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www.rhetorik.ch aktuell: (25. April, 2004)

Moderner Zensurversuch



Informationskontrolle bei Unfällen kennt man schon lange bei kommunistischen Regimes. Bei einem Zugsunglück in Nordkorea bei dem Hunderte ums Leben gekommen sind und Tausende verwundet wurden, war auch Zensur angesagt. Die Verwüstung in der Nähe der chinesischen Grenze, die auch per Satellit gut sichtbar ist konnte aber nicht verheimlicht werden. Augenzeugen jenseits der Grenze hatten den Feuerball gesehen. Zwei Tage nach dem Unfall hat Nordkorea um international Hilfe angefragt. Von klarer Information oder Nachlassen von Propaganda gegen die USA kann jedoch keine Rede sein. Ein sahen ähnliches Kommunikationsverhalten bei einem Raketenunfall in China.


Was nicht wahr sein darf, wurde schon früher verschwiegen, zum Beispiel im Krieg oder bei Unweltkatastrophen.
Südkorea gab bekannt, dass in Nordkorea an der chinesischen Grenze am 22. April eine grosse Katastrophe passiert ist. Doch die nordkoreanische Presse schwieg zuerst. Es gab lange keine Bestätigung geschweige denn Bilder. Erst langsam wurde klar, dass ein schreckliches Zugsunglück in Nordkorea hunderte von Todesopfer gefordert hat.



Am Tag des Unglücks verlief in der Nordkoreanischen Hauptstadt der Abend wie immer. Das Fernsehen brachte Musik und Militärmärsche. Die Regierung, obwohl sie offenbar den Notstand ausgerufen hat, will nicht, dass irgendwelche Details in den Westen herausgetragen werden. Die Telefonleitungen in der betroffenen Region wurden gekappt. Informationen gab es anfangs nur spärlich.

Am Mittag vom 22. April krachten im Bahnhof von Ryongchon, 50 Kilometer von der chinesischen Grenze, zwei Züge ineinander. Der eine war mit Ammoniumnitrat, einem explosiven Düngemittel beladen, der andere mit Öl. Eine Berührung mit einer Fahrleitung züdete das Öl im einen Zug und dann das explosive Ammoniumnitrat im Anderen. Die schwere Explosion produzierte einen riesigen Feuerball. Die Häuser in der Umgebung wurden zerstört. Satellitenbilder, die später erhältlich waren, zeigen das ausgebrannte Bahnhofsgelände einen Tag nach der Explosion. Der Bahnhof wurde vollständig zerstört. Hunderte von Menschen starben sofort, insgesamt soll es 3000 Tote und Verletzte gegeben haben. Unter den Opfern gab es offenbar auch zahlreiche Chinesen, die in der Grenzregion lebten.


Es war eines der schlimmsten Zugsunglücke, die jemals passiert ist (siehe Liste). Nordkorea war ausreichend auf eine solche Katastrophe vorbereitet. Die Krankenstationen sind nicht gut ausgerüstet. Strom gibt es meist nur wenige Stunden am Tag.
BBC Liste von grossen Zugsunglücken
  • April 2004: Ryongchon, Nord Korea - 3'000 (?) Tote nach Explosion
  • February 2004: Neyshabur, Iran - mindestens 300 Tote nach Explosion
  • June 2002: Dodoma region, Tansania - mindestens 200 Tote nach Kollision
  • Feb 2002: Ägypten - 300 Tote nach Feuer in Zug nach Kairo
  • June 1989: Ufa, Russland - 400 Tote nach Gas Explosion
  • Aug 1995: Uttar Pradesh, Indien - 300 Tote nach Kollision
  • June 1981: Bihar, Indien - 800 Tote, Sturm wirft Zug in einen Fluss
Neun Stunden vor dem schrecklichen Unglück fuhr ausserdem der nordkoreanische Staatspräsident Kim Jong-Il auf dieser Zugstrecke in einem gepanzerten Wagen vorbei. Er war auf der Rückreise von einem Staatsbesuch in China. Der grosse Zeitunterschied macht aber ein Anschlag unwahrscheinlich.


Zwei Tage nach dem Unfall hat die nordkoreanische Regierung die Explosion bestätigt. Der Grund sei menschliches Versagen. In einem bislang beispiellosen Aufruf hatte die kommunistische Regierung dann offiziell um Hilfe gebeten. Nur wenig ausländische Hilfe wird aber ins Land gelassen. Die Bevökerung wird über die Ausmasse der Katastrophe im Dunkeln gelassen. Der Spiegel berichtet, dass die nordkoreanischen Machthaber den USA heute erneut vorgeworfen haben einen Angriff auf das Land zu planen. Anlass ist die Entscheidung der USA, sich aus Panmunjom an der Waffenstillstandszone zwischen Nord- und Südkorea zurückzuziehen. Dies zeige, dass "die US-Vorbereitungen für einen Schlag gegen die Volksrepublik Korea in einer Schlussphase" seien.
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