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www.rhetorik.ch aktuell: (10. Jun, 2021)

Selbstzensur bei Autoren

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Die Autorin Elin Hilderbrand aus der Cape Cod Insel Nantucket schreibt erfolgreiche Sommernovellen, darunter auch viele Bestsellers. Sie hat am 1. Juni ihr neustes Buch ``Goldenes Mädchen" (Golden Girl) herausgebracht. Es ist ihr 27te Buch. Die Bücher sind populär, vor allem als Strandlektüre. Im Allgemeinen geht es um Liebe, Sommer und vor allem auch um Orte am Cape Cod oder auf den anliegenden Inseln.

Der letzte Roman handelt von der ``Strandautorin" Vivi Howe, die am Morgen auf Nantucket zum Joggen geht, um dann von einem betrunkenen Fahrer totgefahren zu werden. Im Warteraum zum Himmel erfährt sie von einem Engel Klatsch über ihre zwei Töchter, ihren Sohn und ihren Ex-Mann. Sie erfährt auch, was mit ihrer letzten Novelle ``Goldenes Mädchen" passiert, nachdem sie nun tot ist, und ob die Novelle das Buch es in die New York Times Liste macht.

Elin Hilderbrand ist vor allem auch erfolgreich geworden, weil ihre Protagonisten nicht immer Engel sind, sie haben Fehler und Mängel. Natürlich bewegen sich die Themen mit Sommerszenen wie verliebten Frauen mit Strohhüten am Strand auch in der Nähe von Groschenromanen, doch gerade die etwas komplizierteren Charaktere machen die Autorin so erfolgreich.

``Golden Girl" ist eine Goldene Idee für ein Roman. Jetzt sind die Chancen, wieder ein Buch in der Bestseller Liste zu landen noch mehr gewachsen. Es gab auf Sozialen Medien ein Aufschrei der Entrüstung wegen einer Szene im Roman, wo sich zwei Mädchen im Estrich verstecken und sich mit Anne Frank vergleichen, die bekanntlich versteckt in Amsterdam lebte, dann aber im Holocaust getötet worden ist.

Der Vorwurf, das sei AntiSemitismus ist natürlich lächerlich. Soziale Medien sind Resonanzkästen für Hypersensitive: es werden heute schon bei der Wortwahl behauptet, jemand sei ein ``Antisemit", oder umgekeht ein ``Zionist". Das gilt auch bei anderen Orten. Bei einer falschen Wortwahl wie zum Beispiel dem Gebrauch des Wortes ``Autor" statt ``AutorIn" kann man als sexistisch betitelt werden. Wenn ein Film keinen Schauspieler aus jedem Kontinent hat, ist ein Film rassistisch. Man muss jedoch auch sagen, dass die Kommentare zur Kritik an Hilderbrand ziemlich eindeutig ist. Es gibt im Allgemeinen wenig Verständnis für solchen Blödsinn. Die Kritik an Hilderbrand wird als lächerlich zurückgewiesen.

Die Sache wurde aber noch interessanter. Wie in anderen Fällen schon, hat auch hier die Autorin das Buch (nach der Publikation!) selbstzensuriert und die Passage geändert. Ein Slate Artikel diskutiert das Phänomen, dass Autoren heute in sozialen Medien auch verantwortlich gemacht werden für Aussagen ihrer Protagonisten. Die Slate Kritik bemerkt, dass die ``politische Korrektness" nun auch schon die harmloseren Strandromane erreicht hat. Soziale Medien können sich dabei auch über harmlose Dinge empören und einen Sturm im Wasserglas auslösen der oft zu einem Shitstorm ausartet. Es ist die berüchtigte ``Cancel Culture" in Aktion.

In diesem Fall, wurde behauptet, dass Hilderbrand denke, Antisemitismus sei lustig. Interssant ist, dass sich die Autorin der Kritik gebeugt hat. Sie hat sich formal entschuldigt und eine Zeile aus dem Buch rausgenommen.

Dies ist keine Einzelfall. Im Slate Artikel wird vor allem auch bemerkt, wie schnell sich heute Autoren der Kritik beugen und Selbstzensur machen auch nach der Publikation.

Es ist wohlbekannt, dass die Diskussion um Cancel Kultur sehr politisch geworden ist. Kritiker sind aber auch stark und darunter sind vor allem auch viele Kulturschaffende und Intellekturelle. Steven Pinker meinte zum Beispiel: (Quelle):

"Zum einen werde durch die Cancel Culture das Leben unschuldiger Menschen ruiniert. Zum anderen werde eine jüngere Generation von Intellektuellen, Wissenschaftlern und Künstlern eingeschüchtert und traue sich nicht mehr, eine andere Meinung zu äussern. Ausserdem lähme der Trend, Menschen mit anderen Überzeugungen zu verleumden oder zu feuern, die Fähigkeit, kollektiv Probleme zu lösen."

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