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www.rhetorik.ch aktuell: (8. Dezember, 2003)

Bundesratskrimi Resultate



Wir sind nicht die einzigen, die gespannt auf den Ausgang der Bundesratswahl warten:
Die Bundesrats band
Kurz vor der Bundesratswahl darf auch der politische Humor nicht fehlen. Das Bild (Quelle ist uns unbekannt) wurde uns per email zugeschickt.


Nachtrag vom 9. Dezember, 2003 Morgen ist der grosse Wahltag. Wird Blocher Bundesrat? Wird Metzler bestätigt? Ändert sich ausser einem neuen FDP-Mitglied nichts? Geht die SVP in der Opposition, wenn Blocher nicht gewählt wird? Auch die legendäre "Nacht der langen Messer" bevor. Immer noch beharren alle Parteien auf ihren Positionen. Es wird jetzt um jede einzelne Stimme gebuhlt. Die Hinterbänkler können das Zünglein an der Waage spielen.
Obschon viel von Konkordanz geredet wurde, wissen die wenigsten was Konkordanz bedeutet. Die obige Frageliste könnte endlos weitergeführt werden - doch wer immer auch ein Prognose wagt: Die definitiven Antworten erfahren wir erst morgen.
Die Bundesräte werden nach dem Anciennitätsprinzip gewählt, also Moritz Leuenberger als Dienstältester zuerst. Er ist ziemlich unbestritten. Dann kommt Pascal Couchepin und danach Ruth Metzler.
Wenn Christoph Blocher für Ruth Metzler gewählt wird, steht die CVP-Politikerin erstmal im Abseits. Nach ihr folgt Deiss, und auch er gilt im Moment als sicherer Wert, ebenso wie der nach ihm folgende Samuel Schmid. Auch er spielt eine besondere Rolle: Tritt er bei einer Nichtwahl Blochers aus der SVP aus und seine Partei in die Opposition?
Zuerst ist noch Micheline Calmy-Rey an der Reihe. Es könnte sein, dass Blocher auch gegen sie antritt, was im Moment aber eher unwahrscheinlich gilt. Dann folgt der nächste "Höhepunkt": Die Nachfolge für Kaspar Villiger. Beerli? Merz? Zwar sind nur sie nominiert, aber noch immer könnte die Frage sein: Blocher ja oder nein? Theoretisch könnte Blocher auch noch gegen die FDP antreten. Oder die im dritten Wahlgang nicht wiedergewählte Ruth Metzler.
Der "Blick" vermutet: Bis am Mittag dürfte die definitive Zusammensetzung des Bundesrates kaum feststehen. 12'000 Wahlzettel sind bereits gedruckt, für jeden Wahlgang und die 246 Eidgenössischen Räte eines. Das Design ist streng geheim, damit eines klar ist: Es kann nicht geschummelt werden. Zu den Chancen:
Christoph Blocher: Normalerweise hätte er keine Chance, Bundesrat zu werden. Heute ist Blocher für viele das kleinere Übel. Obschon er noch nie bewiesen hat, in Teams gearbeitet zu haben, möchten viele die SVP nicht in der Opposition haben. Hans Rudolf Merz: Der Appenzeller meinte selbst, er befinde sich auf der Geisterbahn und wisse nie, welche Ueberraschung ihm morgen bevorstehe. Unklar bleibt die Situation bei der FDP: Beerli oder Merz? Was geschieht, wenn Steinegger gezielt von aussen forciert wird? Christine Beerli: Sie könnte Retterin des zweiten Frauensitzes werden. Ihre Chancen steigen, wenn Ruth Metzler abgewählt wird. Aber auch, wenn Blocher gewählt würde. Ruth Genner: Die grüne Klettgauerin hat geringe Wahlchancen (1-2%) Falls Blocher gegen die CVP scheitern würde, könnte sie gegen Samuel Schmid antreten.
Der Gang in die Opposition scheint nicht nur für die SVP, sondern auch für die CVP eine Alternative zu werden. Der Walliser Ständerat Simon Epiney will das nämlich seiner Partei bei der Fraktionssitzung am nächsten Dienstag vorschlagen. Die Nacht darauf, das ist vor den Bundesratswahlen immer so, heisst "die Nacht der langen Messer".
Nachtrag vom 10. Dezember: Die Resultate der Bundesratswahl:

