Rhetorik.ch

Knill+Knill Kommunikationsberatung

Knill.com
Aktuell Artikel Artikel Inhaltsverzeichnis Suche in Rhetorik.ch:

www.rhetorik.ch aktuell: (29. Jul, 2021)

Wenn Politiker ins Fettnaepfchen treten

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
(*) Korrektur zum gedruckten Text (ist unten korrigiert): ```Bei Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) wurde der Doktortitel nicht aberkannt und er musste auch nicht zurücktreten. Aus eigener Entscheidung führt er heute den Doktortitel nicht mehr."

Wenn Politiker in Fettnäpfe tappen

Unbegreiflich, wie Politiker immer wieder als Fettnapftreter negative Schlagzeilen machen.

Laschet

Laschet der CDU-Kanzlerkandidat sorgte in der WDR Sendung ``Aktuelle Stunde" für Aufsehen. Im Interview mit der bekannten Moderatorin Susanne Wieseler sagte Laschet hinsichtlich Klimaschutzmassnahmen ``Entschuldigung, junge Frau. Weil jetzt so ein Tag ist (er spricht die Unwetterkatastrophe an), ändert man nicht die Politik."

Es ist nicht ganz klar, ob der nordhein-westfälische Kanzlerkandidat die Journalistin tatsächlich mit einem herablassenden ``junge Frau" abgekanzelt oder lediglich ihren Namen vergessen hat. Denn er nuschelte: ``Entschuldigung Frau....". So oder so war der Auftritt peinlich. Wenn ein Politiker sagt, man ändere die Politik nicht wegen eines Tages der unermesslichen Katastrophe, mit vielen Toten und verheerenden Schäden, ist dies allein schon ein verbaler Fehltritt. Kommt dazu, dass Laschet am Anfang der Ueberschwemmungen selbst noch ``Mehr Tempo beim Klimaschutz" forderte.
Später folgte noch eine weitere Peinlichkeit:
Während Bundespräsident Frank-Walter Steinmeiner mit todernster Mine zu den Flutgeschädigten spricht, lachte Armin Laschet im falschen Moment. Die Kamera zeigte ihn im Hintergrund lachend,wie er sich gut gelaunt mit einigen Anwesenden unterhielt. Die SN publizierte diese Aufnahme. Dieses Verhalten sorgte erneut für Kopfschütteln. Einem Politiker, der echt Anteil nimmt, würde so ein Fehltritt nicht passieren. Ein Kanzlerkandidat sollte wissen: Wenn Kameras und Mikrofone anwesend sind, muss man immer damit rechnen, dass auch Personen aufgenommen werden, die nicht sprechen. Nach dem Patzer in der Interviewszene schwieg Armin Laschet. Für das Fehlverhalten während der Ansprache des Bundespräsidenten entschuldigte er sich immerhin: ``Dies war unpassend und tut mir leid".

Die Fettnäpfchen Baerbocks.

Auch die grüne Kanzlerkandidatin Baerbock verstand es, in verschiedene Fettnäpfchen zu treten. Sie hat damit möglicher weise ihre Wahl-Chancen verbockt. Zu ihren Patzern:

Zu den Plagiatsaffairen weiterer Politikern und ihre Folgen:

Es gibt zahlreiche andere Beispiele:

Steinbrück

Peer Steinbrück, vor einigen Jahren SPD-Kanzlerkandidat und Herausforderer von Angela Merkel, ist ein Paradebeispiel für einen Fettnapftreter.
Im Wahlkampf sagte er, eine Flasche Wein, "die nur fünf Euro kostet, würde ich nicht kaufen". Die Leser urteilten: Arrogant und überheblich. Steinbrück, angestachelt durch die Kritik und frustriert vom schlecht laufenden Wahlkampf, liess sich für ein Magazin mit "Stinkefinger" fotografieren. Darauf folgte ein Aufschrei. Den meisten Sozialdemokraten war nun klar, dass Steinbrück den Kampf ums Kanzleramt verspielt hatte. Im Nachhinein räumte der Kandidat selbst die Fehler ein.
Ein einzelnes Interview, ein unbedachtes Wort, eine falsche Geste allein kann keine Wahl entscheiden. Wenn jedoch bestimmte unbedachte Äusserungen zum Image eines Politikers passen, können sie vorhandene Vorstellungen verstärken und für die Bestätigung eines persönlichen Entscheides sorgen. Bei Steinbrück war dies der Fall.

Scharping

SPD Verteidigungsminister Rudolf Scharping planschte 2001 mit seiner Freundin auf Mallorca im Pool, obwohl sich die Bundeswehr auf ihren Einsatz in Mazedonien vorbereitete. Die peinlichen Fotos veröffentlichte die "Bunte", Scharping glaubte vielleicht, sein eher schlechtes Image mit ein bisschen Glanz aufpolieren zu können. Die Publikation der Poolbilder hatte Folgen: Scharping musste den Hut nehmen.

Oettinger

Immer gut für einen Tritt ins Fettnäpfchen war auch Günther Oettinger. Der EU-Haushaltskommissar von der CDU machte in der Vergangenheit immer wieder Schlagzeilen mit fragwürdigen Äusserungen. In einem Vortrag vor Unternehmern, äusserte er sich abschätzig über Chinesen ("Schlitzaugen"), Frauen und die Ehe für Homosexuelle. Er ging wohl davon aus, dass seine Bemerkungen nicht an die Öffentlichkeit gelangen würden. Kamen sie aber und Oettinger musste sich entschuldigen.

Katastrophen

Katastrophen sind für Politiker immer eine Chance, sich als Krisenmanager zu profilieren. Schon früher gab es in Deutschland Ueberschwemmungen. Beim Duell Stoiber- Schröder sah die Bevölkerung, wie Stoiber die Schäden nur von oben - vom Heli aus - besichtigte. Schröder hingegen war nur mit Stiefeln mitten unter der betroffenen Bevölkerung zu sehen. Schröder wurde gewählt, wenn auch wohl nicht nur deswegen. Im Juni 2013 gab es auch im ostdeutschen Zeitz verheerende Ueberschwemmungen. Während der Flut machte sich der Oberbürgermeister Volkmar Kunze nach Russland auf. Das kam ganz schlecht an. Die ``Flucht" nach Russland wurde in den Medien trotz verspäteten Entschuldigung übel genommen. Es wurde sein Rücktritt gefordert. Kunze sprach dann lediglich von ``Fehleinschätzungen". Es gibt eine wichtige Regel: In Katastrophensituationen gehört der Kapitän auf Deck. Obschon sich Kunze an sein Amt klammerte, musste er dann später doch noch den Hut nehmen.

Fazit:

Wenn ein Politiker ins Fettnäpfchen tritt, ist dies für die Medien ein gefundenes Fressen. Die Geschichte wird gelesen, denn Schadenfreude fördert die Aufmerksamkeit. Wenngleich seit je immer wieder viele in den Fettnapf getreten sind, kann jeder Politiker dafür sorgen, dass er nicht in die negativen Schlagzeilen gerät. Er darf einfach nicht schummeln oder lügen. Wer in der Öffentlichkeit steht, sollte zudem selbstkritisch bleiben. Leider sind viele Politiker beratungsresistent.

Rhetorik.ch 1998-2021 © K-K Kommunikationsberatung Knill.com