Wir leben in einem Kommunikationszeitalter. Kommunikation ist zu einem Zauberwort geworden
aber auch zu einem abgegriffenen Modewort verkommen, Anstatt von reden sprechen wir von
kommunizieren. Eltern konnen mit den Kindern nicht mehr kommunizieren. Früher hiess es:
"Peter sprich mit mir". Heute hören wir: "Peter, warum kommunizierst Du nicht mit mir?"
Politiker und Fihrungskrafte umgeben sich mit Kommunikationsberatern. Für Kommunikationprozesse,
vor allem im Umgang mit Medien, sind Spezialisten gefragt. Gute Kommunikation verspricht
Erfolg. Dies ist eigentlich schon aus der Antike bekannt. Damals waren Rhetoriklehrer gleichsam
Konigsmacher. Wer überzeugend reden konnte, kam weiter. Auch heute gilt, wer sich verstandlich
ausdrücken kann, hat mehr Erfolg, Vergessen wir dennoch nicht: Kommunizieren ist im
Grunde genommen etwas ganz Selbstverständliches. Kommunikation ist mit unserer Atemluft
vergleichbar, die uns umgibt. Wir befinden uns standig in einer Kommunikationsaura. Niemand
kann sich Kommunikationsprozessen entziehen. Selbst wenn wir uns vollstandig isolieren,
könnten wir mit uns selbst kommunizieren. Wir kennen den "inneren Dialog", die "Meditation"
"Selbstgesprache", "Tagtraume" usw. Auch Schweigen ist Kommunikation. In einem Hotel in
Magglingen fand ich bunte Tafeln, die mich beeindruckt haben. Sie veranschaulichten in
ungewohnter Aufmachung, dass wir standig kommunizieren. Auf dem Ort der Scham stand das Verb
zurtickziehen und das Adjektiv stumm. Ich notierte mir einige der aufgefiihrten Verben und Ad-
jektive. Sie machen bewusst, was Kommunikation alles heissen kann: Sich austauschen, sich mit
anderen in Verbindung setzen, andere verstehen und selbst verstanden zu werden. Aber auch,
sich mit Störungen auseinander zu setzen.
Hier einige Verben:
- zuhören spielen meiden
- mobben hassen lachen
- lieben Uberleben anhimmeln
- distanzieren anschauen misstrauen
- mailen fantasieren umwerben
- einfuhlen spotten diskutieren
- schweigen schreien beurteilen
- triumphieren scherzen kritisieren
- schmollen erortern telephonieren
- einreden leiden usw.
Aus den kommunikativen Zuständen und Verhaltensweisen auch noch einige Adjektive:
- einsam aggressiv angstlich
- zynisch milde mutig
- abweisend offensiv elend
- besorgt still wahr
- bose gehassig vorsichtig
- falsch zahm
- gemein stur
Die farbigen Tafeln im Flur des Hotels animieren die Besucher zu reflektieren, was kommunizieren
alles heissen kann.
Erfolgreiche Kommunikation ist leider nicht selbstverstandlich.
Auch wenn wir davon ausgehen kénnen, dass Kommunikation etwas Selbstverstandliches sein
musste, so durfen wir nicht vergessen, dass es bewdhrte Erkenntnisse gibt, die Gold wert sind.
Die meisten der bewahrten Zauberworte sind seit der Antike bekannt. Leider halten wir uns
jedoch in der Praxis nicht immer an diese hilfreichen Leitgedanken.
Ist es selbstverständlich, dass wir aktiv zuhören?
- dass wir uns für die Mitmenschen interessieren und ihre Arbeit anerkennen?
- dass wir eine Fragehaltung - statt eine Sagehaltung - einnehmen?
- dass wir die Kommunikationsphanomene wahrnehmen?
- dass wir dialogisch reden, statt Scheingesprache fuhren?
In unserem Modul werde ich nur die wichtigsten Zauberworte zur Vertiefung behandeln,
die sich im Alltag bewahrt haben.