Dem Österreichischen Regierungschef
Sebastian Kurz
wurde nach einem Misstrauensvotum die Regierung entzogen.
Ex-Finanzminister Hartwig Löger wird Interimskanzler. Der Spiegel titelt:
``Kürzer als Kurz", denn er soll nur solange im Amt bleiben, bis Präsident Van der Bellen
den eigentlichen Übergangskanzler bekannt macht.
Persoenlich Blog:
Bei der Titelrhetorik vor und nach dem Sturz von Österreichs
Regierungschef Sebastian Kurz wurde oft mit Worten gespielt: "Kurz vor
dem Aus" ("Unser Tirol 24"), "Kurz vor dem Sturz" ("Neue Presse"),
"KurzSchluss in Österreich ("Blick", "10vor10"), "Sturz der
Kurzregierung" ("Stuttgarter Nachrichten").
Dass Kurz für immer vom politischen Parkett vertrieben werden konnte,
wäre zu kurz gedacht. Für den populären Politiker ist
es bestimmt nicht endgültig Schluss. Denn das Volk entscheidet
letztlich im September, ob dann dem beliebten Kanzler ein strahlendes
Comeback wartet. Die Chance ist jedenfalls gross.
Weshalb könnte es Kurz in Kürze erneut schaffen?
Es ist zwar ein historisches Ereignis: Seit dem Ende des Zweiten
Weltkriegs wurde noch nie in Österreich eine gewählte
Regierung vom Parlament abgesetzt. Die Absetzung per Misstrauensvotum
ist schon deshalb so aussergewöhnlich, weil die Volkspartei von
Kanzler Sebastian Kurz vor dem Misstrauensvotum die EU-Wahlen deutlich
gewonnen hatte.
Die beiden Verliererparteien - die sozialdemokratische SPÖ und
rechtsnationale FPÖ - haben im Parlament zusammengespannt. Es kam
zu einer unheiligen Allianz. Die beiden gegensätzlichen Parteien
brachten es sogar fertig: Sie setzten nicht nur Kurz ab, sondern gleich
die ganze Regierung.
Wenn zwei Wahlverlierer einen Wahlgewinner stürzen, ist oft Rache und
Wut im Spiel. Die Rechtsnationalen (FPÖ) und die Sozialdemokraten
(SPÖ) erwirkten aus unterschiedlichen Gründen der Eklat: Die
Linke hatte Kurz nie verziehen, dass er die FPÖ in die Regierung
gehievt und die Rechtsnationalen andererseits waren wütend, dass
Kurz sie aus der Regierung geworfen hatte.
Die Parlamentsdebatte war zeitweise so gehässig, dass der giftige
Ton viele Österreicher irritierte oder gar abstiess. Wer aber den
Kanzler während der Schmutzkampagne beobachten konnte, stellte fest:
Kurz ertrug Häme und Spott der Opposition mit stoischer Ruhe. Mit
beherrschter Mine und wachem Blick. Sein Abgang war staatsmännisch.
Er war sich bewusst, dass er immer noch der mit Abstand beliebteste
Politiker Österreichs ist. Seine Chancen sind durchaus intakt, nach
den vorgezogenen Neuwahlen im September wieder ins Kanzleramt einziehen zu
können. Bis nach den Wahlen im September eine neue Regierung steht,
wird eine Übergangsregierung die Amtsgeschäfte führen.
Ich habe Sebastian Kurz vor der Wahl zum Kanzler eingehend analysiert
und immer wieder festgestellt: Er ist medienrhetorisch sehr stark. Der
Politstar, der mit nur 31 Jahren zum jüngsten Bundeskanzler
aufgestiegen ist, verdankt seinen Erfolg vor allem seinen kommunikativen
Stärken. Er verwendet oft positiv assoziierte Worte, die keinen
Widerspruch hervorrufen, wie: "Mündige Bürger entscheiden frei",
"Hausärzte sind für alle ein wichtiges Thema". Und er erzeugt
gedankliche Bilder. Bilder, die nicht polarisieren. Er setzt Charme
ein. Dies reduziert auch in der Alltagskommunikation jede aggressive
Stimmung. Kurz diskutiert meist spielerisch, kokett, charmant. Er
kennt die Kraft des guten Benehmens in einer Zeit des saloppen
Umgangstones. Auf kritische Argumente reagiert er meist geschickt mit
Zustimmung, Anerkennung, Umdeutung oder Relativierung. Zum Beispiel:
"Sie sprechen ein wichtiges Problem an. Lassen Sie mich dazu noch
einen Satz sagen." Dann erzählt er eine Geschichte, die seinen
Erfolg unterstreicht.
Fazit: Sebastian Kurz hat ein intuitives Gespür entwickelt,
und er erkennt dadurch rasch, welches Verhalten einen positiven
Gesprächsverlauf fördert. Kurz versteht es, die Massen mit
seiner Ausstrahlung zu bewegen. Wir müssen deshalb weiter mit dem
Politstar rechnen, denn seine Freundlichkeit ist nicht aufgesetzt.
Kurz überzeugt, weil er von dem, was er sagt, selbst überzeugt
ist.