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www.rhetorik.ch aktuell: (23. Jan. 2003)

Isolation und Kommunikation


University of Chicago Chronicle Der Gedankenaustauch mit anderen Menschen ist nicht nur ein Grundbedürfnis, er ist auch gesundheitsfördernd. Organisatoren von "Plauderecken" haben das erkannt. Ob die Einsamkeit eine Geissel der individualisierten Gesellschaft geworden ist, wird von Verhaltensforschern seit einiger Zeit untersucht. Folgende Erkenntnisse haben sich ergeben:


  • Chronisch Einsame fühlen sich auch in einer Partnerschaft isoliert. Der einsame Wesenszug endet bei eingegangenen Beziehungen in einer "Zweisamkeit".
  • Niemand gesteht ein, einsam zu sein. Dies wäre ein Bekenntnis des Versagens. Es hat sich herausgestellt, dass Frauen einsame Männer ablehnen.
  • Die Anonymität im Beruf, bei der Wohnsituation fördert das Alleinsein.
  • Zugehörigkeit zählt zu den Grundbedürfnissen, wie Essen, Trinken oder Schlafen.
  • Die Einsamkeit oder Isolation als Flucht vor der hektischen Gegenwelt und der unablässigen Kommunikationszwänge ist verständlich und hat auch positive Seiten.
  • Chronisch Einsame verschanzen sich gerne in ihren vier Wänden. Durch des dauernde "Sich-selbst-beobachten" fühlen sie sich ausserhalb dieser Wände in einer fremden Welt.
  • Wer in der frühen Kindheit keine festen Beziehungen zu Bezugspersonen aufbauen konnte, zweifelt an sich und der Zuneigung anderer.
  • Menschen suchen auch die Abgeschiedenheit und dadurch grösstmögliche Nähe zu sich selbst durch Meditation oder Eremitendasein. Es gibt auch ein Bedürfnis nach Erlebnissen in der Isolation, wie zu Fuss eine Eiswüste zu durchwandern oder allein in einem Boot das Meer zu überqueren. Derartige Abenteuer versprechen neue Erkenntnisse.
  • Der Mensch erträgt nur eine bestimmte Zeit totaler Isolation. Stichworte dazu sind Isolationshaft oder Isolation als Folterwerkzeug.
  • Jungen Menschen fällt das Alleinsein besonders schwer. Während der Pubertät beginnt die Suche nach Identität und Lebenssinn. Gleichaltrige werden zum wichtigsten Massstab für den Lebenssinn.
  • Als besonders isolationsgefärdet gelten ältere Menschen mit eingeschränkter Hör- oder Sehfähigkeit, da Unsicherheit oder Schamgefühle Kontakte verhindern.
  • Alleinsein heisst für viele Menschen unfreiwillig allein zu sein. Die Vereinsamung im Altenheim gilt leider immer noch als zwangsläufiges Massenschicksal. Es kommt nicht von ungefähr, dass 40% der jungen Erwachsenen Angst haben, im Alter allein zu sein.
  • Wissenschaftliche Studien haben ferner gezeigt, dass Einsame bei Stress erstarren, Gesellige hingegen in Stress-Situationen den Körper mobilisieren können.

Das "Institute for Mind and Biology" der Universität of Chicago machte Experimente mit Menschen und Tieren zur Thematik Einsamkeit. Mehr als ein Dutzend renommierter Wissenschafter verschiedener Disziplinen arbeiten seit 2001 am Projekt "Soziale Isolation, Einsamkeit, Gesundheit und Altersprozess" das bis zum Jahre 2006 vom "National Institute of Aging" (NIA) bis zum Jahre 2006 sieben einhalb Millionen Dollar an Förderungsmitteln erhalten wird. In den USA rechnet man damit, das zum nächsten Jahr 40% mehr Menschen allein sein werden, darunter viele Betagte. In Deutschland ist dieser Trend weiter fortgeschritten.

John Cacioppo, der Direktor dieses Programms meinte:
"Einsamkeit spiegelt wieder, wie ein Mensch seine Situation empfindet, wie isoliert oder innerlich abgetrennt er sich von der Welt fühlt."


Im Mittelalter hatte das Wort einsam auch die positive Mitbedeutung: "Mit sich selbst identisch sein." Heute hat der Einzelgänger diesen Nimbus verloren. Wir verbinden Einsamkeit mit der Sehnsucht nach anderen Menschen. Nur in Träumen existieren noch Bilder von der einsamen, schönen Insel oder der entlegenen Berghütte oder einer menschenleeren Landschaft.
Dies ist gleichsam eine Gegenwelt zur Alltagshektik, zu den Staus im Verkehr, der versiegelten Natur, der Informationsfülle. und dem Zeitdruck. Immer mehr Manager buchen auch Ferien im Kloster, wo das Alleinsein als Luxus angeboten und erlebt wird.
Messverfahren aus der Psychologie, Soziologie und Medizin bestätigen, dass Menschen soziale Wesen sind, die auf Gemeinsamkeiten angewiesen sind. Vereinsamung wird als Defizit des sozialen Netzwerkes verstanden, doch besteht auch ein echtes Bedürfnis nach "Alleinsein".


Marth McClintock Die Wissenschaftlerin Martha McClintock vom Chigago Projekt erhoffte sich neue Erkenntnisse durch Mensch und Tierversuche. ( Mc Clintock war am Anfang ihrer Karriere durch die Beobachtung berühmt geworden, dass sich die Menstruationszyklen von in einer Gruppe lebenden Frauen synchronisiert). Sie stellte fest, dass sowohl Ratten als auch Menschen unterschiedliche Persönlichkeitsmerkmale aufweisen. Obwohl Tierversuch nicht eins zu eins auf Menschen übertragen werden können, zeigen die Untersuchungen, dass jemand der allein lebt, nicht unbedingt anderen gegenüber abweisend sein muss.
Wichtig für Menschen sei das kontrollierte Alleinsein. Wir haben alle ein Bedürfnis, mit andern verbunden zu sein. Demnach ist die Balance wichtig. Das Alleinsein sowie die Gemeinsamkeit durch Gedankenaustausch.




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