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www.rhetorik.ch aktuell: (24. Okt, 2023)

Deskilling - Kompetenzverlust

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
"Deskilling" heisst der "Verlust von Fähigkeiten" oder "Kompetenzverlust".

Es ist nichts neues: Technologie hat schon immer dazu geführt, dass wir weniger Fähigkeiten haben müssen. Es braucht keine Drucksetzer mehr, Maschinen haben das Schreinern vereinfacht. Kaum jemand lernt mehr, wie man eine Platine lötet oder einen Fernseher repariert. In vielen Bereichen könnte man auch mit Kompetenz nichts mehr ausrichten. Moderne Autos sind so kompliziert, dass man sie kaum mehr selbst reparieren kann. Ein modernes iPhone wird nicht mehr geflickt. sondern ersetzt. In der Schule werden immmer mehr Fähigkeiten als nicht mehr lernnötig betrachtet. Es besteht aber die Gefahr einer Sinnkrise oder Nihilismus. Warum muss man noch Geographie lernen, wenn Karten auf dem Handy zu finden sind. Warum müssen wir Orthographie lernen, wenn Programme Orthographie korrigieren? Warum Sprachen lernen, wenn doch Programme übersetzen können? Die neuen Tools haben die Sinnkrise noch verstärkt. Im Moment wird überall debattiert, was die Konsequenzen der neuen Technologien sind. Werden akademische oder kreative Jobs auch, wie das Schriftsetzertum vor 50 Jahren, einfach ersetzt werden?

Es gab mal ein Cliché, das besagte, dass AI dumm ist und nur machen kann, was es einmal gelernt hat. Das hat sich radikal verändert. Die neuen generativen Tools spielen nicht nur einfach ab, was sie gelernt haben. Sie gehen weiter und generieren Neues, zum Teil schon Erstaunliches.

[Update vom 25. Oktober: Ein Nature artikel zeigt auf, dass die Fähigkeit, neues Vokabular sinnvoll zu verwenden nun auch von Neuronalen Netzwerken gut gemacht werden kann. Das wird sicher auch bald in sprachgenerative Tools eingebaut werden. ]

Es gibt auch die mehr hoffnungsvolle Sicht: es macht Spass, etwas zu können auch wenn wir es weniger gut als eine Maschine machen können.

Es bibt Genugtuung auf einen Berg zu klettern, auch wenn man mit einem Heli schneller oben ist. Der Erfolg von Kochsendungen, Puzzles oder Bastelprogrammen zeigen, dass viele Menschen (obwohl man Fertigessen oder fertige Produkte kaufen kann), immer noch gerne auch Dinge selbst machen.

Die Illustration auf dieser Seite waren mit AI generiert worden. Kein Grund, darauf stolz zu sein.



Ein Heise Arikel nimmt sich dem Thema Kompetenzverlust an:
"Deskilling" - Kompetenzverlust durch KI wird zu wenig diskutiert Auch an Hochschulen wird darüber diskutiert, welche Auswirkungen KI auf das Lernen und Lehren haben kann. Eine kritischere Betrachtung wird gefordert. Verlassen wir uns zu viel auf entwickelte Techniken, verlernen wir sie womöglich selbst - und auch die Interaktion mit anderen Menschen könnte leiden, wenn Maschinen Aufgaben übernehmen, die normalerweise Menschen zufielen und die mehr Austausch von Mensch zu Mensch verlangen. Das gibt Prof. Dr. Gabi Reinmann von der Universität Hamburg in einem Diskussionspapier zum Thema "Deskilling durch künstliche Intelligenz?" im Hochschulkontext zu bedenken. Deskilling vs. Upskilling Reinmann bemängelt in ihrem Papier, dass in Debatten zur Nutzung Künstlicher Intelligenz der Fokus eher auf das Upskilling durch KI gelegt wird; der Annahme, dass Künstliche Intelligenz dazu führen wird, Menschen Arbeit abzunehmen, woraufhin diese "neue, meist breiter angelegte, Kompetenzen auf höherem Niveau aus[bilden]". Hingegen wird der Verlust von Kompetenzen - das Deskilling - deutlich weniger besprochen. "Die Realität sieht anders aus" Wie die Professorin in ihrem Debattenbeitrag und in der Auseinandersetzung mit Äusserungen des Deutschen Ethikrates erklärt, sei das "Risiko von Kompetenzverlusten" nicht auf KI begrenzt, sondern liesse sich "bei nahezu allen Werkzeugen beziehungsweise technischen Mitteln beobachten, die Menschen heranziehen, um sich zu entlasten" (Deutscher Ethikrat, 2023a, S. 268). Tatsächlich werde Deskilling seit langem beschrieben und untersucht, etwa im Zuge der Industrialisierung. Bisher habe die technische Entwicklung und auch die Digitalisierung aber eher dazu geführt, dass die "Kluft zwischen gering qualifizierten Arbeitsplätzen zur Bedienung der Maschinen und hochqualifizierten Arbeitsplätzen zur Interaktion mit Maschinen und zur Festlegung ihrer Aufgaben [wächst]." Sogenannte Wissensarbeiter seien hiervon eher weniger betroffen gewesen. Dies könne sich aber mit generativer KI ändern. Übernehme KI "zunehmend komplexe, kreative Leistungen erfordernde, Aufgaben" in allen Berufen, könnten "vermehrt und erstmals Wissensarbeitsplätze wegfallen und/oder die Rolle von Wissensarbeiterinnen könnte sich deutlich verändern", erklärt Reinmann. Damit könnten auch Menschen, die der Wissensarbeit nachgehen, nun potenziell "Deskilling-Kandidaten" werden. Gefahren, die darin lauern, gibt Reinmann wie folgt an: Durchdringt KI gesellschaftliche und systemkritische Bereiche und übernimmt dort wichtige Aufgaben, müssen Menschen bei Nicht-Verfügbarkeit der Technik wieder einspringen. Das wird aber dann gesellschaftlich riskant, wenn Menschen dies nicht mehr adäquat können. Zudem müssten Menschen noch in der Lage sein, die Tätigkeit von KI zu überwachen, um im Bedarf eingreifen zu können. Auch deshalb könne nicht darauf verzichtet werden, "dass diese den jeweiligen Aufgaben- und Kompetenzbereich verstehen und selbst beherrschen". Im weitestgehend störungsfreien Fall könne aber auch hier die fehlende Einübung Fähigkeiten verkümmern lassen. Auf das Individuum könne sich dies zusätzlich negativ auswirken, da dies "sukzessive Kontrolle über wesentliche Bereiche des Arbeitens (oder Lebens) an die Technik ab[gibt]". Laut deutschem Ethikrat könne "eine regelmässige Delegation von Entscheidungen einen Effekt auf die Wahrnehmung des Selbst als Autor des eigenen Geschickes haben und sogar bürgerschaftliches Engagement reduzieren." Der Einschätzung von Reinmann zufolge könne der Einsatz generativer KI auch dazu führen, dass weniger "Austausch, Zusammenarbeit, gegenseitige Rückmeldung und Hilfestellung zwischen Personen" praktiziert werde, was einen negativen Effekt auf "die Erwartung an Kommunikation haben und Empathie, Geduld und Kompromissbereitschaft schmälern" könne. Menschen verlören also auch soziale Kompetenzen.
Ein Student, der eine Fäigkeit traininert (AI generiert). Ist das in der Zukunft noch nötig?

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