|
Die Coronakrise führt vielfach zu vermehrtem
Fernsehkonsum. Wer tagsüber im Homeoffice arbeitet oder in
der Isolation die TV-Programme durchzappt, stellt fest, dass auf
vielen Kanälen Teleshopping-Werbesendungen dominieren. Da werden
Fitnessgeräte, superscharfe Küchenmesser, die Wunderpfanne
"Black Doubletta", ein Weltmeister der Sauberkeit "Touchless Mop",
ein Beistelltisch, ein "Magic Pad", ein Handstaubsauger oder
das Küchengerät "Livington Sumo Slicer" und vieles mehr
feilgeboten. Es ist nicht nötig, alle diese Werbesendungen anschauen,
um zu erkennen, dass die Spots genau gleich gestrickt sind.
Zuerst werden die Vorteile und die leichte Handhabung mit Videofilmchen
demonstriert - im Gegensatz zu den unhandlichen, mangelhaften
Konkurrenzprodukten, welche mit Schwarz-Weiss-Sequenzen eingeblendet
werden. Dann wird der Preis mit teureren Angeboten verglichen. XY kostet
nicht 200 Franken, keine 100 Franken, auch nicht 70 Franken, sondern nur
49.90 Franken. "Jetzt kommt der Hammer", wird verkündet. Es folgen
sogenannte Geschenke: "Wenn Sie sofort bestellen, bekommen Sie gratis
noch ein zweites Gerät. Das ist aber nicht alles: Sie erhalten noch
mehrere Zutaten. Sensationell: Sie sparen also XY Franken", verspricht
die Off-Stimme. Zufriedenheitsgarantie und die portofreie Zustellung
wird versprochen. Ratenzahlungen sind möglich, sowie die Begleichung
der Rechnung mit Einzahlungsschein.
Meist folgt auch noch ein zeitlicher Druck. "Sie müssen sofort
handeln!" Oder es wird behauptet, es gebe nur noch kurze Zeit diese
Produkte, die im offiziellen Handel nicht bezogen werden können. Oder
es heisst: "Und jetzt die Sensation! Wenn Sie sofort anrufen und
bestellen, schenken wir Ihnen zwei Raten."
Obwohl wir diese plumpen Strategien rasch durchschauen, ertappen wir
uns, zum Hörer greifen zu wollen, um eines der angepriesenen
Wunderprodukte zu kaufen. Weshalb lassen wir uns trotz der plumpen
Verkaufstechniken so schnell beeinflussen und möchten etwas
kaufen, das wir gar nicht benötigen? Robert B. Cialdini, ein
US-amerikanischer Psychologe und emeritierter Professor für
Psychologie und Marketing der Arizona State University, hat die
wichtigsten Strategien der Beeinflussung zusammengestellt. Bei den
Werbesendungen werden sie konkret angewandt. Cialdini nennt unter
anderem folgende bewährten Prinzipien, denen wir uns kaum entziehen
können:
Beim Prinzip der Verknappung wirken die Produkte attraktiver, als wenn
sie in genügender Anzahl zur Verfügung stehen: "Greifen Sie
zum Hörer, es gibt nur noch 20 Geräte!" Auch beim Ausverkauf
in Warenhäusern wird die Verkaufsdauer künstlich verknappt.
Beim Prinzip der Gegenseitigkeit neigen Menschen dazu, Gefälligkeiten
zu erwidern: "Gib etwas und Du bekommst etwas zurück." Dieses
Prinzip wirkt bei sogenannten Geschenken mit grossem Erfolg.
Das Prinzip "Wir passen uns den Menschen an" (Sozial Proof) beeinflusst
ebenfalls unser Verhalten. Der Mensch ist ein Herdentier. Wir orientieren
uns an anderen Menschen. Ich mache etwas, weil es andere auch tun. Was
andere denken, was andere wollen, muss wohl gut sein. Wir stellen uns
in die Warteschlange. Das Abstimmungsverhalten in einer Landsgemeinde
bestätigt uns dieses Phänomen. Wenn viele Hände in die
Höhe gehen, folgen die Hände zahlreicher Unentschlossener. Falls
jedoch die Mehrzahl der Anwesenden zögert, bleiben die Hände
der Unentschlossenen unten.
Obwohl wir uns diesen Phänomenen kaum entziehen können,
finde ich es wichtig, dass wir sie kennen. Wer sich ihrer bewusst ist,
läuft weniger Gefahr, unbedacht zu bestellen. Doch für jene,
die beeinflussen müssen, lohnt es sich, solch bewährte
Beeinflussungsmechanismen einzusetzen.
|