Der britische
Prinz Andrew geriet nach seinem Interview zum
Missbrauchsskandal um den toten US-Multimillionär
Jeffrey Epstein
enorm unter Druck. Am Mittwoch zog er Konsequenzen und entschied,
von seinen königlichen Pflichten zurückzutreten.
Am Samstagabend hatte die BBC ein Interview mit Prinz Andrew
ausgestrahlt. Der zweitälteste Sohn von Königin Elizabeth
II. äusserte sich erstmals zu seiner Freundschaft mit dem
mutmasslichen Sexualstraftäter Epstein. Für die britische
Presse war klar: Der Auftritt war "eine PR-Katastrophe".
- Im Jahr 2006 lud Prinz Andrew Jeffrey Epstein zur 18. Geburtstagsfeier
seiner Tochter Beatrice ein. Der Royal will zu jenem Zeitpunkt nicht
gewusst haben, dass Monate zuvor ein Haftbefehl gegen Epstein wegen
sexueller Übergriffe von Minderjährigen erlassen worden
war. Andrews Ausrede: Epstein habe dies ihm gegenüber nie
erwähnt.
Das Problem mit dieser Aussage: Die britische Königsfamilie
hat zahlreiche Mitarbeiter, die vor einer Einladung sämtliche
Gäste ganz genau untersuchen.
- In einem weiteren Moment des Interviews sagt Prinz Andrew, es sei
übertrieben, zu behaupten, dass er mit dem US-Milliardär "eng
befreundet" gewesen sei. Eingeladen zur Geburtstagsparty war eigentlich
die britische Prominente Ghislaine Maxwell. Epstein sei lediglich als
Begleiter an das Fest gekommen.
Das Problem mit dieser Aussage: Ghislaine Maxwell sowie vier
Mitarbeiterinnen Epsteins werden verdächtigt, den Financier bei
der Organisation seines Prostituierten-Netzwerkes geholfen zu haben.
- Nachdem der Prinz gesagt hatte, er sei mit dem mutmasslichen
Sexualstraftäter nicht eng befreundet gewesen, fragte die
BBC-Journalistin Emily Maitlis, wieso er Epstein nach seiner Entlassung
aus dem Gefängnis im Jahr 2010 in den USA besuchte. Andrew gab
an, er sei nach New York gereist, um die Freundschaft mit dem Verurteilten
persönlich abzubrechen. Er verbrachte ganze vier Tage auf
Epsteins Anwesen. Das Problem mit dieser Aussage: Wer reist schon 5600 Kilometer
über den Atlantik, um einem nicht engen Freund persönlich
die Freundschaft zu kündigen? "Eine Freundschaft per Telefon
zu beenden wäre feige gewesen", sagte Andrew dazu. "Ich gebe
voll und ganz zu, dass mein Urteil wahrscheinlich von meiner Tendenz
geprägt war, zu ehrenwert zu sein." Auch dass er vier Tage dazu
benötigte, begründet er mit seinen guten Manieren.
- Andrew behauptete im Interview, dass Epstein "sich auf eine
unwürdige Art und Weise verhalten" habe. "Unwürdig? Er war ein
Sexualstraftäter", erwiderte Journalistin Emily Maitlis sichtlich
überrascht. "Ja, tut mir leid, ich wollte höflich sein",
antwortete der Royal.
- Andrew gab zudem an, Virginia Giuffre, eines der mutmasslichen Opfer,
niemals getroffen zu haben. Die Frau hatte allerdings bei einer
Anhörung ausgesagt, sie habe im Alter von 17 Jahren dreimal Sex
mit dem Duke of York in Epsteins Haus gehabt. Sie sei vom Financier
dazu gezwungen worden.
Prinz Andrew mag sich nach eigenen Angaben nicht an sie erinnern
obwohl es ein Foto der beiden gibt, auf dem er seinen Arm um sie
legt. Das Bild sei ein Fake, sagte Andrew. "Die Experten können
nicht beweisen, ob dieses Foto gefälscht ist oder nicht", so der Prinz.
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Im Laufe des Gesprächs machte Andrew eine Reihe von
unglücklichen Aussagen. So habe er etwa nach Epsteins
Freilassung keine Party geschmissen, sondern lediglich "eine kleine
Dinnerparty für nur acht oder zehn Personen organisiert". Auch
für Ghislaine Maxwell habe Andrew nicht eine Geburtstagsfeier im
königlichen Sandringham organisiert, sondern "ein unkompliziertes,
rauschendes Wochenende".
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Was den Zuschauern zum Abschluss des Interviews fehlte, war ein klares
Zeichen von Reue. Andrew äusserte aber mit keiner Silbe sein
Mitgefühl mit den missbrauchten Frauen. Auch die Freundschaft
mit Epstein hat er nicht bedauert. Er habe an dem Mann seine "Gabe
geschätzt, aussergewöhnliche Menschen zusammenzubringen".
Das Interview schlägt nun hohe Wellen in Grossbritannien. Der
Chefredaktor der Website Royal Central News, Charlie Proctor, fasst es
mit britischem Humor zusammen: "Ich habe einen Zugcrash erwartet. Das
aber war ein Flugzeugabsturz auf einem Öltanker, was einen
Tsunami auslöste, welcher daraufhin zu einer nuklearen Explosion
höchsten Levels führte."