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www.rhetorik.ch aktuell: (16. Mai, 2023)

IGLU Studie ueber Lesekompetenz

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Die Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung 20211 untersuchte die Lesekompetenz am Ende der vierten Klasse in Deutschland. Am 16. Mai wurden die Ergebnisse vorgestellt. Man sieht, dass 19+6=25 Prozent der Studenten weniger als 475 Punkte erzielt haben. Das heisst, dass ein Viertel von explizit angegebene Informationen in einem Text nicht identifizieren konnten. 6 Prozent der Schüler haben kein rudimentäres Leseverständnis. Das sind doppelt so viel wie noch vor 20 Jahren.

Die PISA Studie zweigte 2018 noch, dass Deutschland über dem OECD Durchschnitt lag: BMBF. Man beschönigte schon damals das "Mittelmass" und tat, als ob man eine Medaille gewonnen habe:
Aus der Pressemitteilung vom 3. Dezember 2019:
Fünfzehnjährige in Deutschland liegen in den Bereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften weiterhin über dem OECD-Durchschnitt. Lesen war bei PISA 2018 zum dritten Mal der zentral getestete Kompetenzbereich (Hauptdomäne). Die Leistungen bewegen sich auf einem ähnlichen Niveau wie 2009 und deutlich über den ersten Ergebnissen im Jahr 2000 - den beiden Jahren, in denen Lesen ebenfalls Schwerpunkt war.
Nun kommt die IGLU Studie 2021: Tagessschau
In vierten Klassen zeigen immer mehr Schülerinnen und Schüler Schwächen beim Lesen. Sie schneiden weit schlechter ab als Gleichaltrige in vielen anderen Ländern. Das liegt laut aktueller IGLU-Studie auch, aber nicht nur an den Folgen der Corona-Pandemie.
Im Spiegel gibt es ein Interview mit der Bildungsforscherin Nele McElvany:
SPIEGEL: Frau McElvany, der Abwärtstrend bei den Ergebnissen der neuen Iglu-Studie ist eindeutig: Die Lesefähigkeiten der Viertklässler in Deutschland sind erneut zurückgegangen. Was ist die richtige Bezeichnung dafür: blaues Auge? Abschwung? Absturz? Katastrophe?

McElvany: Ich würde nicht mit solchen dramatisierenden Vokabeln arbeiten wollen - aber es stimmt: Die Ergebnisse sind tatsächlich sehr problematisch für unser Bildungssystem. Das gilt für fast alle Teilresultate: Der Mittelwert der Leseleistungen ist nicht nur niedriger als bei der letzten Iglu-Studie 2016, sondern auch niedriger als 2001. Auch die Streuung der Leistungen - also die Spannbreite von den schlechten bis zu den guten Kindern - ist nach wie vor gross. Und erschreckend hoch ist auch der Anteil der Kinder, die den international definierten Mindeststandard nicht erreichen. Eigentlich gibt es, was die Leistungen angeht, in jedem Bereich negative Nachrichten.

SPIEGEL: Welches Problem bereitet Ihnen die grössten Sorgen? McElvany: Eigentlich alle. Aber wenn ich eins herauspicken müsste, dann sind das die Kinder, die in der vierten Klasse die Kompetenzstufe drei und damit die Mindeststandards beim Lesen nicht erreichen. Das sind jetzt mehr als 25 Prozent in Deutschland.

SPIEGEL: Warum ist das so problematisch? McElvany: Das sind deutlich mehr als noch 2016 - und auch deutlich mehr als vor 20 Jahren. Und es sind viel zu viele! Das muss man sich mal klarmachen: Wir haben hier eine wirklich grosse Gruppe, die nach der Grundschule nicht ausreichend lesen kann, um erfolgreich weiterzulernen oder auch sonst erfolgreich durchs Leben zu gehen. Und mit diesem Manko gehen sie dann in 14 von 16 Bundesländern auf die weiterführenden Schulen.

SPIEGEL: Wo sie dann fast zwangsläufig scheitern?

McElvany: Die Gefahr ist riesengross. Denn diese Schulen gehen ja davon aus, dass die Kinder ausreichend lesen können, um im Unterricht erfolgreich Wissen zu erwerben. Tatsächlich aber haben diese Viertklässler massiv verringerte Chancen in ihrer weiteren Schulkarriere: Lesekompetenz ist schliesslich Voraussetzung für das Lernen in allen Fächern und im Weiteren dann auch für gesellschaftliche Teilhabe. "Wir haben hier eine wirklich grosse Gruppe, die nach der Grundschule nicht ausreichend lesen kann."

SPIEGEL: Wo liegen die Ursachen für die deprimierende Entwicklung?

McElvany: Die eine Ursache, die alles erklärt, gibt es nicht. Natürlich hat Corona seinen Anteil an der Entwicklung und an den neuen Ergebnissen - aber der Trend ist ja schon seit 2006 zu beobachten, also lange vor der Pandemie. Ein Faktor ist sicher auch die veränderte Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler. Aber man muss genau hinschauen: Der Anteil der Kinder, die in einem anderen Land geboren sind als in Deutschland, war 2001 quasi genauso gross wie heute - und trotzdem waren wir deutlich besser bei den Mittelwerten. Weiterhin sind die deutschen Sprachkenntnisse für die Grundschulen natürlich ein ganz grosses Thema, und die gehen auch damit einher, welche Sprache die Schülerinnen und Schüler zu Hause sprechen.

SPIEGEL: Gibt es auch Faktoren, die innerhalb des Bildungssystems liegen?

McElvany: Am auffälligsten ist vielleicht die wöchentliche Zeit, die in Deutschland auf Leseunterricht und lesebezogene Aktivitäten in der Grundschule entfällt. Da passiert rein quantitativ deutlich weniger als in anderen Ländern. Wir haben im Schnitt 141 Minuten in der Woche, in denen die Kinder Lesen lernen. In anderen Bildungssystemen sind es - im Durchschnitt der teilnehmenden EU- oder OECD-Länder - 200 Minuten, manchmal also auch noch deutlich mehr.

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