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www.rhetorik.ch aktuell: (03. Mar, 2018)

Dicke Post bei der Post

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Die Postauto-Skandal in der Schweiz hat viel zu reden gegeben. Beispiel. Die Vorgeschichte ist hier im SRF mal zusammengefasst worden:
Das Bundesamt für Verkehr hatte anfangs Februar 2018 publik gemacht, dass die Postauto Schweiz AG mit gesetzeswidrigen Tricks jahrelang ihren Gewinn kleinschrieb. Dadurch zahlten Bund und Kantone während Jahren zu hohe Subventionen. Gestern hatte das BAV Anklage gegen Unbekannt eingereicht. Postauto Schweiz muss Bund und Kantonen 78,3 Millionen Franken zurückzahlen. Die Post gab bekannt, bereits im November 2017 eine unabhängige Untersuchung zu den fehlbaren Umbuchungen eingeleitet zu haben. Diese soll bis Sommer 2018 abgeschlossen sein. Die Postführung hat bereits Sofortmassnahmen getroffen: Der im November angekündigte Rücktritt von Postauto-Direktor Daniel Landolf wurde von Ende April auf den 5. Februar vorgezogen. Auch der Leiter Finanzen Postauto wurde auf denselben Termin von seiner operativen Verantwortung entbunden.


Persoenlich:
Folgendes supponierte Gespräch in einer Staatskundelektion wäre nach dem Post-Skandal durchaus denkbar. Eine Gewerbeschülerin fragt den Lehrer: "Ist es wahr, dass die Chefin der Post betrogen hat?" Der Staatskundelehrer versucht der Schülerin zu erläutern, dass Persönlichkeiten nicht vorschnell an den Pranger gestellt werden dürfen. Er antwortet: "Die Post hat möglicherweise betrogen, ob jedoch die Chefin dafür gerade stehen muss, wird zuerst geklärt. Vorerst gilt die Unschuldsvermutung." Die Schülerin kontert erneut mit einer Frage: "Aber trägt nicht letztlich die Chefin die Verantwortung für das Unternehmen?" Der Lehrer gibt der Schülerin recht und begründet in seiner Antwort den hohen Lohn und den Bonus mit dieser grossen Verantwortung der Postchefin. Mit zwei Fragen zeichnet nun die Gewerbeschülerin zwei Varianten auf, die bei einem allfälligen Schuldspruch denkbar sein könnten: "Wenn nun die Chefin doch mitschuldig ist, müsste sie dann nicht entlassen werden? Könnte nicht wenigstens ihr grosser Lohn gekürzt werden?" Der Staatskundelehrer versucht nun das Gespräch auf die Sachebene zu verlagern: "Es sieht so aus, dass nur der Bonus gestrichen wird. Jedenfalls steht der Verwaltungsratspräsident voll und ganz hinter der Postchefin." Jetzt versucht die Schülerin, die Problematik mit einer Analogie zur Schule verständlich zu machen, bevor sie mit einer Frage den Malus-Vorschlag einbringt: "Wenn wir in der Schule gut arbeiten, bekommen wir den Bonus in Form einer guten Note. Wenn wir schlecht arbeiten, bekommen wir eine schlechte Note. Das ist unser Malus. Weshalb könnte man bei der Postchefin bei ungenügenden Leistungen nicht auch einen Malus einführen?" Durch die Fragen genervt, folgt eine unbedachte Antwort des Staatskundelehrers: "Das wäre in der Schweiz neu. Bei Managern und Banken ist es so, dass sie auch bei schlechten Ergebnissen einen Bonus erhalten. Bei der Post kann man nicht - einfach so - eine Ausnahme machen." Wer fragt, führt. Die Schülerin kann die "billige" Antwort nicht nachvollziehen. Sie hinterfragt die sonderbare Logik: "Warum nicht?" Nun ist der Gewerbelehrer überfordert: "Darum. Deine Fragerei ist bemühend." Die Schülerin bringt es nun auf den Punkt: "Wenn jemand für Fehlleistungen belohnt wird, so ist dies doch wirklich dicke Post, nicht wahr?"

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