Gewählt:
  • 211 Moritz Leuenberger SP
  • 178 Pascal Couchepin FDP
  • 121 Christoph Blocher SVP
  • 138 Joseph Deiss CVP (Bundespräsident)
  • 167 Samuel Schmid SVP
  • 206 Micheline Calmy-Rey SP
  • 127 Hans-Rudolf Merz FDP
Nicht gewählt:
  • 116 Ruth Metzler CVP
  • 96 Christine Beerli FDP
  • 13 Ruth Genner GP
  • 11 Fulvio Pelli FDP
Die Nacht der langen Messer
Quelle: Tagesanzeiger.
Nachtrag vom 14. Dezember: Nachwehen Bundesratswahl
Nachdem Ruth Metzler über die Klinge springen musste und bei der Ersatzwahl des FDP Bundesrates ebenfalls eine Frau das Nachsehen hatte ("Beerli sei ausge"merzt" worden"), kam es zu verschiedenen Demonstrationen gegen den Ausgang der Bundesratswahlen.
Dass die Zauberformel entzaubert wurde, schien zwar von allen akzeptiert zu werden. Doch wollten die Gewerkschaften, vor allem linke Gruppen und Frauenorganisationen den "schwarzen Tag für die Frauen" nicht einfach so sang- und klanglos hinnehmen. Tatsächlich ist der neue Bundesrat, älter, konservativer und männlicher geworden. Dass Bundesrat Blocher die Ems Chemie der Tochter sofort übergibt, wurde begrüsst. Dass er jedoch vorläufig noch die Aktienmehrheit behalten möchte, stösst auf Kritik.


  • Metzler
    Wir bewunderten die medienrhetorisch gute Verabschiedung der weggewählten Bundesrätin Ruth Metzler. Sie überzeugte verbal und nonverbal. Inhalt und Stimme/Ton stimmten überrein. Die Aussagen waren eindeutig.
    • Ich stehe nicht mehr zur Verfügung.
    • Ich war immer zu früh: Kam zu früh in den Bundesrat und scheide zu früh aus..."
    Die Verabschiedung - kurz und bündig, ohne Groll oder Gram - war vorbildlich. Die jüngste "Altbundesrätin" verabschiedete sich mit Grösse.
  • Merz
    Der neue Bundesrat Hans-Rudolf Merz bewies ebenfalls, dass er auch bei harten Befragungen die Nerven nicht verliert. So liess er sich durch plumpe Provokationen, beispielsweise er sei ein Erzliberaler, ein "Bonsei-Blocher", ein Sparapostel, nicht aus der Ruhe bringen. Er meisterte die ersten Medienauftritte - aus unserer Sicht - sehr gut.
  • Stähelin
    CVP-Präsident Stähelin trat nach den verschiedenen Niederlagen zurück. Wer weiss, vielleicht wackeln noch andere Stühle. Philipp Stähelin wollte konsequent für seine Partei der Mitte einstehen. Er meinte es sicher gut. Die beiden Bundesratsitze wollte er nicht so leichtfertig preisgeben. Wahrscheinlich rechnete er nie damit, dass der SVP Coup gelingen könnte. Obwohl er bei seinen Auftritten meist etwas holprig, hölzern wirkte, war er stets ehrlich. Als beispielsweise sein Wahlplakat korrigiert wurde, gab er unumwunden zu, dass man seine Zahnreihe optisch verschönert hatte.
  • Calmy-Rey
    Die Westschweizer Genossen möchten nach diesem Wahlausgang in die Opposition. Die SP entscheidet im März. Keinen Medienwirbel löste das Verhalten der gut gewählten, einzigen Bundesrätin Calmy-Rey bei der Schwur-Zeremonie aus. Sie zögerte, die Hand zu erheben und streckte dann doch noch halbherzig zwei Finger (sah aus, wie ein Siegeszeichen), jedoch nur auf Kopfhöhe.
    Uns hat immer wieder erstaunt, dass Micheline Calmy-Rey als Querdenkerin von vielen geschätzt wird. Das zeigte sich auch bei der Wahl. Denn es gibt auch Stimmen, die das Querdenken als Querulieren sehen.
Am 14. Dez erfolgt die Departementsverteilung. Die Medien vermuten, dass der neue Bundesrat mehr polarisieren wird. Doch letztlich entscheidet bei Sachfragen das Parlament, mitunter das Volk: Ob der Staat die Probleme mit Schulden oder mit der Sparschraube lösen wird, ob bei der Sozialpolitik auch der Gürtel enger geschnallt werden soll, ob bei der Aussenpolitik die Grenzen dichter werden oder ob bei der Auländerpolitik der Wind rauer blasen wird.


Nachtrag 15. Dezember. Problemlose Departementszuteilung.
Der Bundesrat hat entschieden: Christoph Blocher übernimmt das Justiz- und Polizeidepartement, während Hans-Rudolf Merz das Finanzressort erhält. Nach nur 15 Minuten waren sich die Bundesräte einig über die neue Departementsverteilung. Bundespräsident Pascal Couchepin sagte nach der Sitzung, dass alle bisherigen Mitglieder ihre Ressorts behalten wollten. Sowohl Christoph Blocher als auch Hans-Rudolf Merz hätten Interesse am freigewordenen Finanzdepartement gezeigt. Daraufhin habe der Bundesrat entschieden. Wir hören heraus, dass Blocher sich fügen musste. Ob dazu eine Abstimmung nötig war, oder ob die Verteilung einvernehmlich geregelt wurde, wollte Couchepin nicht sagen.
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