, wie auch mich, hätten in den Vietnam gehen können, und sind nicht gegangen. John Kerry kam von einem previligierten Haus. er hätte es auch vermeiden können. Statt dessen sagte er: "Schickt mich!" Dann schickten sie diese Schnellboote den Fluss hinauf im Vietnam und gaben ihnen den Auftrag, feindliches Feuer zu provozieren, und mit der amerikanischen Flagge zu winken, damit der Feind herauskommt und kämpft. Da sagte John Kerry: "Schickt mich!" Und dann, als es Zeit war, die Wunden des Krieges zu heilen und die Beziehungen zum Vietnam zu normalisieren und die Kriegsgefangenen zurückzufordern, die wir dort verloren haben sagte John Kerry: "Schickt mich!" Und heute, meine Freunde, bitte ich Euch mich für die nächsten 100 Tage zu begleiten, um John Kerrys Geschichte zu erzählen und seine Ideen zu verbreiten. Sodass jede Person in diesem Saal und alle gleichgesinnten Leute in unserem Land zu ihm sagen, was er immer zu Amerika gesagt hat: "Schickt mich!"


Vorbereitung und Bewertung wie beim Sport

Dan Balz von der Washington Post sagte, dass zur Koordination der Reden, die Redner per Konferenzgesprächen gebrieft worden, was sie sagen sollen. So wurde von den Rednern verlangt, Bush nicht zu erwähnen. Alle ausser Sharpton haben sich daran gehalten. Sharpton hatte sich auch nicht an die 7 Minuten Zeitspanne gehalten, die ihm gegeben wurden, sondern 20 Minuten verwendet.

Politische Analysten gaben ähnlich wie bei einem Sport Wettkampf Noten über die Rhetorische Qualität der Redner:

Allgemeine Bewertung Bewertung von Barack Obama, einem "aufsteigenden Stern" in der Demokratischen Partei. Bewertung von Clintons Rede


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