Nachtrag vom 6.Februar: Ackermann rechtfertigt sein Verhalten
Der Deutsche-Bank-Chef genoss es sichtlich, einmal nicht Richtern, sondern
Journalisten Rede und Antwort stehen zu dürfen. So erklärte
Ackermann locker, was er wirklich mit dem Victory-Zeichen meinte und was
er von Aktienoptionen hält. Wiederum gibt er sich bestens gelaunt:
"Hat Sie die öffentliche Diskussion um Ihr Victory-Zeichen
überrascht?"
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Auf diese Frage eines Journalisten bei der Jahres-Pressekonferenz hatte
Josef Ackermann geradezu gewartet und sagte:
"Ich habe nicht im Traum daran gedacht, dass da so ein Sturm der
Entrüstung los geht".
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Er erzählt, wie es "wirklich war":
Er und der Mitangeklagte Klaus Esser seien mitsamt den
Anwälten frühzeitig vor dem Beginn des Mannesmann-Prozesses
im Düsseldorfer Landgericht eingetroffen und hätten dann eine
halbe Stunde vor dem Gerichtssaal warten müssen. Die ganze Zeit
seien beide dann von Fotografen umringt gewesen.
"Wenn man das zum ersten Mal erlebt, ist das nicht sehr angenehm".
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Kommentare:
- Wenn ein Topmanager so naiv ist und nicht merkt, dass Medienauftritte vor
dem Gericht heikel und unangenehm sein können, so ist dem angeklagten
Bank Chef nicht mehr zu helfen. Die Begründung überzeugt nicht.
- Wie zu erfahren war, hat der Verteidiger Ackermann von nervösen
Gesten abgeraten, die eventuell auf ein schlechtes Gewissen hingedeutet
hätten - wie zum Beispiel das Blättern in Dokumenten. Deshalb
habe er versucht, sich so locker wie möglich zu geben.
- Wer sich bei heiklen Situationen vor Medien künstlich locker gibt,
Freude vorgaukelt und Theater spielt, kennt die Grundprinzipien der
Medienrhetorik nicht. Ein Verteidiger sollte vielleicht auch nicht
Kommunikationsberater spielen. Ein echter Berater hätte Ackermann
dazu gebracht, sich so vorzubereiten, dass er innerlich locker ist
und sich konzentrieren kann. Zudem hätte Ackermann die Situation
antizipieren können.
Ackermann rechtfertige sich, indem er die Situation begründete:
"Ich sagte scherzhaft zu Esser: 'In den USA kommt der Angeklagte zu
spät, hier kommen die Richter zu spät.'"
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Dabei habe er vor
Esser das Siegeszeichen von Popstar Michael Jackson nachgemacht, das zu
dessen Prozessbeginn um die Welt gegangen war. "Ich sagte ihm: Guck mal,
so hat er's gemacht." Breites Gelächter vor dem Gerichtssaal - aber
das Publikum draußen fand das alles bekanntlich gar nicht so
lustig.
Der Deutsche-Bank-Chef konnte es nach eigener Darstellung nicht fassen,
dass die Medien eine aus dem Zusammenhang gerissene Geste zu einer
"Kampagne" genutzt hätten. "Ich habe daraufhin Politiker angerufen,
die mir sagten: "Das passiert uns täglich!" und lachten." Zur
Klärung habe er umgehend der vorsitzenden Richterin einen Brief
geschrieben. Ackermann: "Die hat das verstanden, das ist erledigt." Auch
seine Kommunikationsberater gingen sofort mit ihrer Version der Geschichte
in die Presse.
Die Kritik an Ackermann hatte sich nämlich nicht nur an der
unpassenden Geste entzündet, sondern auch an seinem verbal
geäußerten Unverständnis für den Prozess:
"Wenn jemand glaubt, ich respektiere die deutsche Gerichtsbarkeit nicht,
tut es mir leid."
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Dies ist für uns kein glaubwürdiges "Mea culpa".
Der Manager glaubt zwar, mit dieser Entschuldigung sei alles wieder
im Butter. Die Begründung der Geste, die angeblich missverstanden
worden ist, überzeugt damit auch nicht ganz.
Ausser dem nonverbalen Ausrutscher gibt es die viel gravierendere
verbale Panne. Abgesprochen auf das fragwürdige nonverbale
Verhalten sagte Ackermann:
"Das ist das einzige Land, wo diejenigen, die erfolgreich sind und Wert
schaffen, deswegen vor Gericht stehen."
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Mit dieser deplatzierte Äusserung, für die Ackermann keinen
Anwalt mehr verantwortlich machen kann, genügt auch
ein "Es tut mir leid" nicht mehr.
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