Persoenlich:
Wir können auch im Alltag gut beobachten, was bei
gegensätzlichen Anordnungen geschieht. Wer beispielsweise einem
Hund befiehlt, er solle etwas suchen und gleichzeitig sitzen bleiben,
erkennt: Das Tier ist verunsichert und bellt. Auch bei der menschlichen
Erziehung machen sich Eltern das Leben schwer, wenn ein Elternteil dem
Kind den Ausgang verbietet und der andere den Besuch der Party erlaubt.
So wurde auch die Bevölkerung in der Coronakrise immer wieder
verunsichert, indem gegensätzliche Anordnungen abgegeben wurden:
Keine Maske tragen (sie nütze nichts). Später, als genügend
Masken vorhanden waren, wurde empfohlen: Wer körpernah arbeitet,
muss eine Maske zu tragen. Noch später werden Masken im ÖV
obligatorisch.
Einerseits wurde empfohlen: Distanz zwischen Grosseltern und Enkeln ist
einzuhalten. Jeder Kontakt ist zu vermeiden. Anderseits wurde dann der
Bevölkerung gesagt, die Grosseltern dürften ihre Enkel kurz
in den Arm nehmen.
Es war auch unverständlich, dass Demonstrationen toleriert wurden,
der Besuch von Museen, Bibliotheken oder des Zoos anderseits nicht
erlaubt war.
Es ist keine neue Erkenntnis, dass bei Kommunikationsprozessen
widersprüchliche Anordnungen etwas vom Schlimmsten sind. Wenn wir
Vorgesetzte nicht mehr TRAUEN können, verlieren wir das VerTRAUEN.
Glaubwürdigkeit ist enorm wichtig. Sie wird mühsam aufgebaut
und geht durch widersprüchliche Signale schnell verloren.
Wer die Glaubwürdigkeit von Politikern überprüft,
stellt fest, dass jene mit gegensätzlichen Kernbotschaften auf
Dauer weniger Erfolg haben. Bei meinen Analysen staune ich immer wieder,
wie viele Kandidaten gegensätzliche Aussagen machen. Sie lavieren,
sind Eiertänzer und widersprechen sich. Leider beachten es die
Stimmbürger selten, dass jemand gegensätzliche Aussagen
leichtfertig in Kauf nimmt oder seine Meinung ständig ändert
wie das Chamäleon die Farbe. Politiker rechnen wohl damit, dass
das Stimmvolk ein schlechtes Langzeitgedächtnis hat.
Der österreichische Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick
betonte, wir sollten Aussagen synchron vermitteln. Körpersprache
und verbale Aussage müssen übereinstimmen. Paradoxe Aussagen
irritieren nicht nur, sie werden auch schlechter verstanden und
stören Kommunikationsprozesse. Es lohnt sich deshalb, sich mit
Doppeldeutigkeiten, Zweideutigkeiten oder Ambiguitäten in der
Kommunikation eingehender auseinanderzusetzen.
Wenn jemand freundlich lacht und gleichzeitig dem Gegenüber sagt,
es sei eine "unmögliche" Person, dann handelt es sich um zwei
Botschaften, die sich widersprechen. Der technische Begriff für
Doppelbotschaften lautet "double bind". Damit sind Doppelbotschaften
gemeint. So zum Beispiel, wenn auf die Frage "Wie geht es dir?" mit
leidendem Gesichtsausdruck und weinerlicher Stimme geantwortet würde:
"Mir geht es gut."
Durch synchrones Kommunizieren wird paradoxes Verhalten vermieden. Vor
allem in Krisensituationen und in der Erziehung sind gegensätzliche
Anordnungen Gift. Politiker sollten sich bewusst bleiben, dass
wir im Zeitalter des Internets nicht mehr annehmen können, alte
widersprüchliche Aussagen würden schnell vergessen. Journalisten
nutzen bei ihren Recherchen das Langzeitgedächtnis Internet und
können gegensätzliche Aussagen rasch aufdecken.