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www.rhetorik.ch aktuell: (16. April 2003)

Fantasie-Rhetorik



M.S.S Der Iraqische Informationsminister Mohammed Saeed al-Sahhaf wurde (vielleicht ungewollt) zu einer Kultfigur und Helden. Eine Agypterin sagte dass Al-Sahhaf "die einzige Unterhaltung, die wir in diesem gottlosen Krieg erhalten" sei. Kriegspropagandisten gab es schon früher. Im Gegensatz aber zu Göbbels, dem keine Sympatien zugeflogen waren, hatte Al-Sahhaf viele Fans, auf beiden Seiten der Kriegsparteien. Kommentatoren von CNN in den USA, dem Spiegel in Deutschland oder der Libanesischen As-Safir Zeitung sind sich einig: Mohammed Saeed al-Sahhaf, kurz M.S.S ist der Medienstar dieses Krieges.




Illusionist und Propagandachef Mohammed Said al-Sahhaf wurde während dem zweiten Golfkrieg zur Kultfigur. Nicht nur seine Sprache erinnerte an die Geschichten von "1001 Nacht" der orientalischen Märchenerzähler.
Für viele wurde der irakische Informationschef zum uniformierten Clown. Seine Kommentare und übertriebenen Aussagen waren derart grotesk, dass seine Zitate und Illusionen weltweit Beachtung fanden. Sie wurden in den Medien gerne zitiert. Heute gibt es sogar Webseiten und Fanclubs.
Die Webseite www.welovetheiraqiinformationministier.com war zeitweise so populär, dass sie bei 4 Tausend Hits pro Sekunde überlastet wurde. (Am 16. April gab die Seite an, eine halbe Million Hits pro Tag zu haben).
Es gibt bereits T-Shirts und Kaffeetassen mit aufgedrucktem Konterfei oder Sprüchen des unvergesslichen Mediensprechers mit der Künstlerbrille und dem schwarzen Berret. Der Informationschef wurde sogar als Talkmaster in England vorgeschlagen.
Seine Sprüche sind auf verschiedensten Weblogs gesammelt worden. Als die Amerikaner den Flugplatz von Bagdad erobert hatten, verkündete al-Sahhaf, man habe die Angreifer "abgeschlachtet". Noch bei seinem letzten Auftritt, als die Niederlage offensichtlich war, sah der unerschütterliche Illusionist den Sieg zum Greifen nahe. Er ermutigte sogar westliche Journalisten: "Ich habe keine Angst. Sie brauchen auch keine zu haben!" Während diesem Auftritt tauchten jedoch auf der andern Strassenseite schon die ersten GI's auf. Die Karikaturen, die daraufhin erschienen sind von der Wahrheit gar nicht so weit weg. Es ist nicht bekannt, wo sich heute der Informationschef mit dem eisernen Glauben an den Sieg aufhält. Es gibt Gerüchte, dass er sich das Leben genommen habe.



Der Propagandachef führte eine grandiose Fantasieschlacht mit Worten. Die Formulierungen müssten zwar bei der Kriegsrhetorik eingeordnet werden. Für uns geht es eher um "Fantasie-Rhetorik". Die Aussagen sind derart grotesk, dass die offenkundigen Übertreibungen beim Publikum ein Schmunzeln bewirkt haben. Al-Sharif spricht zum Beispiel von "verbrecherischen Eindringlingen", denen die irakische Armee "den Garaus bereiten" werde. Die Amerikaner sind für ihn "Cowboys" oder "Al Capones", die "unter den Mauern Bagdads Selbstmord begehen werden". Es gibt bereits eine Sammlung der deftigsten Sprüche mit seinen Tiraden gegen die "Ungläubigen", die man "wie eine Boa strecken und zerstückeln " werde. Al-Sherif liebt Analogien und Bilder. Er sagte beispielsweise:

"Die US-Cruise Missiles fangen wir wie Fische in einem Fluss."




M.S.S Fazit: Wer an seine Botschaft glaubhaft und bildhaft mitteilen kann, bewirkt oft etwas. Entweder hatte der Irakische Propagandachef tatsächlich an seine Meldungen geglaubt, indem er als Fanatiker das Wunschdenken solange auf die Realität projizierte, bis sie für ihn Wirklichkeit wurden, oder aber Sharif zeigte hervorragende schauspielerische Fähigkeiten und ein Talent als Komiker.
Bildquellen: CNN, Reuters, AP, BBC, WeLoveTheIraqiInformationMinister.com


Nachtrag vom 1. Mai, 2003.
Mohammed Said al-Sahhaf der im Moment immer noch verschollene ehemalige Informationsminister des Irak, könnte auch ein Star der westlichen Musikszene werden. Nach Spiegel sollten seine hanebüchenen Aussagen während des Irak-Kriegs mit Dance-Musik unterlegt und auf CD gepresst werden und zu seinen Statements in Diskotheken getanzt werden.
Auch Bush soll ein grosser Sahhaf Fan sein. In einem NBC Interview sagte Bush: "Wenn jemand sagen würde 'Er spricht' dann würde ich jeweils aus der Sitzung rennen, um ihn im Fernsehen zu sehen. Bush lachend: "Er ist mein Mann."


Nachtrag vom 27. Juni, 2003.
Der "komische Ali" Mohammed Saeed al-Sahhaf war kurz von US Truppen einvernommen worden, ist aber wieder frei. Sahhef ist nicht auf der Liste der meistgesuchtesten Verdächtigen. Sahhaf sagte in einem Interview mit dem Abu Dhabi Fernsehen, dass er während des Krieges falsch informiert worden sei. Sahhaf liess auch verlauten er plane ein Buch.


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