Es geht um ein Video, das den CNN Reporter Jim Acosta bei einer Pressekonferenz zeigt.
Die Frage ist, ob die Szene manipuliert worden ist. Es geht um subtile Sachen, wie
der fehlende Ton, dann einzelne Frames, die vermehrfacht worden sind. Es geht um den
Teil, wo der Reporter die Mitarbeiterin, die ihm das Mikrophon abnehmen will, abwehrt.
Die zusätzlichen Frames und die Korrektur nachher machen den Eindruck, dass das
Video bewusst manipuliert worden ist.
Hier ist die ganze Szene in CNN und auch eine Analyse eines Experten:
Auf twitter wurde aber ein manipuliertes Video gezeigt.
Tagi:
Eine Mitarbeiterin des Weissen
Hauses versucht, Acosta das Mikrofon wegzunehmen, er wehrt sich. Mit
einer Handbewegung, die mit viel gutem Willen auch als Gestikulieren
ausgelegt werden kann, wehrt er die junge Dame ab. Vielleicht berührt
er kurz ihren Arm an der Ellenbeuge. Stunden später ist er seine
Akkreditierung für das Weisse Haus los, die Empörung ist
gross. Dann teilt Sarah Huckabee Sanders, Trumps Sprecherin, ein Video
auf Twitter, und es geht los.
Nutzer sprechen darüber Twitter. Denn das geteilte Video wurde von
Paul Joseph Watson erstellt, einem Mitarbeiter von Infowars und
Youtuber, der mal als Verschwörungstheoretiker bezeichnet wird,
mal als Neurechter. Es dramatisiert den Vorgang, zeigt den Moment,
in dem Acosta den Arm der Frau berührt, wiederholt und stark
herangezoomt. Wiederholung und Zoom, beides sind bekannte Kniffe
besonders von Onlinevideos. Watson, der sonst in seinen Videos mit
antifeministischen Standpunkten und Zitaten wie "Der Westen braucht den
Feminismus wie ein Fisch ein Velo" auffällt, geriert sich hier als
Beschützer der angegriffenen Frau.
(....)
Die Watson-Version soll Acosta offensichtlich als aggressiver
gegenüber der White-House-Mitarbeiterin darstellen, als er vermutlich
wirklich war. Hört man das Originalvideo mit Ton, hört man
sogar, wie er nach der Berührung in ihre Richtung "Pardon Me,
Ma'am" sagt.
Was genau also deutet darauf hin, dass das Video manipuliert sein
könnte? Verschiedene Video-Experten wurden unter anderem vom
amerikanischen Tech-Magazin "The Verge", von der Presseagentur AP und vom
britischen "Independent" befragt. Sie stellen fest: Das Video scheint
nur an bestimmten Stellen schneller abgespielt zu werden, nicht das
ganze Video an sich läuft schneller ab.
An einigen Stellen wurden anscheinend einzelne Bilder, sogenannte
Frames, eingefügt - damit das Video am Ende trotz der selektiven
Beschleunigung wieder gleich lang ist wie das Original. Gemäss
einem Journalisten von Storyful wurden dem fraglichen Video genau in
dem Moment einige Frames hinzugefügt, als Acostas Arm den Arm der
Mitarbeiterin berührt. Das könnte den gewollten Effekt haben,
dass die Berührung stärker erscheint, als sie wirklich war. Der
von AP befragte Spezialist im oben stehenden Video bestätigt das.
Die Tatsache, dass bei Watsons Variante der Ton fehlt, wird von
manchen als Indiz gewertet, dass hier manipuliert wurde - eine
Tempoveränderung im Ton wäre sicherlich auffälliger.
Könnten die Unterschiede in beiden Videos auch von einer
unterschiedlichen Frame-Rate (s. Box in der rechten Spalte) oder
einer Datenkomprimierung herrühren? Die Experten, die eine
Manipulierung festgestellt haben wollen, halten die Einwände
für vernachlässigbar.
Doch es gibt auch Experten, die keine Hinweise für eine Manipulation
des Videos gefunden haben wollen. Buzzfeed spekuliert, dass die
Anomalitäten aus einer Umwandlung des Videos in ein Gif resultieren
könnten, und bestreitet nicht, dass das Video schneller abspielt,
verneint aber eine bewusste Manipulierung. Auch Watson selbst gibt zu,
dass die beiden Videos, Original und seine Version, nicht identisch
sind, führt die Unterschiede aber ebenfalls auf den Formatwechsel
zurück.
Auch das Tech-Magazin aus dem Vice-Netzwerk, "Motherboard", hat einen
Videospezialisten gefunden, der die gleichen Gründe wie Buzzfeed
anführt. Einem zweiten Digital-Forensiker fallen bei "Motherboard"
immerhin noch die zusätzlichen Frames auf.
Dass das Video manipuliert wurde und von wem mit welchen Intentionen,
lässt sich abschliessend kaum mit absoluter Bestimmtheit sagen. Die
zusätzlichen Frames sind das stärkste Indiz, das für eine
Bearbeitung spricht.
Die Diskussion um das Video lässt zwei ganz andere Dinge in den
Hintergrund rücken: Dass die Pressesprecherin des Weissen Hauses
unreflektiert Inhalte eines Infowars-Mitarbeiters weiterverbreitet und
dass das Weisse Haus unliebsamen Journalisten die Akkreditierung entzieht
- unter dem Deckmantel eines Übergriffs.