Ich analysierte Olaf Scholz
schon vor der Kanzlerwahl. Als SPD
-Generalsekretär konnten wir bei seinen Auftritten erleben, dass
er wie eine Maschine sprach: Hölzern und technokratisch. Er war
für die Medien der ``Scholzomat"und blieb bis Sommer 21 seinem
Spitznamen treu. Als dann Laschet Punkte einbüsste, wandelte er
sich. Er sprach klarer. Auch dank seiner verbindlichen Auftritte wurde er
überraschenderweise Kanzler.
Leider fiel er nach der Wahl wieder in
den alten Trott. Er lavierte bei der Impfpflichtauseinandersetzung. Auch
nach dem Angriff der Russen im Ukrainekrieg beantwortete er klare Fragen
der Journalisten unklar und vage. Bei der Entsendung von schweren Waffen
widersprach er sich auch noch. Dann folgte erneut ein Wandel bei seiner
``Zeitenwende"- Rede vom 27. Februar. Auch bei seiner Wutattacke vom
1. Mai erlebten wir erfreulicherweise einen Scholz wie früher, aus
der Zeit des Wahlkampfes. Er konterte Friedrich Merz überzeugend
und engagiert. Auch der Auftritt am G7 Gipfel war nicht peinlich. Kanzler
Scholz hätte es in der Hand, sein Image als Wendehals endgültig
abzulegen. Doch müsste er dazu über seinen Schatten springen.
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Falls es ihm aber nicht gelingt, den Erfolgsweg der klaren, eindeutigen
Kommunikation konsequent zu beschreiten, ist seine Wiederwahl wohl
gefährdet.
Es ist unverständlich, dass das Beraterteam des Kanzlers seine
Reden nicht durchkämmt. Neben dem Zickzackkurs tappt er
leider auch immer wieder in's Fettnäpfchen. So hätte es
nicht vorkommen dürfen, dass er sich für seine Rede am
Katholikentag nachträglich rechtfertigen musste. Scholz verglich
Klimaaktivisten, die ein Podiumsgespräch störten, mit ``schwarz
gekleideten Inszenierungen", die ihn an eine Zeit erinnerten ``die lange
zurückliegt". In einem Protestbrief verlangten die Aktivisten
eine Entschuldigung für diesen Nazivergleich.
Auftritte vor Mikrofon und Kamera waren noch nie sein Ding
Scholz gilt als ein Schaffer und
belastbar und lässt sich kaum aus der Ruhe bringen.
Aus dem Abendblatt 10/12/2021.
Angriffe nimmt er gelassen entgegen. Seine Gelassenheit strahlt
Ueberlegenheit aus. Das ist jedoch nur eine Seite von ihm.
Wahrscheinlich ist Olaf Scholz gewählt worden, weil er sich so
gegeben hat, wie er ist, wie man ihn kennt.
Die Wähler wünschten sich einen Kanzler, auf den man sich
verlassen kann. Leider geriet Scholz im Alltag immer wieder ins alte
Fahrwasser, mit schwammigen, fragwürdigen Aussagen, wie:
``Niemandem geht es richtig gut in diesen Zeiten".
Ein anderer Gedanke wurde von Scholz ebenfalls wiederholt. Er
wollte unterstreichen, dass der Staat jede Pandemie mit aller Kraft
bekämpft. Er behauptete ständig, dass es beim Seuchenschutz
für die Bundesregierung ``keine rote Linien" gebe. Dieser Satz
löste Kopfschütteln aus, weil es in jedem Rechtsstaat rote
Linien geben muss. Sonst wäre es kein Rechtsstaat.
Obwohl Corona die gesellschaftlichen Gräben vertiefte, konnte man
von Scholz immer wieder hören, dies sei eine Mär.
Ich befürchte, dass Scholz als Kanzler unfähig ist, seinen
Zickzackkurs zu verlassen.
Es bleibt nur zu hoffen, dass diese Befürchtung nicht eintreffen.