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www.rhetorik.ch aktuell: (31. Aug, 2018)

Kommunikation ist Chefsache - auch im Vatikan

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Der Missbrauchsskandal in der Kirche ist eine heikle Angelegenheit für Papst Franziskus. Aus dem Tagi vom 17. August 2018:

In den USA werden allein im Staat Pennsylvania über 300 Priester des Kindsmissbrauchs bezichtigt. Der Vatikan hat sich bestürzt über Berichte von Kindesmissbrauch durch Priester in den USA geäussert.


Hier sind ein paar Punkte aus der Sichtweise der Kommunikation: Aus Blick: Ein hochrangige, ehemalige Vatikanbotschafter in seinem schockierenden Memorandum behauptet, dass der Papst von den Untaten von Theodore McCarrick schon 2013 gewusst hat. Da der Papst die Anschuldigungen Viganòs nicht explizit dementiert, bleiben sie im Raum stehen. Andere müssen das Geschäft erledigen, sie zu verifizieren, während er sie aufgrund seines eigenen Wissens als erster bestreiten könnte. Tagesanzeiger: Vatikan zieht Papst-Aussage über Homosexuelle zurück: Auch mit seinem politisch nicht korrekten Hinweis auf die Möglichkeit psychiatrischer Mittel bei der Begleitung von homosexuellen Kindern, kam Franziskus zusätzlich unter Druck. Der Papst hatte auf dem Rückflug von Irland nach Rom vor Journalisten gesagt, wenn sich Homosexualität schon in der Kindheit zeige, gebe "es viel, das mit Psychiatrie gemacht werden kann, um zu sehen, wie die Dinge liegen". Nach der heftigen Kritik vor allem vonseiten der Homosexuellenverbände hat der Vatikan in seiner schriftlichen Berichterstattung die päpstliche Stellungnahme zensuriert und den obsoleten Hinweis auf die Psychiatrie aus dem Mund des Pontifex gestrichen, obwohl das Interview im Internet jederzeit heruntergeladen werden kann. Fazit: Auch der Papst sollte folgenden Punkte beachten:
  1. Kommunikationskompetenz muss vom Chef ausgehen. Alles andere ist der Glaubwürdigkeit abträglich.
  2. Der Chef muss durch klare Stellungnahmen Gerüchten und ihrer Verbreitung vorbeugen oder sie stoppen. Noch besser ist eine zeitnahe umfassende Kommunikation, die im Nachhinein nicht mehr korrigiert werden muss, so dass sich die Oeffentlichkeit selbst ein Bild machen kann und weitere oder falsche Presseberichte richtig einordnen können. Der Wissensvorsprung ist im medial ausgefochtenen Powerplay das grosse As, das sticht.
  3. Es gilt das gesprochene Wort! Einmal ausgedrückt, bringt man die Paste nicht mehr in die Tube!
  4. Das Kommunikationsmittel muss sorgfältig ausgewählt werden. Am glaubwürdigsten und wirksamsten ist die persönliche mündliche Stellungnahme. Schweigen ist selten richtig. Wenn man schweigt, muss mindestens begründet werden, warum man dies tut. Sonst ist Schweigen kontraproduktiv und ein Zeichen von Schwäche.
  5. Lügen sind ein No-Go: Auch Halbwahrheiten, Vermutungen, Hypothesen, Spekulationen sind nicht hilfreich: "Vermutlich werden wir".
  6. Nur Fakten zählen. Höchstens kann man sagen, dass man sie noch nicht alle kenne. Auch können weitere Informationen angekündigt werden, und wann solche zu erwarten sind. Aus den Fehlern der Vatikankommunikation kann viel gelernt werden: Späte Einsicht kommt schlecht an, wo man sie voraussetzen dürfte! Es muss zeitnah gehandelt und faktenbasiert informiert werden. Wo die Faktenlage unsicher ist, kann auf laufende Untersuchungen hingewiesen und spätere, sicherere Informationen in Aussicht gestellt werden. In schwerwiegenden Situationen ist Kommunikation Chefsache. Sein Schweigen kommt allgemein schlecht an. Nachträgliche Klitterungen der eigenen Stellungnahmen mindern die eigene Glaubwürdigkeit und Autorität.
Nachtrag vom 4. September, 2018: Laut CSI-schweiz.ch begegnet man aus Sicht von Papst Franziskus Skandalen und Spaltungsversuchen am besten mit Schweigen und Gebet. "Mit Menschen, die keinenguten Willen haben, mit Menschen die nur Skandal suchen, die nur Spaltung suchen, die nur Zerstörung suchen, auch in Familien, da braucht es Stille und Schweigen. Und es braucht auch das Gebet", sagte das Krichenoberhaupt am Montag, den 3. September im Morgengebet im vatikanischen Gästehaus Santa Marta. Kommentar: Schweigen kann tatsächlich in seltenen Fällen richtig sein. Wenn Ruhe eingekehrt ist, dürfen wir Skandale nicht unnötig aufwärmen, indem wir auf sie zurückkommen. Aber bei einer Skandalierung dürfen wir nicht schweigen. Wer ungerechtfertige Vorwürfe nicht stoppt oder zurückweist, nimmt in Kauf, dass er sie mit schweigen akzeptiert.

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